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Sorgen um die US-Wirtschaft

12.01.2005  |  Jochen Steffens
So langsam mache ich mir Sorgen. Sorgen um den amerikanischen Markt. Das US-Handelsbilanzdefizit ist im November 2004 auf 60,3 Mrd. Dollar angestiegen. Das ist ein gigantischer Wert. Erwartet wurde ein Minus in Höhe von 52,3 bis 54,0 Mrd. US-Dollar nach zuvor 56,0 Mrd. US-Dollar (revidiert von 55,5 Mrd.).

Natürlich sackte daraufhin der Dollar erst einmal wieder in die Knie. Dahinter steckte folgende Logik: Der Dollar startete seine Schwächephase im Oktober und notierte im November bereits deutlich schwächer. Offensichtlich reichten selbst Euro/Dollar Werte von 1,33 Dollar nicht aus, um das Handelsbilanzdefizit zu verbessern, eher im Gegenteil.

Doch nun sind der Fed die Hände gebunden. Sie kann die Zinsen zumindest nicht stark anheben, ohne das Außenhandelsbilanzdefizit noch stärker ausufern zu lassen. In diesem Zusammenhang verstehe ich auch US- Finanzminister John Snow, der vorige Woche noch etwas vom starkem Dollar erzählt hatte und gestern plötzlich genau das Gegenteil sagte, offenbar kannte er da schon diesen Wert.

Was heißt das nun für die Märkte? Erst einmal ist das natürlich sehr schlecht für den Dollar. Es scheint, als wäre der Dollarverfall noch nicht zu Ende. Dazu gleich noch etwas mehr.

Zweitens werden nun natürlich die von mir schon als übertrieben eingestuften Zinserhöhungsphantasien einiger Analysten komplett aus dem Markt genommen. (Sie erinnern sich: Man ging bereits von 0,75 Prozentpunkten in den nächsten beiden Sitzungen aus.) Gleichzeitig wird wahrscheinlich sogar darüber spekuliert werden, dass ein Zinsschritt ausgelassen werden wird.

Der Dax sackte direkt nach dieser Nachricht in die Knie, das ist der übliche Schock. Doch wenn die Investoren nun davon ausgehen, dass die Zinsen wesentlich moderater angehoben werden, als bisher angenommen, dann sollte das zumindest den amerikanischen Markt stützen. Dies wird sich natürlich auch auf den Dax positiv auswirken. Gleichzeitig wird der wieder schwächere Dollar natürlich ebenfalls die amerikanischen Aktien positiv beeinflussen.

Allerdings, der Markt tradet die Zukunft. Der Dollar hat in den letzten beiden Wochen auch deshalb so viel Stärke bewiesen, weil man davon ausging, dass das Handelsbilanzdefizit sich deutlich verbessern würde. Der aktuelle Wert beziffert das Handelsbilanzdefizit im November. Seinen schwächsten Werte erreichte der Dollar jedoch im Dezember. Zudem wirkt sich eine schwächere Währung etwas zeitversetzt auf die Handelsbilanz aus. Kurz, es ist damit zu rechnen, dass der Wert für Dezember zumindest besser als der Novemberwert ausfallen wird.

Da eine bessere Handelsbilanz den Dollar stützen würde und die Devisenhändler den oben beschriebenen Umstand ebenfalls erkennen, kann es gut sein, dass der Dollar nun zunächst stark einbricht, um dann in den nächsten Wochen doch wieder stärker zu notieren, besonders vor der Veröffentlichung der nächsten Handelsbilanzzahlen.

Natürlich nur, wenn die Fed zwischenzeitlich nicht doch noch verlautbaren lässt, weiter Zinserhöhungen auszusetzen. Da steigende Zinsen gut für eine Währung sind, wäre das für den Dollar fatal. Davon ist jedoch nicht auszugehen.

Insgesamt bedeutet dieses Handelsbilanzdefizit, dass der Dollar langfristig schwach bleiben wird. Ich rechne aufgrund der sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren immer noch mit einer Seitwärtsbewegung, die irgendwo im Bereich 1,33 Euro in einer großen Seitwärtsrange verlaufen wird.

Wie gesagt, weniger stark steigende Zinsen sind gut für die Märkte, das sollte nach dem ersten Schock zu deutlichen Kurssteigerungen in den USA führen. Andererseits frage ich mich, wann die amerikanischen Investoren beginnen, sich Sorgen um die Inflation zu machen. Denn wie Sie als Investor's Daily Leser wissen, sitzt die Fed nun in der Klemme: Entweder sie lässt die Zinsen niedrig, was zu einer Inflation führen würde, oder aber sie hebt sie an, was jedoch die Wirtschaftabwürgen würde.

Es bleiben zwei Alternativen:

Inflation und ausuferndes Handelsbilanzdefizit bei schwachem Dollar. Oder stärkerer Dollar bei schwacher Wirtschaft und besserem Handelsbilanzdefizit. Die Frage wird auch durch die Investoren entschieden. Wie lange werden ausländische Investoren angesichts der Gefahr eines immer schwächeren Dollars die Defizite der Amerikaner noch finanzieren?

Sorgenfalten über Sorgenfalten, allerdings langfristiger Natur ... Kurzfristig könnten weiterhin niedrige Zinsen bei einem schwächeren Dollar zu einer Ausweitung der Spekulationsblase am US-Aktienmarkt führen. Das erinnert mich an das Allzeithoch des Dow, das immer noch
schreit: testet mich!


© Jochen Steffens

Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters "Investor's Daily"



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