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Mit Ideen gegen Ideologien

01.06.2008  |  Manfred Gburek
Die meisten Banken und Sparkassen haben nicht mehr viel zuzusetzen: Ertragskraft stark verbesserungsbedürftig, Substanz verkauft oder verspielt, Strategie nur ansatzweise vorhanden. Was macht man als Finanzinstitut in so einer Situation? Ach ja, da gibt es noch die Kunden. Wenn die nicht aufpassen, werden sie geschröpft. Was auf Dauer für beide Seiten abträglich ist, erweist sich für die eine Seite aktuell als willkommener Rettungsring. Zurzeit am heißesten diskutiert: Neue Bedingungen für Wertpapiergeschäfte, mit denen den Kunden mehr weniger versteckte Bestandsprovisionen aufgebürdet werden. Wenn es allein dabei bliebe. Doch weit gefehlt.

Ein noch gemeinerer Trick besteht im Abkassieren von Altkunden: Ohne Rücksicht darauf, dass es viel schwieriger ist, neue Kunden zu gewinnen, als alte zu pflegen und dadurch zu behalten, werden Altkunden beispielsweise mit niedrigeren Tages- und Festgeldzinsen abgespeist. Nebbich? Nicht, wenn sie gleichzeitig bei der Verlängerung von Baukrediten, deren Zinsbindung endet, mit unanständig hohen Zinsen regelrecht ausgebeutet werden, obwohl sich die Prüfung der Kreditwürdigkeit dann in der Regel erübrigt. Solche Fälle treten in letzter Zeit übrigens gehäuft auf - weshalb zum Beispiel die ING-DiBa mal wieder eine Kampagne gestartet hat, um woanders enttäuschte Kunden mit relativ günstigen Konditionen bei Abnahme der Formalitäten einzufangen. Es spricht für die unglaubliche Dummheit der Konkurrenten, dass sie sich von diesem Hecht im Karpfenteich so leicht Kunden abjagen lassen. Das Schlimme daran: Sie sind offenbar nicht lernfähig. Fazit für Sie als Kunden: Zeigen Sie Ihrer Hausbank oder -sparkasse die Stirn und verhandeln Sie knallhart.

Eine weitere Unsitte, die auch der Kategorie "Dummheit wegen Kundenverachtung" zuzurechnen ist, besteht im unerträglichen Gebrauch von Anglizismen durch Bank- und Sparkassenmenschen. Die DWS, Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, hatte die Größe, den diesbezüglich prominentesten Branchenkritiker Wolf Schneider am vergangenen Mittwoch zu einem mit viel Wortwitz gespickten Vortrag einzuladen. Hier drei Beispiele für seine Kritik: "Ich bin kein Deutschtümeler, aber die modische Wortdrescherei geht zu weit." "Von dem, was meine Bank mir schreibt, verstehe ich fast nichts." "Schlimm ist, dass ich bei den Banken keinen klaren Willen zur Kommunikation erkennen kann." Im letzten Halbsatz steckt eine gewisse Logik. Denn falls die Banker wirklich alles kommunizieren würden, was ihre Kunden wünschen, müssten sie den größten Teil des mit dem Ziel der Kundeneinschüchterung verwendeten Anglizismenmülls über Bord werfen und stattdessen zur allgemeinen Kundenbetreuung übergehen.

Bleiben wir noch ein wenig bei der DWS-Veranstaltung. Da trat nämlich auch der von den Grünen zur CDU gewechselte Oswald Metzger. Nicht nur, dass er erhebliche Zweifel am Charakter von Oskar Lafontaine äußerte und ihn als "begnadeten Rattenfänger" bezeichnete. Er hatte außerdem große Zweifel an der wirtschaftlichen Bildung: "Wir sind ein Volk von wirtschaftspolitischen Analphabeten." Womit er auch die Parteien meinte. Na und, werden Sie jetzt vielleicht reagieren, weiß man das nicht schon längst? Nicht ganz, denn sonst gäbe es längst eine Gegenbewegung, die den in Berlin und anderswo verzapften wirtschaftspolitischen Unsinn wenigstens öffentlich brandmarken würde. Doch genau das geschieht nicht. Stattdessen überbieten sich die Parteien mit Versprechen an die Wähler, wie zur Rente oder zu Steuersenkungen, und mit ideologisch motivierten Kampagnen, wie mit der für die Erhöhung der Reichensteuer oder gegen hohe Managergehälter. Ein noch stärkerer Linksruck ist in Deutschland jedenfalls bis auf Weiteres durch nichts und niemanden mehr aufzuhalten.

Es mag ja sein, dass Ihnen das folgende persönliche Beispiel in diesem Zusammenhang albern vorkommt. Doch es dokumentiert auch eine Art Linksrutsch: Am Freitag erhielt ich von meinem Erstwohnsitz, der Stadt Haan im Rheinland, ein in schrecklichem Deutsch abgefasstes Schreiben mitsamt Aufnahme von meinem Haus, wonach ich demnächst eine Regensteuer zu zahlen habe. Man kann das albern finden und an die holländische Gardinensteuer denken, nach deren Einführung unsere Nachbarn einfach auf Gardinen verzichteten. Doch so einfach lässt der Regen sich nicht abschaffen, und genau das ist der springende Punkt: Die öffentliche Hand greift den Bürgern so in die Tasche, dass sie sich nicht wehren können, und verteilt die zusätzlichen Einnahmen so um, dass die Masse der Wähler beglückt wird. Die Ideologie, die dahinter steckt, ist brandgefährlich für alle, die etwas haben. Denn sie birgt nichts anderes als eine üble Klassenkampfparole: Eigentum ist Diebstahl.

Trotz allem ist es nicht angebracht, zu pessimistisch zu sein. Um nochmals auf die DWS-Veranstaltung zu kommen, bei der auch Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden Geistreiches von sich gab: "Wegen einiger Sonntagsreden in den Nachbarländern wird Luxemburg sein Steuersystem nicht aufgeben", lautete eine seiner Thesen. Und er hob klar hervor, warum der Finanzplatz Luxemburg trotz der geringen Größe des Landes eine dominierende Rolle spielt: "Wir haben immer wieder geschaut, was der Markt braucht, und haben dann den Rechtsrahmen draufgesetzt." Spräche Peer Steinbrück, Deutschlands Pendant zu Luc Frieden, so einen Satz aus, würde er auf Drängen aus SPD-, CDU- und anderen Kreisen von Angela Merkel sofort seines Amtes enthoben.

Fassen wir zusammen: Zu viele Banken und Sparkassen tricksen herum, statt einen ordentlichen Kundendienst anzubieten. Der weitere Linksruck ist in Deutschland vorläufig nicht aufzuhalten, weil die meisten Wähler immer noch auf Parolen hereinfallen. Doch solange Länder wie Luxemburg (oder Österreich, Belgien, die Schweiz, die Kanalinseln, Singapur und viele andere) Kapital anziehen, sind deutsche Politiker gezwungen, es zur Befriedigung der Wählermassen bei Gags wie der Reichen- oder Regensteuer zu belassen. Damit werden sie allerdings nicht weit kommen, das heißt, in zwei bis drei Jahren (nach der Bundestagswahl) ist Schluss. Dann wird es in Europa, wie schon jetzt in den USA, zu einer Schuldenkrise der Staaten kommen. Die Renditen der Anleihen werden steigen (den Vorgeschmack haben sie ja schon in den beiden vergangenen Wochen geliefert), die Aktienkurse wild hin und her schwanken, und der Goldpreis wird irgendwo im vierstelligen Euro-Bereich liegen (in Dollar sowieso). Das Schöne daran: Man kann sich bereits jetzt durch das Meiden von Langläufern unter den Anleihen und die Bevorzugung von Kurzläufern oder Tagesgeldkonten, durch gezielte Spekulationen mit wenigen Aktien sowie mit dem Kauf von Goldanlagemünzen und -barren darauf vorbereiten.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist am 7.+8.11.2008 Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007)









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