Gold. Jetzt.
11.06.2008 | Ronald Gehrt
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Blanke Angst und keine AlternativenNachdem nun auch die Notenbankpräsidenten die Inflation thematisieren (bei der EZB war das zwar längstens so, aber die Fed hatte zuletzt ja immer wieder intoniert, das sei nicht das primäre Problem) und Zinserhöhungen andeuten, um diesen Aspekt zu bekämpfen, sollten auch die letzten Daueroptimisten erkannt haben, dass der Baum brennt. Denn die vorherigen Senkungen haben die Konjunktur zwar nicht wiederbelebt, dafür aber die Inflation durch den massiv fallenden Dollar auf ein Niveau getrieben, dass, wen man sich der Erfahrungswerte der letzten Jahrzehnte ansieht, nicht mit ein, zwei Prozent höheren Leitzinsen in den Griff zu bekommen wäre, sondern nur mit MASSIV höheren Zinsen.
Hinzu kommt, dass die blitzartig gestiegenen Energiepreise - und in deren Schlepptau viele andere Rohstoffe - klarmachen, dass die Spekulation hinreichend Macht besitzt, hier jederzeit noch höhere Preise zu generieren - Nachfrage hin oder her. Und es zeigt, wie wenig Vertrauen man in zeitweise Korrekturen dieser Commodities haben kann. Hier schwebt permanent ein sehr scharfes Fallbeil über den Märkten, das jederzeit wieder zuschlagen kann.
Und: Die Zinssenkungen der USA haben mehr Schaden als Nutzen angerichtet und das reparieren der Schäden über steigende Zinsen muss nicht verfangen, solange die Commodity-Preise als maßgebliche Größe für die kommende Inflation nicht mehr von faktischer Nachfrage bestimmt werden. Die Chance auf eine Stabilisierung wäre da gewesen - aber nicht, solange es an den Rohstoffmärkten so zugeht wie jetzt. Und das leere Gerede über Maßnahmen dagegen unterstreicht: Wenn es sie geben sollte, kommen sie zu spät.
Ergebnis: Rabenschwarze Perspektiven und Verunsicherung, ja oft bereits blanke Angst. Aber:
Wohin mit dem Geld? Am Aktienmarkt "wahre Werte" zu kaufen hat nicht viel mit Vermögenssicherung zu tun. Was hätten Sie davon, 0,0001% eines großen Unternehmens zu "besitzen", wenn die Aktie in ein paar Monaten nur noch die Hälfte wert wäre? Anleihen werden verkauft wie sauer Bier, weil man angesichts der faktischen Inflation kein Interesse daran hat, nach Steuern eben nur etwas weniger zu verlieren als auf dem Sparbuch. Was bleibt? Wer sich klugerweise nicht als "Vermögenssicherung" in Derivate auf Öl, Gas oder Benzin stürzt, findet zum Gold keine Alternative.
Der Dollar dürfte für Gold kein dauerhaftes Hindernis sein
Aktuell fällt aber auch der Goldpreis? Warum? Wohin geht das Geld, das momentan aus dem Gold herausgeht? Zum einen vermute ich, dass es sehr spekulatives Geld ist, zum anderen, dass es entweder geparkt wird oder tatsächlich in die Energie-Rohstoffe wandert. Also das Kapital derer, die jedem Hype hinterherlaufen und dann meist an dessen Ende einsteigen, wenn das bullishe Geschrei besonders laut ist. Ein mögliches Argument könnte dabei sein, dass der Dollar momentan wieder stärker wird. Aber:
Ich glaube nicht, dass der Dollar hier für dauerhafte Abflüsse von "echtem" Investitionskapital aus dem Gold sorgen wird. Denn dass Euro/Dollar heute fallen, wird auf den gestern nach US-Börsenschluss erfolgten Kommentar von Fed-Chef Bernanke zurück geführt, der erneut seine Inflationssorgen von sich gab. Letzte Woche tat das selbe EZB-Chef Trichet - und der Euro stieg. Unter dem Strich wird sich das nichts geben. Wenn Fed und EZB ihre Zinsen anheben, wird der Dollar sich nicht nachhaltig bewegen. Zumal: Die Fed müsste den Zins zwar eigentlich weit stärker anheben. Aber zum einen kann sie sich das wegen der schwachen Konjunktur nicht leisten, zum anderen wäre der wichtigste Faktor, das Vertrauen in den Greenback, dadurch erst recht beschädigt. Fazit:
Diese momentane Abwärtsreaktion im Gold könnte, ja sollte kurzfristiger Natur sein. Zumal, das zeigt der Chart, das Gold in einer ähnlich von Angst bestimmten Phase im Januar und Februar ebenfalls stieg, obwohl der Dollar relativ stabil blieb (im Chart habe ich Dollar zu guten alten DM abgebildet, um den Abstieg des Dollars nicht immer "zum umdenken" invertiert über Euro/Dollar zu zeigen).
Sie sehen dort auch: Durch den Exodus der Zocker raus aus Gold und alle auf einmal in Energie ist die Koppelung "steigende Energiepreise = schlecht = steigende Goldpreise" momentan außer Betrieb. Ich meine, diese Schere sollte sich recht bald zugunsten eines steigenden Goldpreises schließen.
Im März war die Lage anders
Da mein SYSTEM22 mittelfristig agiert, müsste Gold erst wieder klar über 900 laufen, um ein neues Hausse-Signal zu generieren. Aber wer etwas risikofreudiger agieren will, könnte m.E. so nahe der Korrekturtiefs (Anfang Mai um 845 Dollar) bereits jetzt eine erste Position wagen. Denn wenn die momentan erst schleichend wachsende Angst an den Börsen wächst und sich die Investoren nach Fluchtpunkten umsehen, werden Sie zu Gold, Silber und anderen gängigen Edelmetallen keine Alternative finden.
Im März, als alles und jeder von einer noch beschleunigten, ewigen Gold-Rallye ausging, war die Lage noch anders. Da hatten wir wirklich noch eine Chance, im zweiten Halbjahr eine Stabilisierung der Lage hinzubekommen. Da konnte man noch mit der Alternative Anleihen Geld verdienen, da lagen die Energiepreise noch deutlich niedriger. Jetzt aber sind die zittrigen Hände aus dem Gold draußen und dafür die Argumente für Gold besser.
Natürlich, das sei hinzugefügt, ändert das nichts an meiner Ansicht, dass Ihnen wenig geholfen ist, wenn Sie das Gold so lange halten wollen, um im Falle einer wirklich schweren Krise damit bezahlen zu wollen. Denn dann bestimmt den Wert des Goldes der, der am längeren Hebel sitzt. Und das sind nicht Sie, sondern der, der hat, was Sie dringend brauchen. Aber für die kommenden Wochen und Monate sehe ich hier eine gute Chance zu verdienen - auch, wenn die Fahnenstangen bei den Energie-Rohstoffen brechen sollten. Denn die Lage bliebe auch dann kritisch und unsicher, da man vorerst keinem Rücksetzer beim Rohöl trauen kann.
Herzliche Grüße
© Ronald Gehrt
www.system22.de"