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"Vollkontrolle" in Schweden

08.07.2008  |  Redaktion
Im Juni nahm das schwedische Parlament einen von der Mitte-Rechts-Regierung unter Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt eingereichten Gesetzesvorschlag an, der dem militärischen Abhördienst FRA ab 1.1.2009 die praktisch lückenlose Überwachung der zwischen Schweden und dem Ausland laufenden Kommunikation (Telefongespräche, Faxsendungen, E-Mails usw.) gestattet. Für den FRA - der zu Zeiten des Kalten Krieges insbesondere auf den Funkverkehr der Sowjetunion angesetzt war - bedeutet dies eine weitreichende Erweiterung seines Aufgabenfeldes. In Analogie zum früheren Sowjetfunkverkehr durfte der FRA schon bisher praktisch "den gesamten Äther" überwachen. Doch weil die moderne Kommunikation zwischen Schweden und dem Ausland inzwischen weitgehend über Glasfaserkabel abgewickelt wird, gab es immer weniger mitzuhören...

Während die Regierung diese fast pauschale "Lauschgenehmigung" mit der "Bedrohung von außen", der auch Schweden ausgesetzt sei, rechtfertigte, erhob sich im Land ein Proteststurm. Angehörige der Oppositionsparteien, Journalisten, Rechtsanwälte, Vertreter von Bürgerrechtsbewegungen und sogar ein ehemaliger Leiter des schwedischen Geheimdienstes Säpo reklamieren unbotmäßig große Eingriffe in die persönlichen Freiheiten der einzelnen Bürger, zu "schwammige" Kontrollmechanismen und die für den einzelnen Betroffenen kaum existierenden Möglichkeiten einer richterlichen Kontrolle der gegen ihn veranlaßten Abhörmaßnahmen.

Der grenzüberschreitende Telefon- und Internetverkehr soll auf bestimmte "Schlüsselworte" überwacht werden. Tauchen diese auf, wird die gesamte Verbindung mitgeschnitten und ausgewertet. Eine richterliche Anordnung ist dazu in keinem Fall mehr erforderlich, das einzige im Gesetz vorgesehene Kontrollorgan ist ein parlamentarischer Ausschuß. Auch die Auswahl der ein lückenloses "Abhören" auslösenden "Reizwörter" bleibt nebulös - sie soll von einem "unabhängigen Komitee" festgelegt werden. In Stockholm gehen etliche Beobachter davon aus, daß dieser Gesetzesinitiative noch weitere folgen werden, um die staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten auszubauen. Kritiker dieser Entwicklung hoffen dabei nur noch auf die vergleichsweise knappe Mehrheit der Regierung unter Reinfeldt (vier Mandate), die beim aktuellen Gesetz wenigstens noch die Einführung einer - allerdings außergerichtlichen - "Kontrollinstanz" erreichen konnte. Doch nach Auffassung mancher Beobachter dürften weitere Gesetzesverschärfungen nun auf erbitterte Widerstände stoßen.


© Vertrauliche Mitteilungen

Auszug aus den wöchentlich erscheinenden Infoblatt Vertrauliche Mitteilungen - aus Politik, Wirtschaft und Geldanlage, Nr. 3776






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