Meine Glosse zur Lage der (Börsen-) Nation
20.10.1999 | Dipl.-Kfm. Robert Bock
Ist es Ihnen, als um emotionslose Objektivität bemühte, aktiv engagierte Beobachter des Börsengeschehens, schon einmal aufgefallen, warum unsere Börsenberichterstatter - allen voran die Mannschaft der Telebörse - und die "Profis" - hier insbesondere die Fondsmanger und sonstige Vertreter von Fondsgesellschaften - eine stetig optimistische Börsenstimmung verbreitet sehen wollen? Haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum die Bären unter uns bestenfalls belächelt, schlimmstenfalls als Abarten menschlichen Geistes hingestellt werden? Hatten Sie nicht auch schon mal den Anflug des Gefühls, daß bearische Stimmen allenfalls einmal von Vertretern von Maklerhäusern kommen, die aber genau so schnell wieder auf bullish umschwenken? Ich denke dieses Phänomen ist leicht erklärt, wenn man sich mit den Motiven der Börsenmedien, der Banken und Fondsgesellschaften und von Maklerhäusern beschäftigt.
Betreiben Sie doch einmal ehrliche Introspektion: Haben Sie sich für die Börse interessiert, als Sie noch keine Aktien besaßen? Höchstwahrscheinlich nur am Rande, wenn überhaupt. Wieviele Börsenzeitschriften, -briefe und Fernsehmagazine und auch Internetsites konsumieren Sie heute, da Sie an der Börse engagiert sind? Was würde passieren, wenn Brichta, Ferstl & Co. dem breiten Publikum raten würden, sich für das nächste Vierteljahr komplett von Aktien zu verabschieden, weil eine langwierigere Baisse droht? Die Einschaltquoten würden sinken und die Werbeeinnahmen von n-tv diesen folgen, wenn die Depots leer sind. Penetrante Optimismusverbreitung sorgt bei Lieschen Müller für Investitionsneigung, das stetige "Blasen zum Einstieg" nach einer kurzen Korrektur sorgt für permanenten Nervenkitzel und Zuschauerzuspruch.
Was passiert mit Analysten, die öffentlich von einer längeren Baisse ausgehen? Diese verschwinden schnell von der Bildfläche, nachdem sie als Absonderlichkeiten aus dem Monstrositätenkabinett des Dr. Frankenstein abgestempelt wurden. Ist Ihnen eingedenk dieser Argumentation aufgefallen, wie geschickt und intelligent sich unser geliebter Cheftechniker Wieland Staud diesbezüglich verhält? DAX 8.000 - egal, wie die technische Situation realiter sich darstellt - das will Herr Brichta, das will das, in jeder Hinsicht, breite Börsenpublikum hören, drum darf er dann zum Dank auch 14-tägige Gesichtspflege betreiben.
Haben Sie schon einmal einen karrierebewußten Vertreter einer Fondsgesellschaft gesehen, der nicht permanent bullish war?
Ein solcher wäre getrost als Dummkopf zu bezeichnen, denn die Einnahmen seines Hauses (und somit auch sein Gehalt) hängen davon ab, daß die Mittelzuflüsse in die Fonds nicht nur nicht abebben, sondern möglichst stetig steigen. Werfen Sie einen Blick auf die Kosten eines Fondsengagements und Sie verstehen, was ich meine. Jeder schwache Tag wird als die ultimative Einstiegsgelegenheit gepriesen, Fondssparpläne gewährleisten stetigen Zufluß und werden mit dem Argument des Cost-Average-Effekt feilgeboten - hatten Sie vielleicht auch seit 1990 einen Sparplan auf Nikkei-Werte? Herzlichen Glückwunsch.
Unvorstellbar die Katastrophe, sollten die Fondsanteile im großen Stil zurückgegeben werden, denn dann schlüge das Pendel der wundersamen Gebühreneinnahmensvermehrung erbarmungslos zurück, denn sobald die Liquiditätsposition im Fondsvermögen aufgzehrt ist, müssen die Assets zwangsexekutiert werden und die Börsen strudeln in crashartige Zustände, wenn es nicht mit vereinten Kräften gelingt, den Optimismus schnellstmöglich wieder aufflammen zu lassen. Verstehen Sie nun, warum kein Fondsmanager jemals den Judas spielen will, wenn er bei Verstand ist?
Wie erklärt sich aber die latent höhere Bereitschaft der Makler, sich temporär ins Bärenlager zu begeben? Nun, ein Makler verdient umso mehr, je höher der Umsatz ist, je häufiger zum Aus- und Einstieg geblasen wird. Begriffe wie "Branchenrotation" und "Favoritenwechsel", "Sägezahnmarkt" bescheren ihm orgasmische Wonneschauer, denn nur so klingelt seine Kasse. Wir Ließchens und Ottos kennen dieses Spielchen als "Hin und her macht Taschen leer". Und wenn schon keiner kaufen will, dann fehlt vielleicht nur ein kleiner Anstoß, um die Lemminge zum Verkaufen zu bewegen? Was wird gemacht, wenn dann keiner mehr verkaufen will? Sie haben's begriffen. Massenpanik - Hausse oder Baisse, egal - ist das Lebenselexir des Maklers. Was interessiert es Ihn, wie hoch die Kurse stehen? Nun ja, je höher, umso höher die Provisionen...
Ich hatte schon einmal in meiner "Einführung in die EWT" vorgeschlagen, den Ton von n-tv auszustellen, um die penetrante Überhäufung des Publikums mit Zweckoptimismus (vom Schwachsinn mal ganz abgesehen) nicht über sich ergehen lassen zu müssen. Konzentrieren Sie sich auf das Kurslaufband oder den Videotext und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung, bekämpfen Sie Ihre Emotionen und riskieren Sie nur soviel, wie Sie wirklich riskieren können. "Nur Sie und der Kurs - sonst nichts"- so heißt es, sinngemäß zitiert, in der Werbung eines Bankhauses.
© Robert Bock
www.Elliottwave-Investor.de
Betreiben Sie doch einmal ehrliche Introspektion: Haben Sie sich für die Börse interessiert, als Sie noch keine Aktien besaßen? Höchstwahrscheinlich nur am Rande, wenn überhaupt. Wieviele Börsenzeitschriften, -briefe und Fernsehmagazine und auch Internetsites konsumieren Sie heute, da Sie an der Börse engagiert sind? Was würde passieren, wenn Brichta, Ferstl & Co. dem breiten Publikum raten würden, sich für das nächste Vierteljahr komplett von Aktien zu verabschieden, weil eine langwierigere Baisse droht? Die Einschaltquoten würden sinken und die Werbeeinnahmen von n-tv diesen folgen, wenn die Depots leer sind. Penetrante Optimismusverbreitung sorgt bei Lieschen Müller für Investitionsneigung, das stetige "Blasen zum Einstieg" nach einer kurzen Korrektur sorgt für permanenten Nervenkitzel und Zuschauerzuspruch.
Was passiert mit Analysten, die öffentlich von einer längeren Baisse ausgehen? Diese verschwinden schnell von der Bildfläche, nachdem sie als Absonderlichkeiten aus dem Monstrositätenkabinett des Dr. Frankenstein abgestempelt wurden. Ist Ihnen eingedenk dieser Argumentation aufgefallen, wie geschickt und intelligent sich unser geliebter Cheftechniker Wieland Staud diesbezüglich verhält? DAX 8.000 - egal, wie die technische Situation realiter sich darstellt - das will Herr Brichta, das will das, in jeder Hinsicht, breite Börsenpublikum hören, drum darf er dann zum Dank auch 14-tägige Gesichtspflege betreiben.
Haben Sie schon einmal einen karrierebewußten Vertreter einer Fondsgesellschaft gesehen, der nicht permanent bullish war?
Ein solcher wäre getrost als Dummkopf zu bezeichnen, denn die Einnahmen seines Hauses (und somit auch sein Gehalt) hängen davon ab, daß die Mittelzuflüsse in die Fonds nicht nur nicht abebben, sondern möglichst stetig steigen. Werfen Sie einen Blick auf die Kosten eines Fondsengagements und Sie verstehen, was ich meine. Jeder schwache Tag wird als die ultimative Einstiegsgelegenheit gepriesen, Fondssparpläne gewährleisten stetigen Zufluß und werden mit dem Argument des Cost-Average-Effekt feilgeboten - hatten Sie vielleicht auch seit 1990 einen Sparplan auf Nikkei-Werte? Herzlichen Glückwunsch.
Unvorstellbar die Katastrophe, sollten die Fondsanteile im großen Stil zurückgegeben werden, denn dann schlüge das Pendel der wundersamen Gebühreneinnahmensvermehrung erbarmungslos zurück, denn sobald die Liquiditätsposition im Fondsvermögen aufgzehrt ist, müssen die Assets zwangsexekutiert werden und die Börsen strudeln in crashartige Zustände, wenn es nicht mit vereinten Kräften gelingt, den Optimismus schnellstmöglich wieder aufflammen zu lassen. Verstehen Sie nun, warum kein Fondsmanager jemals den Judas spielen will, wenn er bei Verstand ist?
Wie erklärt sich aber die latent höhere Bereitschaft der Makler, sich temporär ins Bärenlager zu begeben? Nun, ein Makler verdient umso mehr, je höher der Umsatz ist, je häufiger zum Aus- und Einstieg geblasen wird. Begriffe wie "Branchenrotation" und "Favoritenwechsel", "Sägezahnmarkt" bescheren ihm orgasmische Wonneschauer, denn nur so klingelt seine Kasse. Wir Ließchens und Ottos kennen dieses Spielchen als "Hin und her macht Taschen leer". Und wenn schon keiner kaufen will, dann fehlt vielleicht nur ein kleiner Anstoß, um die Lemminge zum Verkaufen zu bewegen? Was wird gemacht, wenn dann keiner mehr verkaufen will? Sie haben's begriffen. Massenpanik - Hausse oder Baisse, egal - ist das Lebenselexir des Maklers. Was interessiert es Ihn, wie hoch die Kurse stehen? Nun ja, je höher, umso höher die Provisionen...
Ich hatte schon einmal in meiner "Einführung in die EWT" vorgeschlagen, den Ton von n-tv auszustellen, um die penetrante Überhäufung des Publikums mit Zweckoptimismus (vom Schwachsinn mal ganz abgesehen) nicht über sich ergehen lassen zu müssen. Konzentrieren Sie sich auf das Kurslaufband oder den Videotext und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung, bekämpfen Sie Ihre Emotionen und riskieren Sie nur soviel, wie Sie wirklich riskieren können. "Nur Sie und der Kurs - sonst nichts"- so heißt es, sinngemäß zitiert, in der Werbung eines Bankhauses.
© Robert Bock
www.Elliottwave-Investor.de