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Geld

24.09.2008  |  Mag. Gregor Hochreiter
- Seite 2 -
Inflation

Gerade weil Geld als absatzfähigstes Gut in einer Gesellschaft eine besondere Stellung einnimmt, war es seit jeher das Opfer staatlicher Manipulationen. Die unrühmliche Geschichte des Geldes läßt Friedrich A. von Hayek in seiner Studie Die Entnationalisierung des Geldes (1976) folgerichtig wundern, "daß die Menschen den Regierungen so lange Zeit eine Macht anvertraut haben, die sie über 2000 Jahre hinweg in der Regel dazu gebrauchten, sie [die Untertanen] auszunützen und zu betrügen." Zur Finanzierung von Kriegen, des antiken Brot-und-Spiele-Wohlfahrtsstaates und ihres Lebens verminderten die Herrschenden in regelmäßiger Wiederkehr den Feingehalt der Silber- und Goldmünzen. So sank der Feingehalt der römischen Silbermünze Denarius in einem Zeitraum von 300 Jahren von knapp 97% unter Kaiser Augustus auf rund 2% unter Kaiser Aurelian.

Ein derartiger Eingriff in das Geldwesen dehnt die ungedeckte Geldmenge aus und nur die ungedeckte Geldmengenausweitung ist als Inflation (von lat. inflare = aufblasen) zu bezeichnen. In Die Ethik der Geldproduktion (2007) weist Guido Hülsmann darauf hin, daß die inflationäre Geldmengenausweitung private Eigentumsrechte verletzt und daher im Unterschied zur natürlichen Geldproduktion als die "erzwungene Art der Geldmengenausdehnung" zu charakterisieren ist.

Den aus dieser Form der Geldmengenausweitung resultierenden Profit bezeichnet man als Seigniorage. Diese ist eine Steuer auf die Geldhaltung und daher spricht man bei der Seigniorage auch von der Inflationssteuer. Eine Anekdote aus dem 14. Jahrhundert belegt den Steuercharakter der Inflation, wie uns Richard Gaettens in seiner Geschichte der Geldentwertungen mit dem Titel Inflationen (1955) berichtet. In jener Zeit wurden die Münzen regelmäßig verrufen, mit einem geringeren Edelmetallgehalt versehen und derart entwertet wieder in Umlauf gebracht. Die permanenten Münzverschlechterungen riefen den Unmut der Bevölkerung hervor und so entschloß sich Herzog Rudolf IV. auf diese Einnahmequelle zu verzichten. Als Gegenleistung verlangte er allerdings die Einführung des sogenannten Ungelds, einer Getränkesteuer in der Höhe von 10%.

Die Inflation ist eine folgenreiche Form der Besteuerung, die die Bürger schleichend enteignet und die Zentralisierung der politischen Macht begünstigt. Bereits im 14. Jahrhundert warnt der französische Mönch Nikolaus Oresme eindringlich vor den ökonomischen und politischen Folgen der inflationistischen Staatsfinanzierung:

"Wenn wiederum der Fürst das Recht hat, eine einfache Münzveränderung vorzunehmen und etwas Gewinn daraus zu ziehen, darf er auch das Recht haben, eine größere Veränderung vorzunehmen und einen größeren Gewinn zu machen; und dies mehr als einmal zu machen und nochmals einen noch größeren Gewinn zu ziehen. […] Und so würde der Fürst schließlich in der Lage sein, fast sämtliche Gelder oder Reichtümer seiner Untertanen an sich zu ziehen und sie zu versklaven. Und dies wäre tyrannisch, tatsächlich eine wahrhaftige und absolute Tyrannei, wie es uns von den Philosophen und von der Geschichte der Antike eindringlich vorgehalten wird."

Weil das Warengeld die Ausgaben des Staates in die Schranken weist, war das Warengeld vielen Regierungen und Befürwortern exzessiver staatlicher Ausgaben ein Dorn im Auge. So kommt es wenig überraschend, daß die Feindseligkeit gegenüber dem Warengeld in den vergangenen Jahrhunderten zunahm und die Bindung der zirkulierenden Banknoten an das Metallgeld immer loser ausgestaltet wurde. Bis zum Zusammenbruch des Bretton-Woods-System 1973 waren Geldscheine nichts anderes als Inhaberpapiere, die den jeweiligen Eigentümer zur Einlösung des Geldzertifikats für die ausgewiesene Menge Geld berechtigte. So findet sich auf dem 1-Kronen-Schein folgender Vermerk: "Die Österreich-Ungarische Bank zahlt gegen diese Banknote bei ihren Hauptanstalten in Wien und Budapest sofort auf Verlangen EINE KRONE in gesetzlichem Metallgelde." Diese Einlöseverpflichtung hat die Inflationierung zwar nicht völlig unterbunden, zumindest aber deutlich eingeschränkt und den Inflationisten, sei es die Zentralbank, die Geschäftsbank oder den Privatmann als Rechtsbrecher entlarvt, der ungedeckte Inhaberscheine ausgestellt hat. Mit der 1973 vollzogenen Aufhebung der Einlöseverpflichtung wandelt sich die gedeckte Banknote in ungedecktes Papiergeld, das der weiteren Inflationierung Tür und Tor öffnet. Schließlich sind seitdem die Kosten der Papiergeldproduktion vernachlässigbar; ein einziger Federstrich macht aus einem 50 Euroschein einen 500 Euroschein.

Ein derartig verwässertes Geld fürchtet die Konkurrenz wertbeständigerer Alternativen wie der Teufel das Weihwasser. Deswegen ist eine dauerhafte Inflation nur durch die gesetzliche Privilegierung durch Zahlkraftgesetze (engl. legal tender laws) und die Monopolisierung der Geldproduktion möglich. Beide Maßnahmen stehen jedoch in unauflöslichem Konflikt mit den Eigentumsrechten aller anderen Bürger. Eine ethisch äußerst unbefriedigende Situation.

Aus ethischen und ökonomischen Erwägungen setzt sich die Wiener Schule daher für den Abschied vom Inflationismus des staatlichen Zwangsgeldes ein, das, wie ein späterer Artikel im Detail ausführen wird, auch für den Konjunkturzyklus verantwortlich zeichnet. Unter den Vertretern der Wiener Schule weithin unbestritten ist die Forderung nach einer 100% Deckung der Bankeinlagen, um dem inflationären Geldschöpfungsprozeß der Geschäftsbanken Einhalt zu gebieten. Hinsichtlich der Vermeidung der Geldmengeninflationierung durch die Zentralbanken wurden divergierende Vorschläge in die Diskussion eingebracht: Ludwig von Mises befürwortet etwa die Rückkehr zum Goldstandard, während Friedrich A. von Hayek eine von Unternehmen in Umlauf zu bringende Warenreservewährung empfiehlt. Guido Hülsmann setzt sich für die "natürliche Geldproduktion" ein, die keiner staatlichen oder privaten Institution das Privileg der Geldproduktion einräumt. Die Einbringung der geldtheoretischen Argumente der Wiener Schule in die öffentliche Diskussion ist schon alleine deshalb von Bedeutung, weil aus dem geldtheoretischen Blickwinkel der Wiener Schule das Schlimmste an den Finanzmärkten und an der Teuerungsfront bei weitem noch nicht ausgestanden ist.


© Mag. Gregor Hochreiter
Institut für Wertewirtschaft


Den Autor können Sie unter gh@wertewirtschaft.org erreichen.



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