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Platin bald wieder dreistellig?

08.08.2008  |  Marc Nitzsche
Platin war lange Zeit unser Top-Favorit im Edelmetall-Bereich. Und das nicht ohne Grund: Jahrelang strebten die Notierungen zwar vergleichsweise moderat dafür aber wie am Schnürchen gezogen nordwärts und Long-Engagements in dem sündhaft teuren Metall gehörten zu unseren rentabelsten Engagements überhaupt. Erste Zweifel am Fortgang der Hausse kamen uns bereits im ersten Quartal des laufenden Jahres, als die Kurse plötzlich fast senkrecht anstiegen. Derartige Bewegungen markieren häufig die finale Phase einer "Rallye". Und so war es auch bei Platin. In den zurückliegenden Wochen brachen die Preise dann um rund 25 Prozent ein. Was aber sind die Hintergründe für diesen Crash und lohnt es sich, auf dem aktuellen Niveau wieder in Platin einzusteigen?


Schrumpfendes Angebotsdefizit

Der Markt weist seit nunmehr zehn Jahren ein konstantes Angebotsdefizit auf. Angesichts dieses Umstandes ist die deutliche Verteuerung des Metalls eigentlich nicht weiter erstaunlich. Doch während sich der Nachfrage-Überhang zwischen 1999 und 2003 im zweistelligen Tonnen-Bereich bewegte, gab es danach nur noch ein Mini-Defizit von ein bis zwei Tonnen pro Jahr. So gesehen ist es schon ziemlich verwunderlich, dass die starken Preisschübe gerade in die letzten Jahre fielen, selbst wenn man argumentiert, dass die Lagerbestände signifikant abgenommen haben und dadurch bereits ein kleines Defizit mehr ins Gewicht fällt.


Anziehende Minen-Produktion wahrscheinlich

Verantwortlich für die erkennbare Entspannung der Versorgungslage ist einerseits der höhere Minen-Output. Auf Grund der lukrativen Weltmarktpreise steigerten alle namhaften Erzeuger ihre Kapazitäten und begannen gleichzeitig, neue Vorkommen zu erschließen. In den kommenden Jahren dürften diese zusätzlichen Minen sukzessive in Produktion gehen, so dass mit einem weiter zunehmenden Angebot zu rechnen ist. Allerdings sollten sich die Zuwächse in einem noch überschaubaren Rahmen bewegen. Denn der Platinmarkt weist fast schon monopolistische Strukturen auf. 78 Prozent der globalen Minen-Produktion stammen aus Südafrika und nochmals 13 Prozent aus Russland. In beiden Ländern sind die Vorkommen zudem meist in den Händen einiger weniger großer "Player". Damit lässt sich das Angebot vergleichsweise gut steuern. Mit einer "Platin-Schwemme" rechnen wir deshalb eher nicht. Aber so knapp wie von manchen behauptet ist Platin eben auch nicht.


Opfer einer möglichen Konjunktur-Abschwächung

Überragende Bedeutung für die künftige Kursentwicklung dürfte ohnehin eher der Nachfrageseite zukommen. Und speziell da sieht es alles andere als "mega-bullisch" aus: Auch wenn Platin natürlich unbestreitbar zu den Edelmetallen zählt, ist es eigentlich eher ein Industriemetall. Etwa 70 Prozent finden Verwendung in der industriellen Fertigung diverser Güter. Das wiederum hat zur Folge, dass im Fall einer merklichen konjunkturellen Abkühlung - auf die aktuell einiges hinweist - der Platin-Bedarf nicht unerheblich zurückgeht. Diese "Karte" hat der Markt in den zurückliegenden Wochen offensichtlich verstärkt "gespielt" und unserer Ansicht nach sollten Anleger dies zumindest im Hinterkopf behalten.


Weniger Platin für Katalysatoren

Neben diesen makroökonomischen Gründen gibt es bei Platin aber auch noch einige spezielle Probleme auf der Nachfrageseite. Mehr als die Hälfte des Angebots wird für die Herstellung von Auto-Katalysatoren eingesetzt und gerade bei Automobilen prophezeien viele Marktbeobachter ungeachtet der explodierenden Zulassungszahlen in China und anderen boomenden asiatischen Emerging Marktes ein zyklisches Hoch. Wie ernst man diese Befürchtungen nehmen sollte, beweise die jüngst veröffentlichten Geschäftsergebnisse einiger großer Autobauer.


Die "Diesel-Falle"

Hinzu kommt, dass Platin im Bereich Auto-Katalysatoren in direkter Konkurrenz zu Palladium steht. Unverzichtbar war das wesentlich teurere Platin bislang nur bei Reinigungsanlagen für Dieselmotoren. Kürzlich wurde jedoch bekannt, dass es einem Hersteller nun gelungen ist, auch hier Palladium einzusetzen. In Anbetracht des massiven Preisunterschieds zwischen den beiden Weißmetallen könnte Platin schon in Bälde großflächig substituiert werden. Abgesehen davon haben Dieselfahrzeuge mittlerweile ohnehin einen Großteil ihres "Charmes" verloren, nachdem in vielen Ländern kaum noch nennenswerte Preisunterschiede zwischen Diesel und Benzin bestehen. Auch der Verbrauchsvorteil ist gegenüber modernen Benzinmotoren nicht mehr so gewaltig. Bedenkt man, dass Dieselfahrzeuge in der Anschaffung teurer sind als vergleichbare Benziner, könnte sich der "Diesel-Run" demnächst seinem Ende zuneigen. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits zu genüge.


Fundamentals alles andere als "bulllisch"

Alles in allem stellt sich die fundamentale Situation bei Platin gegenwärtig im Hinblick auf steigende Kurse alles andere als erbaulich dar. Eine steigende Produktionsmenge bei gleichzeitig sinkender Nachfrage ist ganz sicher nicht der "Stoff", aus dem "Rallye-Träume" gemacht sind. Im ungünstigsten Fall - also beim Zusammentreffen aller negativen Faktoren - können wir uns vorstellen, dass Platin in einigen Jahren wieder für dreistellige Preise "über den Börsentresen" geht.


Markt aktuell signifikant überverkauft

Nach den starken Kursverlusten der letzten Zeit stellt sich die technische Situation aktuell naturgemäß nicht sonderlich freundlich dar: Der bis Jahresbeginn vorherrschende Aufwärtstrend ist mittlerweile klar einem Abwärtstrend gewichen, der von seiner Dynamik her schon fast erschreckende Züge annimmt. Allerdings ist zu bedenken, dass Oktober-Platin derzeit im Bereich seines Supports bei etwa 1.550 US-Dollar notiert. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Markt nunmehr massiv überverkauft ist, worauf sowohl ein RSI von knapp 25 als auch die Bollinger Bänder hinweisen, kann eine vorübergehende Stabilisierung oder sogar eine kleinere korrigierende Aufwärtsbewegung nicht ausgeschlossen werden. Auf dem jetzigen Niveau noch short zu gehen, ist demzufolge mit nicht unerheblichen Risiken behaftet. Allerdings stellen Erholungen bis in die Bereiche 1.700 bis 1.750 US-Dollar für uns gute Gelegenheiten dar, sich auf der kurzen Seite zu positionieren, wenn es auf den genannten Levels zu einer Umkehrformation kommt. Wird der Supportbereich bei 1.550/1.500 US-Dollar nachhaltig unterschritten, drohen weitere Abgaben bis etwa 1.300 US-Dollar.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de






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