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Die "14 Uhr-Akteure" - Blutbad bei Gold und Silber

11.08.2008  |  Frank Meyer
In den letzten Tagen konnte man die Uhr danach stellen, wann es mit den Edelmetallen bergab ging. Sie wurden pünktlich um 14 Uhr und in einer zweiten Welle so gegen 17 Uhr Gold und Silber auf die Schlachtbank geführt und zur Ader gelassen. Die seltsame Stärke des Dollar und die verdiente Schwäche des Euro erledigten den Rest. Binnen weniger Tage wurden alle wichtigen technischen Marken durchbrochen.

In den Internetforen grassiert der Frust. Beißende Häme ziert manchen Börsenbrief. Von Todesküssen war neulich die Rede, weil die 50-Tage-Linie die 200-er kreuzt. Vielleicht haben diese Todesküsse auch strengen Mundgeruch, denn das Schneiden beider Linien machen die monetäre Welt auch nicht besser. Zudem muss es nicht heißen, dass der Bullenmarkt damit vorüber ist. Wer fröhlich gehebelt short unterwegs ist, feiert wahre Feste. In ein paar Stunden kann es auch fröhlich gegen die Wand gehen, je nachdem, wie die "14-Uhr-Akteure" wieder mal drauf sind.

Die Charts sehen in der Tat kurzfristig grausig aus. Doch welche Aussagekraft haben sie aber, wenn fundamental vieles unter den Teppich gekehrt wird? Erinnern Sie sich an die technischen Analysen aus dem letzten Jahr, als der DAX ein neues Allzeithoch erklettert hat und dann die Kursziele hochgeschrieben wurden? Im Hintergrund lauerte damals schon erkennbar die Hypotheken- bzw. Kreditkrise. Es musste ein Fehlsignal werden, was es dann auch wurde.

So eine Kreditkrise hat es in sich, doch es ist gar nicht so schwer herauszufinden, welche Folgen sie hat. Man muss nur die Zeitungen aufschlagen. Selbst wenn einem dabei bunte Kaninchen, einem Zauberhut entsprungen, um die Nase tanzen und erzählen, dass alles funktioniert, so sieht die Realität doch anders aus. Manche Hasen lassen einen Gendefekt vermuten.

Um etwas zu retten, braucht es eine neue und größere Blase. Ob das gelingen wird, ist fraglich. Alan Greenspan hätte aber ganz genau gewusst, was zu tun gewesen wäre. So gibt er Interviews in Zeitungen, schaut sich als gut bezahlter Rentner in Ruhe das Werk seiner Zerstörung an und gibt den Bär, wenn es passt. Ben Bernanke hat zu lange gezögert, bis er die Zinsen senkte, wie auch die EZB nichts gegen die nun rasant sichtbaren Bremsspuren getan hat. Trotz fliegender Tender schlittert die Wirtschaft in die Rezession. Was wäre eigentlich besser? Eine Rezession oder mehr Inflation? Diese Frage lässt sich nur schwer beantworten, es ist wie der Vergleich zwischen Pest und Cholera. Mit mehr Inflation würde es bis zum Tag einer Abrechnung nur ein Stück länger dauern.

Einige nehmen jetzt wieder an, die Kreditkrise hätte ihren Höhepunkt überschritten, weil die Aktienmärkte mal zehn Prozent zugelegt haben. Nur weil die Notenbanken unbegrenzt Geld in den Markt pumpen, wichtige Leute auf der Welt verbalen Honig verteilen und dafür gesorgt wird, dass sich die Märkte in eine gewünschte Richtung bewegen, sind das aber keine normalen Märkte.

Mich würde es nicht wundern, wenn jetzt häufiger das Wort Konjunkturprogramm und Steuergeschenk die Runde macht und die Notenbanken (aus der Not, daher der Name?) den Finanzinstituten noch mehr und noch billigeres Geld zur Verfügung stellen. Wenn dann die Leitzinsen fallen und die Kurse steigen, wer würde schimpfen?

Nehmen wir an, diese Variante setzt sich durch, werden alle, die sich in Probleme gebracht haben freigekauft. Bei Notenbanken und Regierungen gibt es offenbar nicht nur Geld, sondern auch Vollkaskoversicherungen ohne Selbstbeteiligung. So können sich die Spekulanten weiter Geld in die Tasche stecken, ohne sich dafür beim Steuerzahler bedanken zu müssen. Und sie werden auch nichts lernen müssen. Ob die Geldmenge schneller wachsen kann? Sicher ist das nicht, doch zu befürchten wäre es. Nehmen wir an, es würde gelingen, was ist dieses Geld dann später wert? Und was geschieht mit dem Ersparten, das man für spätere oder schlechte Zeiten zur Seite gelegt hat?

Jean Claude Trichet hat am Donnerstag sehr oft über Geldwertstabilität gesprochen. Selbst nach offiziellen Zahlen ist diese nicht vorhanden. Über vier Prozent Teuerung liegen doppelt so hoch wie das ursprüngliche Ziel. Wie will Herr Trichet oder Kollege Bernanke Geldstabilität bewerkstelligen, wenn man monetär genau das Gegenteil von dem tut, was nötig wäre?

Wer bislang so "dumm" gewesen ist, sein Geld nicht in den Konsum gesteckt sondern gespart hat, sollte sich überlegen, ob er im Notfall auch bei der Notenbank Vollkaskoschutz beantragt. Sollte Wunsch jedoch abgelehnt werden, könnte man ja für den Fall der Fälle auch auf Gold zurückgreifen. Und da die "14-Uhr-Akteuren" so freundlich am Nachmittag für günstige Kurse sorgen, sollte man ihnen einen Dankesbrief schreiben. Wenn man bloß ihre Adresse wüsste.


© Frank Meyer
TV-Moderator auf n-tv, www.frank-meyer.tv



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