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Erste Bank-Goldexperte Stöferle: "Heuer noch über 1.000 Dollar"

27.08.2008  |  Redaktion
Erste Bank-Goldexperte Ronald Peter Stöferle im Interview zur Saisonalität im Goldmarkt, der Rolle von ETFs und Zentralbanken sowie dem Sprung über die 1.000-Dollar-Marke.


WirtschaftsBlatt: Der Goldpreis ist zuletzt wieder auf ­unter 800 Dollar gefallen, wie lässt sich das erklären?

Ronald Peter Stöferle: Der Dollar war sicherlich der bestimmende Faktor, aber auch der Ölpreis spielte eine Rolle. Dennoch ist auffällig, dass sich die Korrelation zwischen Goldpreis und Erdöl- sowie Dollarpreis in den letzten Monaten verringert hat. Zum Dollar ist zu sagen, dass es das Erreichen der 1,50er-Marke war, das viele Stop-loss-Orders ausgelöst hat und den Goldpreis unter Druck gesetzt hat. Was wir zuletzt aber auch gesehen haben, war eine zu stark ausgeprägte Euphorie bezüglich Gold. Denn im März, als der Preis auf über 1.000 Dollar gestiegen ist, waren 97 Prozent aller Investoren bullish - einer der bestmöglichen Kontraindikatoren. Und auch vor dem jetzigen Rückgang war wieder ein großer Anteil der Investoren zu bullish. Nach dem aktuellen Preisrückgang kann ich mir nun aber vorstellen, dass sich die Situation wieder umdreht. Denn der Goldpreis hat nur korrigiert und ist nicht kollabiert.


WirtschaftsBlatt: Wie schätzen Sie den Einfluss der ETFs auf den Markt ein?

Ronald Peter Stöferle: Der von ETFs gehaltene Goldbestand ist insgesamt bereits so groß wie jener der siebtgrößten Nationalbank. Generell sind ETFs aber eine zweischneidige Geschichte: Denn einerseits sind sie für Investoren ein gute Sache, da sie transparent und kostengünstig sind sowie den Goldpreis eins zu eins abbilden. Andererseits beinträchtigen ETFs den Sektor der Goldminen­aktien massiv. Sie saugen das Geld auf, das ansonsten wahrscheinlich in Goldminenaktien geflossen wäre. Dort fehlt es daher zunehmend an Kapital und nicht zuletzt macht sich das auch bei den Kursen der Goldminenaktien bemerkbar.


WirtschaftsBlatt: Beim wichtigsten Käufer, der Schmuckindustrie, ist die Nachfrage zuletzt zurückgegangen, wie erklärt sich das?

Ronald Peter Stöferle: Im ersten Halbjahr gab es einen ziemlichen Einbruch, vor allem in Indien. Die Käufe dort sind aber nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben. So haben in den letzten Tagen die Verkäufe bereits wieder angezogen. Das sogenannte Fest des Lichts sowie die Wedding Season werden dort die Nachfrage im zweiten Halbjahr wieder ansteigen lassen, dazu kommt noch das Weihnachtsgeschäft. Diese Entwicklung ist nicht ungewöhnlich, da wir beim Goldpreis eine starke Saisonalität feststellen können. Entsprechend gibt es im März traditionell Höchststände, während im August der Tiefststand erreicht wird.


WirtschaftsBlatt: Gold ist auch wegen verschiedener Probleme in Förderländern wie Südafrika teuer, ist eine Entspannung absehbar

Ronald Peter Stöferle: Nicht wirklich. Überhaupt bin ich für Südafrika wenig zuversichtlich. Die dort ansässigen Goldkonzerne beginnen bereits, in andere afrikanische Länder zu diversifizieren, einerseits wegen der Probleme mit der Energieversorgung, ­anderseits wegen der immer höheren Produktionskosten. Denn die kostengüstig auszubeutenden Lagerstätten sind bereits weitgehend ausgebeutet. Allein schon deswegen kann ich mir nicht vorstellen, dass der Goldpreis je wieder unter die 600 Dollar-Marke ­fallen wird, weil dann die Produktion in vielen Minen nicht mehr rentabel wäre.


WirtschaftsBlatt: Die großen Zentralbank-Goldverkäufe sind vorbei, welche Politik verfolgen die staatlichen Goldverwahrer künftig?

Ronald Peter Stöferle: Im letzten Jahr sind die Nationalbanken erstmals als Nettokäufer aufgetreten, vor allem jene aus China, Russland und dem arabischen Raum. Diese Staaten sitzen auf einem riesigen Dollarberg, der gehedgt werden muss - und Gold ist ein guter Hedge. Entsprechend werden die Nationalbanken auch in der Zukunft nicht mehr auf der Verkäuferseite zu ­finden sein, sondern auf der Käuferseite.


WirtschaftsBlatt: Wieviel wird Gold zu Jahresende kosten?

Ronald Peter Stöferle: Aufgrund der Saisonalität kommen wir jetzt in eine interessante Phase und ich denke, dass wir heuer noch die 1.000-Dollar-Grenze knacken werden. Unser langfristiges inflationsbereinigtes Ziel bleibt aber bei 2.300 Dollar, eben weil sich fundamental für Gold nichts verändert hat und das Umfeld mit negativen Realzinsen, einer massiven Geldmengenausweitung, positiven Seasonals sowie einem chronisch schwachen Dollar stimmt. Wir befinden uns an einem guten Einstiegszeitpunkt.








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