Die nächste Blase kommt bestimmt
28.09.2008 | Manfred Gburek
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Weil die vielen Verlierer und die wenigen Gewinner der Krise erst dann auszumachen sein werden, wenn der Chaosclub in Washington und New York sich halbwegs auf die nationale und internationale Lastenverteilung geeinigt hat. Das kann noch einige Wochen dauern. Denn wie allein schon die jüngste Anhörung vor dem US-Senat zeigte, stieß Finanzminister Paulson mit seinem 700 Milliarden Dollar schweren Rettungspaket auf derart massiven Widerstand, dass fürs erste nichts daraus wurde. Und als Präsident Bush tags darauf vor einer schmerzhaften Rezession warnte, wirkte er wegen seiner Defizite in Sachen Wirtschaftswissen zwar noch unglaubwürdiger als sonst, aber sein Redemanuskript war offenbar bis auf den letzten Punkt mit Paulson abgestimmt. Klare, wenn auch subtil verklausulierte Ansage: Alle - nicht nur Amerikaner - müssen zusammenhalten, sprich, Opfer bringen.
Eine weitere oft gestellte Frage: Warum haben Paulson und Fed-Chef Bernanke mit Blick auf die erhoffte, dann aber im ersten Anlauf kläglich gescheiterte Verabschiedung des 700-Milliarden-Pakets derart zur Eile gedrängt, obwohl sie dessen Details selbst noch nicht kannten? Ich kann mir nicht helfen, irgendwie fällt mir dazu immer wieder ein Vergleich ein: Früher verkauften Drückerkolonnen überfallartig Lebensversicherungspolicen, deren Details den überrumpelten Kunden bei Vertragsabschluss überhaupt nicht bewusst waren. Danach war deren finanzielle Belastung so hoch, dass sie vielfach aus den Verträgen ausstiegen und dafür, wenn überhaupt, nur mit Kleingeld abgespeist wurden. Da hatten die Drückerkolonnen ihre Provisionen längst komplett kassiert, denn diese waren schon in den ersten Jahren nach Vertragsabschluss fällig. Insofern hat das vorläufige Scheitern des Paulson-Plans auch etwas Gutes: Da fließt Geld, das dem Wunschdenken entspringt und dessen Herkunft man kaum erahnen kann, nicht einfach in einen Blind Pool.
Doch worin besteht die Alternative? Gestatten Sie mir einen weiteren Vergleich: Angenommen, Sie müssen sich mit Ihrem Auto ohne Navi in einer fremden Stadt mit hoher Kriminalität orientieren, um zu Ihrem Ziel zu gelangen. In einer solchen Situation befinden sich die potenziellen Retter des internationalen Finanzsystems. Für Sie als Autofahrer ist Ihr Sucherfolg davon abhängig, wie genau Sie sich vorher das Straßenbild eingeprägt haben, ob Sie einen zuverlässigen Stadtplan mitführen, welche Einbahnstraßen und Sackgassen Sie umfahren müssen und ob Ihnen nicht-kriminelle Passanten helfen. Also eine ganze Reihe von Nebenbedingungen. Und wie steht es um die potenziellen Retter der Finanzen? Sie haben ein verwirrendes Straßenbild im Hinterkopf, das eher dem von Tokio oder von Llucmajor auf Mallorca gleicht, wo man früher mit wirr verwinkelten Gassen fremde Eindringlinge erfolgreich in die Irre führte. Ihr Stadtplan ist veraltet und enthält keine der unzähligen Baustellen mit Löchern wie Krater, Einbahnstraßen und Sackgassen sind darin erst gar nicht gekennzeichnet, und hilfsbereite Passanten - nennen wir sie Sparer und Steuerzahler - haben sich aus Furcht vor Kriminellen längst in ihre Häuser zurückgezogen.
Dieses Gleichnis vermittelt etwas von der Ohnmacht, in der sich die Retter befinden. Unter dem früheren Fed-Chef Greenspan wurden Probleme einfach mit Geld, Geld und noch mehr Geld scheinbar gelöst, in Wahrheit aber nur verschlimmert; denn sie führten zu schließlich platzenden Preisblasen bei Aktien, Immobilien und Rohstoffen. Dagegen konnte bei Gold und Silber von Blasen keine Rede sein, weil ihre Eigenschaften als Edelmetall und Medium zur Erhaltung des Geldwerts in den Vordergrund rückten. Unter Greenspans Nachfolger Bernanke droht die Wirkung von noch mehr Geld scheinbar zu verpuffen, wohl auch aufgrund der Erfahrungen mit den Preisblasen. Doch worin besteht hier die Alternative? Niemand hat eine parat, auch wenn die Maulhelden unter den Politikern und Teilnehmern an Fernsehrunden noch so drauflos schwatzen. Das heißt, es gibt keine Alternative. Es sei denn, alle schnallen den Gürtel enger - was aber politisch nicht durchsetzbar ist. Oder Amerika führt "unamerikanisch" den "finanziellen Sozialismus" ein, wie Senator Bunning in der vergangenen Woche so originell formulierte - was jedoch gegen das Selbstverständnis der Mehrheit der US-Bürger und der beiden Präsidentschaftskandidaten gerichtet wäre.
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Gestatten Sie mir zum Schluss noch einen Hinweis in eigener Sache: Vom 1. Oktober an ist mein neues Buch lieferbar. Titel: "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (Kopp Verlag, 224 Seiten, ISBN 978-3-938516-77-5, 19,95 Euro). Darin nehme ich zwar auch die Aussagen von Greenspan und Bernanke auseinander, aber der Schwerpunkt liegt eindeutig auf der Analyse von Sprüchen, die aus deutschen Banken und Sparkassen stammen. Was ich da zusammengetragen habe, ist einfach entlarvend - und für Sie sicher Anreiz genug, von sich aus den Bankern auf die Schliche zu kommen. Das Buch ist aus der Kundenperspektive geschrieben und öffnet Ihnen hoffentlich noch weiter die Augen.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist am 7.+8.11.2008 Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007).