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TARP

29.09.2008  |  Klaus Singer
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In den USA will man jetzt den auf über 60 Bill. Dollar geschätzten CDS-Markt an die regulatorische Leine legen. Der Staat von New York hat nämlich entdeckt, dass credit default swaps am Ende auch Versicherungen sind, mithin also ein Fall für seine Versicherungs-Regulierer. Ein Aufschrei der International Swaps and Derivative Association folgte: Das sei möglicherweise gefährlich, weil die Regulierung den Markt destabilisieren könne. Soso!

Die Zuspitzung der Finanzkrise und der Rettungsplan geben den Demokraten zweifellos einen, vielleicht den entscheidenden Vorsprung bei der Präsidentschaftswahl. Denn viele unentschlossene Wähler werden jetzt sagen, Wall-Street füllt sich die Taschen und holt es sich beim Steuerzahler.

Wie dumm von der republikanischen Bush-Adminstration! Oder auch nicht: Zwar verlieren die Republikaner wahrscheinlich die Wahl, stellen aber vorher die Weichen so stringent in ihrem (und Wall-Streets) Sinne, dass die dort ungeliebten Demokraten an einer kurzen finanzpolitischen Kette liegen. Die können nach ihrer Wahl die geweckten Hoffnungen nicht einlösen, mit breit angelegten Steuersenkungen und Hilfspaketen der Bevölkerung direkt unter die Arme zu greifen.Denn das dürfte mangels Masse kaum noch Chancen haben. So verlieren sie schnell an Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Das bereitet den Boden für ein Revival der Republikaner - die hätten zwar eine Schlacht verloren, könnten aber vielleicht den Krieg gewinnen.

Da könnte nun jemand unterstellen, das sei alles kühles, taktisches Kalkül - die Finanzmärkte führen den Crash vor, nur damit die Republikaner zur Hilfe herbei springen und damit die Demokraten in vermeintliche Sachzwänge sperren. Eine perfide Verschwörungstheorie!

TARP ist sicher geeignet, kurzfristig wieder etwas Ruhe und Vertrauen in die Finanzindustrie zu bringen. Aber eine solide langfristige Lösung ist das nicht. Schon bald werden neue Begehrlichkeiten aufkommen und neue Löcher in den unregulierten Segmenten aufreißen, die bisher niemand kennt oder kennen will.

Sollte TARP so durchkommen, dann würde die US-Regierung bis jetzt schon Mittel von mehr als 1 Bill. Dollar vorsehen, die zurückliegenden Aktionen mit eingerechnet. Schätzungen belaufen sich auf im Zuge der Hypothekenkrise insgesamt auflaufende Gesamtverluste von 2 Bill. Dollar.

Auch von folgender Überlegung aus ist es plausibel, dass dem Finanzsystem noch mehr Ungemach droht: Das Gesamtvolumen an Derivaten hat sich in den vergangenen sechs Jahren versechsfacht auf mittlerweile über 500 Bill. Dollar weltweit. Das ist fünf mal so viel wie das Gesamtvolumen der Aktien- und Bondmärkte und das Zehnfache des globalen BIP. Ein solcher Hebel birgt gewaltigen Sprengstoff. Hier geht noch manche Bombe hoch, wenn die Realwirtschaft nicht bald wieder auf Touren kommt.

Und danach sieht es momentan nicht aus: Die jüngsten Makrodaten zeigen auch nicht den geringsten Ansatz einer makroökonomischen Stabilisierung. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe steigen in den USA auf fast 500.000. Vom Hausbereich kommen weiterhin keine Indizien, die auf ein Ende der Depression hier hindeuten - im Gegenteil.

Die USA sind jetzt besonders darauf angewiesen, dass das Ausland ihre Schulden kauft. Früher hieß es flapsig, die Chinesen leihen dem Amerikanern Geld, damit diese sich gegenseitig ihre Häuser verkaufen können. Heute müssen die Chinesen den Amerikanern Geld leihen, damit diese nicht als Nachfrager für chinesische Produkte ausfallen.

In dieser Situation kommt dem Dollar eine besondere Bedeutung zu. Die USA können sich einen schwachen Greenback nicht mehr leisten, das Ausland würde sonst nur mit kräftigem Risikoausgleich zu bewegen sein, amerikanische "Assets" zu kaufen. Risikoausgleich, das bedeutete extra hohe Renditen, bzw. deutliche Kursabschläge.

Gut zu sehen, wie der Euro/Dollar zurzeit immer wieder von der langfristigen Marke bei rund 1,4650 angezogen wird. Wenn sich das Währungspaar hier nicht bald dynamisch nach oben absetzen kann, geht es in die Gegenrichtung, der Dollar erstarkt. Ein längerfristiges Ziel läge dann bei rund 1,20, und auch das muss noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Bei diesem Szenario mag mitspielen, dass in Krisenzeiten US-Kapital aus dem Ausland heimgeholt wird. Entscheidend aber ist wohl, dass die Investoren für die USA keine markant schlechtere Perspektive als für den Rest der Welt sehen.

Und: TARP lässt sich als ein gigantisches Subventionsprogramm für die Finanzindustrie ansehen, das ihr im globalen Vergleich einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Und da die Finanzindustrie mittlerweile zur beherrschenden Branche aufgestiegen ist, kann das auf die US-Ökonomie insgesamt übertragen werden.

Aber: Subventionen entfachen häufig beliebte Strohfeuer, führen aber übergeordnet zu einer Fehlallokation von Ressourcen. Zum Beispiel dergestalt, dass das Leben von überholten Firmenkulturen und Geschäftsmodellen künstlich verlängert wird. Mit diesem Aspekt hatte ich mich in dem oben angesprochenen Artikel ebenfalls beschäftigt.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de








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