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Bald sind Steuerzahler und Sparer dran

05.10.2008  |  Manfred Gburek
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4. Übung macht den Geldmeister. Spekulation im Sinn von umherschauen, ausspähen, abwägen muss sein, mal mehr, mal weniger; und je weniger Geld jemand hat, desto mehr gilt es zu spekulieren. Die konkrete Spekulation beginnt mit der Beobachtung, etwa mit dem Verfolgen von Zinsen und Aktienkursen. Danach kommt die Übung mit kleinem Einsatz, zum Beispiel ein Aktienkauf. Aus vielfachen Übungen, mit lukrativen Gewinnen und schmerzlichen Verlusten, entsteht die Erfahrung, die auch höhere Einsätze rechtfertigt. Die Kunst der Geldanlage besteht am Ende darin, aufgrund der Erfahrung mit den wichtigsten Anlageformen, vom Tagesgeld bis zu Aktien, von Immobilien bis zum Gold, die persönliche Finanzplanung zu erstellen.

5. Nur die richtige Zeit ist Geld. Timing, also den richtigen Zeitpunkt für Entscheidungen, speziell in Sachen Geld, zu suchen und zu finden, ist untrennbar mit der Spekulation verbunden. Es hängt von individuellen Faktoren, wie Höhe des Einsatzes oder Verpflichtungen aus Krediten, und von äußeren Einflüssen ab, wie zurzeit von Bankpleiten und restriktiver Kreditvergabe. Faustregel: Individuelle Faktoren sollten die Leitlinie bilden, äußere Einflüsse aber immer als Nebenbedingung in Entscheidungen einfließen.

6. Liquide und trotzdem nicht solide. Liquidität ist ein wunderbarer Begriff, nur wird er leider immer durcheinander geworfen. Deshalb hier zur Klärung der Dreiklang aus privater Sicht: Geldbestand, Zahlungsfähigkeit, Liquidierbarkeit. Wer mit Geld umgeht, muss alle drei Definitionen beachten und dabei auch noch höllisch aufpassen. So kann der Geldbestand auf einem Tagesgeldkonto über Nacht illiquide werden, falls eine Bank pleite geht und der Einlagensicherungsfonds erst nach Monaten einspringt. Dadurch kann der Kontoinhaber vorübergehend zahlungsunfähig werden. Umgekehrt ist es möglich, dass eine Immobilie liquide ist, wenn alle Welt sich um sie reißt. So geschehen mit amerikanischen Wohnhäusern bis 2006; danach brach die Krise aus, heute sind diese Häuser so gut wie gar nicht verkäuflich.

7. Die gefühlte Verführung. Gefühle beherrschen den Umgang mit Geld in fast jeder Lebenssituation: Da wird vor lauter Verliebtheit der Ehevertrag vergessen, die schiere Gier verführt unbedarfte Börsenspieler zu waghalsigen Einsätzen, undurchschaubare Zertifikate versprechen Reichtum in jeder Lebens- und Börsenlage, und Angst geht um, seit es Tausende von Spielern unter den Bankern erwischt hat. Geiz, Neid, Scheuklappen, dabei sein wollen, wenn Steuervorteile oder hohe Renditen am grauen Kapitalmarkt locken - verführerische Gefühle kennen keine Grenzen. Wer sich dabei selbst ertappt oder, noch besser, vom Ehepartner, von Eltern oder Freunden rechtzeitig bremsen lässt, hat schon gewonnen.

8. Wer nichts unternimmt, gewinnt. Was leisten Banken und Sparkassen? Mit einem Satz: Sie verdienen durch die Vergabe von Krediten und das Ausschöpfen von Provisionen. Weil die Höhe der vergebenen Kredite vom Eigenkapital der Institute abhängt und dieses sich nicht beliebig vermehren lässt, bevorzugen sie zunehmend provisionsträchtige Finanzprodukte, etwa Fonds und Zertifikate in allen erdenklichen Varianten. Und weil ihre Kunden deren Funktion nicht mehr verstehen, bitten die Institute sie, sich beraten zu lassen. Zusätzlich betätigt sich der Staat als Verkaufsturbo, indem er den Beratungsbedarf mit komplizierten Vorschriften zur Riester-Rente und zur Abgeltungsteuer noch erhöht. Kunden, die sich dadurch nicht zu spontanen Aktionen verleiten lassen, haben schon gewonnen.

9. Walter fürs Alter? Altersvorsorge schön und gut, aber wie? Siehe Punkt Nummer 3: von der individuellen Situation ausgehen und entsprechend planen. Ideal ist das eigene Haus, im Zweifel die eigene Wohnung, Hauptsache, der Standort stimmt. Faustregel zum Aktienanteil in Prozent: 100 minus Lebensalter. Gold in Form von Anlagemünzen oder Barren ist als Versicherung gegen eine - noch nicht bewältigte und weiterhin durchaus mögliche - ganz große Finanzkrise zu empfehlen. Und wenn Tagesgeld, dann aus bestimmten Gründen (siehe Punkt 6) bei verschiedenen Instituten und ergänzt um die Tagesanleihe des Bundes. Lebensversicherung, Rente von Walter Riester oder Bert Rürup? Siehe Punkt 8: Vorsicht, Provision!

10. Was die Zukunft bringt. Zur Auswahl stehen: Inflation, Stagflation (Stagnation mit Inflation), Rezession, Deflation und Mischformen, Letztere mit der größten Wahrscheinlichkeit. Das gab es schon vor einigen Jahren, als die so genannte Asset Inflation, zum Beispiel in Form von steigenden Aktienkursen oder Immobilienpreisen in den USA und anderswo, sich parallel zu relativ stabilen Verbraucherpreisen entwickelte. Die Wiederholung unter anderen Vorzeichen ist denkbar, etwa dass die gängigen Standardaktien, die Immobilienpreise in England, Spanien und in den USA sowie Industrie- und Agrarrohstoffe in eine Art Deflation übergehen, während die Immobilienpreise in anderen Regionen, die Mietnebenkosten, die Kurse einiger Anleihekategorien und die Edelmetallpreise zu einem neuen Höhenflug ansetzen. Das alles wird nicht über Nacht geschehen. Wer Punkt 1 beachtet, hat insofern schon gewonnen.

Manchmal sind es Kleinigkeiten, die scheinbar am Wegesrand liegen, aber genaugenommen eine enorme Bedeutung haben können. Zum Beispiel war ich am 30. September beim Vortrag des geschätzten ehemaligen Kollegen Christoph Wehnelt aus Anlass seiner gerade erschienenen umfangreichen Chronik "10 Jahre Euro" (Großformat, 264 Seiten, ISBN 978-3-89870-526-4, Kunstverlag Josef Fink, 24,- Euro). Zum Schluss des Vortrags stellte er in den Raum, dass der Frankfurter EZB-Neubau möglicherweise nie realisiert wird: "Der Ausbau der EZB soll nicht mehr in Frankfurt stattfinden, sondern anderswo. Paris und Amsterdam wollen nun endgültig ein richtiges Stück EZB erhalten." Würde das geschehen, könnte der ganze Euro-Währungsblock ins Wanken geraten. Auf der EZB-Baustelle, wo die Maschinen des Züblin-Konzerns noch vor wenigen Monaten sehr aktiv waren, herrscht jedenfalls seit Wochen gespenstische Ruhe.

Und noch ein Hinweis auf einen weiteren Finanzjournalisten, einen herausragenden, wenn nicht sogar den besten Bankenkenner seiner Zunft: Bernd Wittkowski von der Börsen-Zeitung. Er wird den Retail-Bankentag am 9. und 10. Oktober moderieren, und wie ich ihn einschätze, den Referenten von Bundesbank, Deutscher Bank, Dekabank, Postbank & Co. tüchtig einheizen. Konditionen zum Seminarpreis und zu weiteren Details erfahren Sie am schnellsten über j.zinke@boersen-zeitung.com.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist am 7.+8.11.2008 Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).







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