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US-Kongress verlangt Provision

10.10.2008  |  John Browne
In Anbetracht einer unmittelbar anstehenden Finanzschmelze und einer drohenden Depression hätte man davon ausgehen können, dass der Kongress, angetrieben von einem patriotischen Rausch, gleich Nägel mit Köpfen macht und Paulsons Rettungspaket ohne Verzögerung durchbringt.

Stattdessen hat der Kongress den Gesetzesbeschluss verzögert, was zu verstärkter Panik an den Märkten führte - noch bevor die Tat an sich begangen wurde. Aber als sie es schließlich machten, hatten sie die Unverfrorenheit, eine für sie bestimmte "Provision" in Höhe von 100 Milliarden $ einzufordern, also ein Anhang von 15% des Gesamtpakets der der "politischen Anhängerschaft" ("pork barrels") zu Gute kommen soll. Diese Extras werden ganz einfach auf die Rechnung aufgeschlagen, die vom amerikanischen Steuerzahler beglichen wird. So viel zum letzten Stand der Mittelvergabe (ear-marks), die dem Kongress zu besonderen Zwecken vorbehalten ist.

Dieser letzte Vorfall kann als Höhepunkt einer ganzen Generation von Missmanagement im Kongress angesehen werden.

Innerhalb der letzten 30 Jahre hat der Kongress die amerikanische Wirtschaft unaufhaltsam vom Weg der Produktion und Ersparnisse abgebracht - und hin zu einem unverantwortlichen Konsumverhalten und zur Schuldenaufnahme. Als Folge der von Kongress geschaffenen Anreize ist eine Wirtschaft entstanden, in der persönlicher Konsum jetzt schon 72% des BIP ausmacht.

Der Kongress hat fürchterlich versagt in Hinblick auf seine Verantwortung, die die Kontrolle der US-Notenbank und des Finanzministeriums einschließt und auch jene zwei Institutionen, die die Subprime-Krise hervorbrachten. Und es war in der Tat der von Clinton angeführte Kongress, der Fannie Mae und Freddie Mac ermutigte, die Vergabe von Hypothekenkrediten auf das Segment der wenig und mittelmäßig viel Verdienenden auszuweiten.

Kreditvergabe an Konsumenten mit bescheidenen Mitteln und begrenzter Bonität war der Grundstein der Regierungsbemühungen, die darauf abzielte, die Wählerschaft durch Immobilien- und Grundstücksvermögen zu bereichern. Diese fehlgeleitete Kreditvergabe ist die Wurzel des aktuellen, vom Immobiliensektor angeführten Finanzfiaskos.

Die Zustimmung des Kongresses zu Paulsons Stabilisierungsnotgesetz verbessert, zumindest vorrübergehend, die Liquidität und die Solvenz der Wall Street, sie beruhigt die Kreditmärkte, die so lebenswichtig sind für die Amerikaner und das Weltwirtschaftswachstum.

Aber was ist mit den amerikanischen Eigenheimbesitzern und Verbrauchern? Nach Angaben des Yale-Professors Robert Schiller haben die Zwangsvollstreckungen derzeit die rasende Zahl von 10.000 pro Tag erreicht! Zusammengenommen lässt sich das Ausmaß der Anspannung unter jenen, die davon betroffen sind, kaum vorstellen.

Unabhängig von Paulsons Plan führt Amerika die Weltwirtschaft auf den Weg in eine tiefe Rezession, sogar Depression. Regierungen auf der ganzen Welt unternehmen jetzt global koordinierte Anstrengungen, um zunehmend große Mengen des billigen "Monopoly-Geldes" herausgeben zu können, womit ein politisch kostspieliger Abschwung aufgehalten werden soll. Und dann? Was passiert mit dem Wert des Geldes? Was ist mit Gold?

Das aktuelle, vom Immobiliensektor angeführte Finanzfiasko gründete sich massiv auf US-Dollar-Liquidität. Fremdfinanziert über beide Ohren suchten jene, die US-Dollars hielten, in jeder Ecke, ob sie nicht noch eine US-Dollar-Anlage finden könnten, welche hohe Erträge versprach. Auf dieser Suche wurde das Risiko zu einem untergeordneten Problem.

Die schmerzlichen Folgen, die mit einem massiven Zurückfahren der Fremdfinanzierung von Investitionen einhergehen und die sich als weitaus risikoreicher herausgestellt haben, als man sich das bisher vorstellen konnte, sind zu stark, als dass sich die Politiker ihrer annehmen könnten. Anstatt nun eine natürliche Korrektur der Wirtschaft zuzulassen, autorisieren die Regierungen ihre Zentralbanken, die Welt mit noch mehr Liquidität zu fluten. In der Zwischenzeit wird die Inflation tot geredet, um einen sicheren Spielraum für niedrigere Zinssätze zu haben. Es ist so, als würde man ein Feuer mit Benzin löschen!

Wir können gerade beobachten, wie das Vertrauen in Finanzinstitutionen kollabiert. Früher oder später werden wir eine massive Inflationswelle sehen und einen ähnlichen Vertrauenseinbruch in Hinblick auf Papierwährungen. Dann wird Gold, das ultimative Geld, seinen großen Auftritt haben.

Zurzeit wird Gold von zwei Seiten hin- und hergerissen. Erstens übt die Gefahr einer Rezession, und sogar einer Depression, großen Abwärtsdruck aus. Aber gleichzeitig wird es von der Angst vor einer Finanzschmelze nach oben getrieben. Folglich tritt Gold quasi auf der Stelle, zeigt aber einen leichten Aufwärtstrend.

Wahrscheinlich werden die Gewaltaktionen, die diese Woche von der Notenbank, dem Finanzministerium und den Zentralbanken der Welt unternommen wurden, dazu führen, dass die aktuelle Panik abnimmt. Gleichzeitig wird es, da sich die Rezession verschärft, eine zunehmende Nachfrage nach Cash geben. Zusammen mit den meisten Rohstoffen könnte Gold zeitweise eine Preiserosion erleben, die den Preis schlimmstenfalls auf bis zu 600 $ pro Unze fallen lässt.

Die Inflation und die anhaltende Auflösung des Vertrauens in Papierwährungen wird Gold in die relativ neue aber historische Rolle des ultimativen Geldes treiben. In den ausgeklügelten Wirtschaftssystemen ist dies seit den 1930er Jahren nicht mehr passiert. Wenn es schließlich dazu kommt, können sie von einer Preisexplosion ausgehen.

Konservative Investoren sollten Kernbestände aus Staatsanleihen in harten Währungen und Gold aufrechterhalten. Auch sollten sie weiterhin ihre Goldbestände aufstocken, wenn es zu rezessionsbedingten Preisrückgängen kommt, und - mit einem gewissen Gefühl des Trostes - auf den endgültigen Kollaps der Papierwährungen warten.


© John Browne, Senior Market Strategist
www.europac.net

Der Artikel wurde am 08.10.08 auf www.savehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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