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Obama, die Sparquote und Keynes

07.11.2008  |  Klaus Singer
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Abebbende Wohlstandseffekte und steigende Arbeitslosigkeit dürften das Sparen weiter forcieren. Dem könnte die Fed unter normalen Umständen gut begegnen, indem sie die Zinsen senkt. Da sie aber schon zuvor auf die Finanzkrise reagiert hat, ist sie mittlerweile bei einem Leitzins von einem Prozent angekommen. Damit erscheint die Geldpolitik jetzt mehr oder weniger unfähig, einer Konsum-induzierten Rezession noch etwas entgegenzusetzen. Das zeigt sich auch daran, dass die Zinsen für Hypotheken und Unternehmenskredite im Jahresverlauf sogar noch gestiegen sind - die Kreditklemme wirkt.

Zuletzt hatten die Konsumausgaben 1991 etwas nachgegeben, so stark wie aktuell gingen sie 1980 zurück - in einer Rezession mit starker Inflation. Damals sparten die Amerikaner noch rund 10 Prozent ihres Einkommens. Zuletzt lag die Sparquote jedoch permanent unter 2 Prozent, teilweise war sie sogar negativ. Gleichzeitig ist die Verschuldung der Verbraucher auf 98 Prozent des BIP gestiegen - das ist doppelt so hoch wie in den 1980ern.

Fazit: Die amerikanischen Verbraucher haben in ihrer Gesamtheit völlig überzogen - längst bevor Banken Hypotheken und andere Kredite fällig stellten. Und das trägt zum besonderen Ernst der Lage bei.

Der diesjährige Wirtschafts-Nobel-Preisträger Krugman fordert im Verein mit vielen anderen ein staatliches Anreizprogramm. Das sollte nicht, wie im zweiten Quartal, in der Form von Steuerschecks direkt an die Verbraucher gehen, weil diese Mittel wahrscheinlich nicht ausgegeben, sondern gespart würden. Stattdessen sollte es ganz im Sinne von Keynes über staatliche Investitionen Nachfrage schaffen.

Keynesianische Konjunkturprogramme haben wesentliche Schönheitsfehler: Staatsapparate sind zwar effizient beim Eintreiben von Steuern, wenn dieses Geld aber sinnvoll ausgegeben werden soll, werden 30 Prozent und mehr verschwendet. Das geschieht einerseits direkt durch eine ineffiziente Bürokratie, andererseits durch eine Fehlsteuerung von Investitionen. Durch staatliche Investitionsprogramme ergibt sich zunächst eine Ausweitung des BIP, aber auf längere Sicht handelt es dabei eher um Effekte eines nicht nachhaltigen staatlichen Verbrauchs. Die Produktivitätswirkung solcher Programme bleibt gering. Zudem führen sie zu einer suboptimalen Allokation von Produktionsmitteln.

Aber nicht nur das: Solche Programme führen gewöhnlich zu einer zeitweiligen Aufwertung der Währung des betreffenden Landes. Das begünstigt im Warenverkehr Importe, erschwert Exporte. Damit profitieren zu einem großen Teil die internationalen Wirtschaftspartner, der stimulierende Effekt auf die nationale Wirtschaft hingegen wird durch die Währungseffekte geschwächt, sprich, es werden auch hierdurch Mittel verschwendet.

Damit sind Keynesianische Subventionsprogramme in Ländern mit einem starken Außenhandelsdefizit (wie die USA) besonders kritisch zu sehen. Da müssten dann schon die Handelspartner ähnliche, bzw. sogar umfangreichere Programme auflegen. Oder man greift zu protektionistischen Mitteln, was bei Obama
zeitweilig anklingt.

Ob solche Programme prinzipiell geeignet sind, eine Rezession abzukürzen, muss bezweifelt werden. Zwar kann es kurzlebige Effekte geben, die das so scheinen lassen, aber besonders die Gefahr der Fehlallokation von Mitteln ist so groß wie die Tragweite dieser Fehlsteuerung. Mit solchen Programmen setzt sich nur das fort, was mit den Rettungspaketen für die Finanzindustrie eingeleitet wurde - der zunehmende direkte staatliche Einfluss auf die Wirtschaft. Staatskapitalismus hatten wir schon, jenseits eines Vorhangs, der mal der "Eiserne" hieß. Er hat sich nicht bewährt.

Immer mehr Beobachter treffen die Feststellung, dass die Geldpolitik aktuell nicht mehr weiter hilft. Damit hat sich (vorerst) auch die immer wieder fälschlicherweise Bernanke zugeschriebene Helikopter-Analogie
erledigt. Der Monetarist Milton Friedman hatte in den 1970ern plakativ behauptet, einer Deflation könne man notfalls dadurch begegnen, dass man Dollars aus Hubschraubern abwirft. Entscheidend ist eben nicht die Geldmenge an sich, entscheidend ist, wo die Mittel sind und wozu sie verwendet werden.

Zu den Märkten: Nachdem die Aktienkurse im Vorfeld der US-Wahl noch angestiegen waren, wurden schon am Tag danach Gewinne mitgenommen. Das liegt nicht daran, dass Wall-Street Obama und die Demokraten nicht leiden kann. In MarketWatch wird statistisch belegt, dass Wall-Street auch in den vielen Monaten vor diesem Termin Obama per Saldo indifferent gegenüber stand. Politische Änderungen haben eben weniger Einfluss auf die Finanzmärkte, als allgemein gedacht.

Ursache für die Gewinnmitnahmen ist "buy the rumors, sell the news", gepaart mit der Notwenigkeit, sich jetzt wieder auf die "grausame" Wirklichkeit zu konzentrieren. Und die aktuellen Makrodaten sind allesamt grottenschlecht, jetzt steht auch der NMI-Index des Dienstleistungssektors auf Rezessionsniveau. Da wundert es nicht, wenn die Akteure vor den Arbeitsmarktdaten am Freitag erst einmal wieder in Deckung gehen.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de





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