Gold bald wieder unter 500 US-Dollar?
13.11.2008 | Marc Nitzsche
Relativ ruhig wurde es zuletzt im Lager der "Gold-Bullen". Nachdem das "gelbe Metall" im Zuge der eskalierenden Finanzkrise kurzzeitig von 750 auf 900 US-Dollar ansteigen konnte, bewegen sich die Notierungen aktuell nur noch knapp über der 700-US-Dollar-Marke. Und unserer Ansicht nach ist hier das "letzte Wort" noch längst nicht gesprochen. Auf längere Sicht können wir uns durchaus Kurse im Bereich von 500 US-Dollar oder sogar darunter problemlos vorstellen.
Minen-Förderung hat Zenit überschritten
Und das, obwohl einiges darauf hindeutet, dass die weltweite Minen-Förderung ihren Zenit bereits überschritten hat. Trotz der deutlichen Kursanstiege in den letzten Jahren konnte der Output nicht gesteigert werden. Unterm Strich ging er sogar leicht zurück. Für das laufende Jahr rechnen die Experten der GFMS Ltd. Mit einem Minus von 2,3 Prozent auf 2.422 Tonnen. Das wäre der niedrigste Wert seit 1996. Hintergrund ist die sinkende Minen-Produktion in traditionellen Gold-Staaten wie Südafrika oder Nordamerika. Auch wenn es dort noch beachtliche Vorkommen gibt, lagern diese zumeist in so großer Tiefe, dass sie bei den gegenwärtigen Notierungen nicht rentabel abgebaut werden können. Die erdnahen Reserven wurden bereits während der Baisse-Phase zwischen 1980 und 2001 zum Großteil ausgebeutet. Im Gegenzug gibt es Länder wie China, die ihren Output in den letzten Jahren erkennbar steigern konnten. Unterm Strich genügt das aber nicht für eine vollständige Kompensation, so dass auch in Zukunft von einer bestenfalls stagnierenden Gold-Förderung ausgegangen werden muss.
Zentralbanken als "Zünglein an der Waage"
Dennoch stehen echte Versorgungsengpässe nicht zu befürchten. In den Tresoren der Zentralbanken lagern noch gewaltige Mengen des begehrten Metalls. Zuletzt übten die Verantwortlichen eine vergleichsweise hohe Disziplin, was Verkäufe angeht. Dies jedoch könnte sich bei einem weiteren Preisverfall durchaus ändern. Die Möglichkeit zunehmender Gold-Verkäufe durch die Zentralbanken schwebt daher einem Damoklesschwert gleich über dem Markt und sollte dieses herabfallen, dürfte es mit den Notierungen sehr schnell eine oder zwei „Etagen“ tiefer gehen.
Nachfrage unter Druck
Erschwerend kommt hinzu, dass es auf der Nachfrageseite alles andere als "bullisch" aussieht. Laut dem World Gold Council schrumpfe der Bedarf im zweiten Quartal des laufenden Jahres um sage und schreibe 19 Prozent auf 736 Tonnen. Am deutlichsten fiel der Rückgang mit minus 24 Prozent seitens der Schmuck-Industrie aus, was in erster Linie den zum Teil wahrlich Schwindel erregenden Preisen geschuldet gewesen sein dürfte. Zugegeben: Zu den derzeitigen Notierungen ist wieder zum Zuwächsen zu rechnen. Allerdings darf man nicht verkennen, dass die Menschen in rezessiven Wirtschaftsphasen ihr Geld sicherlich für wichtigere Dinge als Gold benötigen werden. Das gilt insbesondere für Länder wie Indien oder einige arabische Staaten, in denen Gold traditionell einen sehr hohen Stellenwert besitzt.
Getrieben wurde die Nachfrage bislang vor allem durch Käufe zu Anlagezwecken. Hier erwaten wir signifikante Rückgänge. Da Gold keine laufende Verzinsung aufweist und – zumindest in physischer Form – nicht unerheblich Lagerkosten verursacht, sind Investoren allein auf Kurs-Zuwächse angewiesen. Und genau damit sah es in den zurückliegenden Wochen und Monaten nicht gut aus. Zudem steht zu befürchten, dass angeschlagene Hedgefonds und andere "Finanz-Player" sich zwangsweise von Long-Positionen trennen müssen. Alles in allem gehen wir für die nähere Zukunft von einer weiteren Verringerung der Nachfrage nach dem "Metall der Könige" aus.
Stärkerer US-Dollar zu erwarten
Ein Problem für die Rohstoff-Märkte im Allgemeinen und Gold im Besonderen stellte der zuletzt wieder erstarkte US-Dollar dar. Auch wenn viele Anleger über diese Entwicklung angesichts der aggressiven Zinssenkungen durch die FED und des immer weiter ausufernden Zwillingsdefizits nur ungläubig den Kopf schütteln, gibt es durchaus Gründe, die für eine "Renaissance" des "Greenbacks" sprechen. Zum einen ist der wirtschaftliche Abschwung in den Vereinigten Staaten bereits weiter fortgeschritten als in Europa und statistisch kann die US-Valuta bis zur Mitte des ersten Amtsjahres eines neuen Präsidenten überdurchschnittlich häufig zulegen. Uns würde es daher nicht wundern, wenn sich das Währungspaar US-Dollar/Euro in 2009 langsam aber sicher der Parität annähert. Für den Goldpreis bedeutet das nichts Gutes.
Preisverfall dürfte weitergehen
Alles in allem überwiegen am Goldmarkt zur Stunde trotz der schwachen Minen-Produktion die negativen Faktoren. Aus fundamentaler Sicht sollte der Preisverfall also erst einmal weitergehend. Wir wollen in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen darauf hinzuweisen, dass sich die für gewöhnlich starke zweite Jahreshälfte in Bälde ihrem Ende nähert. Auch unter saisonalen Aspekten ist Gold derzeit ganz sicher kein Long-Kandidat.
Tendenziell "bärische" Charttechnik
Auch technisch deutet fast alles auf leichtere Notierungen hin. Der seit März vorherrschende Abwärtstrend ist unverändert intakt. Die jüngste Erholung stellt unserer Auffassung nach lediglich eine Korrektur der zuvor klar überverkauften Situation dar. Von daher darf man das Kaufsignal des MACD auch nicht überbewerten, zumal die dynamischer Stochastik bereits wieder auf "verkaufen" gedreht hat und auch der RSI sich im "bärischen" Bereich bewegt. Da auch die 18-Tage-Linie nicht zurückerobert werden konnte, ist nicht auszuschließen, dass technisch orientierte Trader vermehrt "Material" in den Markt geben. Richtig eng wird es unterhalb des Supports bei 720 US-Dollar. Fällt diese Marke, womit wir in Bälde rechnen, können Short-Positionen in Betracht gezogen werden.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de
Minen-Förderung hat Zenit überschritten
Und das, obwohl einiges darauf hindeutet, dass die weltweite Minen-Förderung ihren Zenit bereits überschritten hat. Trotz der deutlichen Kursanstiege in den letzten Jahren konnte der Output nicht gesteigert werden. Unterm Strich ging er sogar leicht zurück. Für das laufende Jahr rechnen die Experten der GFMS Ltd. Mit einem Minus von 2,3 Prozent auf 2.422 Tonnen. Das wäre der niedrigste Wert seit 1996. Hintergrund ist die sinkende Minen-Produktion in traditionellen Gold-Staaten wie Südafrika oder Nordamerika. Auch wenn es dort noch beachtliche Vorkommen gibt, lagern diese zumeist in so großer Tiefe, dass sie bei den gegenwärtigen Notierungen nicht rentabel abgebaut werden können. Die erdnahen Reserven wurden bereits während der Baisse-Phase zwischen 1980 und 2001 zum Großteil ausgebeutet. Im Gegenzug gibt es Länder wie China, die ihren Output in den letzten Jahren erkennbar steigern konnten. Unterm Strich genügt das aber nicht für eine vollständige Kompensation, so dass auch in Zukunft von einer bestenfalls stagnierenden Gold-Förderung ausgegangen werden muss.
Zentralbanken als "Zünglein an der Waage"
Dennoch stehen echte Versorgungsengpässe nicht zu befürchten. In den Tresoren der Zentralbanken lagern noch gewaltige Mengen des begehrten Metalls. Zuletzt übten die Verantwortlichen eine vergleichsweise hohe Disziplin, was Verkäufe angeht. Dies jedoch könnte sich bei einem weiteren Preisverfall durchaus ändern. Die Möglichkeit zunehmender Gold-Verkäufe durch die Zentralbanken schwebt daher einem Damoklesschwert gleich über dem Markt und sollte dieses herabfallen, dürfte es mit den Notierungen sehr schnell eine oder zwei „Etagen“ tiefer gehen.
Nachfrage unter Druck
Erschwerend kommt hinzu, dass es auf der Nachfrageseite alles andere als "bullisch" aussieht. Laut dem World Gold Council schrumpfe der Bedarf im zweiten Quartal des laufenden Jahres um sage und schreibe 19 Prozent auf 736 Tonnen. Am deutlichsten fiel der Rückgang mit minus 24 Prozent seitens der Schmuck-Industrie aus, was in erster Linie den zum Teil wahrlich Schwindel erregenden Preisen geschuldet gewesen sein dürfte. Zugegeben: Zu den derzeitigen Notierungen ist wieder zum Zuwächsen zu rechnen. Allerdings darf man nicht verkennen, dass die Menschen in rezessiven Wirtschaftsphasen ihr Geld sicherlich für wichtigere Dinge als Gold benötigen werden. Das gilt insbesondere für Länder wie Indien oder einige arabische Staaten, in denen Gold traditionell einen sehr hohen Stellenwert besitzt.
Getrieben wurde die Nachfrage bislang vor allem durch Käufe zu Anlagezwecken. Hier erwaten wir signifikante Rückgänge. Da Gold keine laufende Verzinsung aufweist und – zumindest in physischer Form – nicht unerheblich Lagerkosten verursacht, sind Investoren allein auf Kurs-Zuwächse angewiesen. Und genau damit sah es in den zurückliegenden Wochen und Monaten nicht gut aus. Zudem steht zu befürchten, dass angeschlagene Hedgefonds und andere "Finanz-Player" sich zwangsweise von Long-Positionen trennen müssen. Alles in allem gehen wir für die nähere Zukunft von einer weiteren Verringerung der Nachfrage nach dem "Metall der Könige" aus.
Stärkerer US-Dollar zu erwarten
Ein Problem für die Rohstoff-Märkte im Allgemeinen und Gold im Besonderen stellte der zuletzt wieder erstarkte US-Dollar dar. Auch wenn viele Anleger über diese Entwicklung angesichts der aggressiven Zinssenkungen durch die FED und des immer weiter ausufernden Zwillingsdefizits nur ungläubig den Kopf schütteln, gibt es durchaus Gründe, die für eine "Renaissance" des "Greenbacks" sprechen. Zum einen ist der wirtschaftliche Abschwung in den Vereinigten Staaten bereits weiter fortgeschritten als in Europa und statistisch kann die US-Valuta bis zur Mitte des ersten Amtsjahres eines neuen Präsidenten überdurchschnittlich häufig zulegen. Uns würde es daher nicht wundern, wenn sich das Währungspaar US-Dollar/Euro in 2009 langsam aber sicher der Parität annähert. Für den Goldpreis bedeutet das nichts Gutes.
Preisverfall dürfte weitergehen
Alles in allem überwiegen am Goldmarkt zur Stunde trotz der schwachen Minen-Produktion die negativen Faktoren. Aus fundamentaler Sicht sollte der Preisverfall also erst einmal weitergehend. Wir wollen in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen darauf hinzuweisen, dass sich die für gewöhnlich starke zweite Jahreshälfte in Bälde ihrem Ende nähert. Auch unter saisonalen Aspekten ist Gold derzeit ganz sicher kein Long-Kandidat.
Tendenziell "bärische" Charttechnik
Auch technisch deutet fast alles auf leichtere Notierungen hin. Der seit März vorherrschende Abwärtstrend ist unverändert intakt. Die jüngste Erholung stellt unserer Auffassung nach lediglich eine Korrektur der zuvor klar überverkauften Situation dar. Von daher darf man das Kaufsignal des MACD auch nicht überbewerten, zumal die dynamischer Stochastik bereits wieder auf "verkaufen" gedreht hat und auch der RSI sich im "bärischen" Bereich bewegt. Da auch die 18-Tage-Linie nicht zurückerobert werden konnte, ist nicht auszuschließen, dass technisch orientierte Trader vermehrt "Material" in den Markt geben. Richtig eng wird es unterhalb des Supports bei 720 US-Dollar. Fällt diese Marke, womit wir in Bälde rechnen, können Short-Positionen in Betracht gezogen werden.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de