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Beeinflussen Futures die Spotpreise an den Warenmärkten?

24.11.2008  |  Dimitri Speck
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Es gibt allerdings noch einen zweiten, einen "weicheren" Wirkmechanismus zwischen Futures- und Kassamarkt. Dieser liegt in der Psyche der Marktteilnehmer begründet. Schließlich dient der Futuresmarkt auch den Teilnehmern am Spotmarkt als Orientierung. Deshalb kann es auch ohne Änderungen bei Angebot und Verbrauch im Spotmarkt etwa zu Preisanstiegen kommen, wenn die Futures steigen. Chart 2 zeigt einen solchen Fall. Baumwolle stieg Mitte Februar, auch im Spotmarkt. Dies geschah nur, weil Gelder in die Futures flossen. Allerdings ist auch deutlich sichtbar, daß das höhere Preisniveau keinen Bestand hatte. Bereits bis Mitte März waren die höheren Kurse wieder vorbei. Der Einfluß war also mit etwa vier Wochen Dauer nur temporär.

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**Chart 2


Der Einfluß der Futures auf den Spotmarkt kann bei Verbrauchswaren auch nur temporärer Natur sein. Anders verhält es sich aber bei Waren, insbesondere bei Gold, die auch als Investment physisch gehalten werden. Hier kann der Einfluß insofern von dauerhafter Natur sein, als beispielsweise ein potentieller Investor durch einen Kursrückgang am Futuresmarkt von einem Goldkauf endgültig abgehalten wird. Seine Entscheidung kann beständig sein, die Wirkung des Futures auf den Spotmarkt damit auch. Bei Verbrauchsgütern hingegen kann es Mengenänderungen oder Substitutionen geben, ein völliger Verzicht scheidet bei den meisten Verbrauchern aus, da Anlageüberlegungen keine Role spielen.

Diese Besonderheit des Goldes, die sich darin äußert, daß ein Vielfaches des Jahresverbrauchs in Tresoren lagert, ist für die Goldpreismanipulation von Bedeutung. Seit dem 5. August 1993 gehen Zentralbanken gegen einen Anstieg des Goldpreises vor. Sie wollen die Inflationserwartung dämpfen, die Kapitalmarktzinsen niedrig halten, und den Finanzmärkten Stabilität signalisieren. Deswegen soll Gold nicht, zumindest nicht zu schnell, und vor allem nicht während Finanzmarktkrisen steigen (s. dazu die Artikel in den Vorjahresheften oder unter Goldseiten.de).

Obwohl bei Gold eine Ausnahme von der Regel vorliegt und die Terminmarktpreise in Einzelfällen endgültig auf den Spotmarkt wirken können, ist für die dauerhafte Golddrückung auch physisches Gold nötig. Die Zentralbanken stellen das nicht nur durch Verkäufe, sondern auch durch Verleihungen zur Verfügung. Diese Verleihungen führen dem Spotmarkt Gold hinzu, wobei die meisten Zentralbanken die Menge des verliehenen Goldes nicht publizieren. In der Praxis sind es wohl nicht die Zentralbanken selbst, sondern die "Bullionbanken" (die Leiher des Goldes), die versuchen, über Futures den Preis zu beeinflussen (schließlich sind sie Gold schuldig und an einem niedrigen Preis interessiert). Bei der Goldpreisdrückung spielen somit Futures- und Spotmärkte eine bedeutende Rolle.

Insgesamt können Futurespreise die Spotmärkte beeinflussen, allerdings nur temporär. Am stärksten ist der Einfluß bei Gold, aber auch bei Gold ist für eine dauerhafte Beeinflussung des Spotpreises eine Änderung auf der physischen Seite vonnöten. Für den Anstieg der Commoditypreise bis in die erste Jahreshälfte dieses jahres hinein gibt es andere Gründe. An vorderster Stelle sind hierbei die jahrelang geringe Explorationstätigkeit und das gleichzeitig hohe Geldmengenwachstum zu nennen. Hinzu kommen das weltweite Wirtschaftswachstum und politische Einflüsse wie die Opec. Außerdem gibt es bei einigen Warenmärkten die Besonderheit, daß Besitzer von Lagerstätten ein reduziertes Verkaufsinteresse bei stark gestiegenen Preisen haben ("Hotelling-Regel"). Zusammen mit der Eigenart von Preisbewegungen, in Trends und Wellen zu laufen und auch mal deutlich zu übertreiben, erklären solche Faktoren die haussierenden Marktbewegungen der vergangenen Jahre. Die Futuresmärkte sind für sie nicht maßgeblich.
Dimitri Speck


© Dimitri Speck
www.SeasonalCharts.de

Der Artikel stammt aus dem aktuellen Begleitmagazin zur "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München. Die 198-seitige DIN-A4 Broschüre mit u.a. rund 40 weiteren Fachbeiträgen ist portofrei für 14,90 Euro bei uns erhältlich. Zum Bestellformular.



Dimitri Speck entwickelt für den Assetmanager Staedel Hanseatic Handelsstrategien für institutionelle Anleger. Einen Themenschwerpunkt seiner Arbeit bilden Marktanomalien, Gold und Rohstoffe. Er konzipierte den von der Deutschen Börse veröffentlichten StayC Commodity Index. Als Herausgeber der Website www.SeasonalCharts.de bietet er zudem allen Interessierten kostenfrei Zugang zu saisonalen Charts.



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