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Inflation, Deflation - und was der steigende Goldpreis uns verrät

23.11.2008  |  Manfred Gburek
Wie Sie aufgrund meiner Kommentare aus den vergangenen Wochen sicher nicht anders erwartet haben, sind die Edelmetalle und die zugehörigen Aktien am Freitagabend europäischer Zeit in einen fulminanten Spurt nach oben übergegangen. Dabei wird es in den kommenden Wochen und Monaten, wenngleich mit zwischenzeitlichen Unterbrechungen, bleiben. Also lautet die Devise für alle, die noch über liquide Mittel verfügen: kaufen, kaufen, kaufen! Vor allem dann, wenn vorübergehende Rückschläge kommen. Das ist, zugegeben, nichts für schwache Nerven, aber aus Anlegersicht die einzig gescheite Reaktion auf die jetzige Finanzkrise.

An die vergangene Woche werden Banker sich noch jahrelang mit Schaudern erinnern. Ich muss zugeben, auch ich, obwohl aus anderen Gründen. "Euro Finance Week", so hieß in hochgestochenem Englisch das Frankfurter Treffen der Banker, bei dem Finanzaufseher und Regierungsbeamte ihnen reihenweise die Leviten lasen. Das grenzte, aus Sicht der Glaspalasthüter betrachtet, schon an Folter. Und aus Sicht der Aufseher? Ein von hohlen Phrasen durchsetzter Scheinerfolg, übertönt durch ganz und gar nicht angebrachtes Triumphgeheul. Ich könnte mich schütteln. Da half auch nicht, dass Bundespräsident Köhler am Freitag versöhnlichere Töne anschlug - schließlich dominierte in seiner Rede ebenfalls die Kritik.

Ein weiterer Anlass zum Schütteln: Da beschließen Politiker in Berlin mal eben 18,5 Mrd. Euro Neuverschuldung, das sind 8 Mrd. mehr als ursprünglich geplant. Und was machen in derselben Zeit die Bundesanleihen? Sie haussieren, als gäbe es bald keine mehr. Anleger fliehen also massenweise in den vermeintlich sicheren staatlichen Hafen und nehmen dafür noch in Kauf, mit gerade mal 3,4% Rendite für zehnjährige Anleihen abgespeist zu werden. Das heißt, sie bejubeln eine Schuldenorgie und sind sogar bereit, dafür mit nur 3,4% Verzinsung (nominal, nicht real) Opfer zu bringen.

Worin besteht dieses Opfer? Zunächst darin, dass die 3,4% nominal unter Berücksichtigung der Inflationsrate auf real Nullkomma bis Einskomma irgendwas zusammenschmelzen, abhängig vom Waren- und Dienstleistungskorb, den man der Inflationsrate zugrunde legt. Die entscheidende Frage ist nun, worin das Opfer in Zukunft bestehen könnte. Auf jeden Fall darin, dass - je nach Inflationserwartung - aus nominal 3,4% im Lauf der kommenden zehn Jahre 4%, 5%, 6% oder noch mehr werden könnten. Im Zuge einer solchen Entwicklung dürften die Kurse der Bundesanleihen (anderer Anleihen natürlich auch) erst einmal in den Keller gehen.

Nun fragen Sie sich bestimmt, was es mit der Inflationserwartung auf sich hat, da doch alle Welt das Schreckgespenst der Deflation vorgeführt bekommt, was nach dem drastischen Preisrückgang beim Erdöl, bei Industrie- und Agrarrohstoffen, aber auch bei Milch, Obst und Gemüse irgendwie logisch erscheint (aber unlogisch ist, weil wir es insgesamt nicht mit Deflation, sondern erst mit rückläufigen Inflationsraten zu tun haben). Die naheliegende Antwort lautet zunächst, dass offizielle Stellen (die meisten Regierungen, aber auch die EU und sogar die US-Notenbank Fed) über die Medien gern Deflationsangst verbreiten, um ihre Programme zur Belebung der Konjunktur (bis zur Rettung von General Motors, Ford, Opel usw. mitsamt Zulieferern) zu rechtfertigen.

Es gibt indes noch einen konkreteren Grund, die in den kommenden Jahren drohende Inflation nicht einfach zur Seite zu schieben. Beispielsweise beziffert der Bremer Landesbank-Chefanalyst Hellmeyer das weltweite Konjunkturpaket allein für die nächsten zwei Jahre mit 1,5 bis 2 Billionen Dollar, entsprechend 2,7% bis 3,6% der Weltwirtschaftsleistung. Hellmeyer resümiert: "Dieser Aspekt erscheint derzeit von einigen Marktteilnehmern an diversen Finanzmärkten vollständig ausgeblendet zu werden." Man ignoriert also heute weitgehend die Möglichkeit, dass die Konjunktur morgen - und sei es als Strohfeuer - anspringt. Gegen eine solche Ignoranz sprechen alle Aussagen von höchsten Regierungsstellen, und zwar weltweit.

Aus diesen Überlegungen folgt: 1. Die Konjunkturprogramme werden schon 2009 greifen. 2. Nach dem Ende der Anleihenhausse Anfang 2009 dürfte es zu einer kräftigen (aber nur wenige Monate anhaltenden) Erholung der Aktienkurse kommen. 3. Die danach für kurze Zeit wieder bessere Konjunktur wird die Deflationsängste in Inflationserwartungen und schließlich in Inflation umschlagen lassen, zumal die Märkte ja schon seit Monaten mit Liquidität geflutet werden. 4. Dann werden alle Preisdämme brechen und auch mit noch so harten Gegenmaßnahmen (später Entzug von Liquidität, Zinserhöhungen u.a.) den Inflationsprozess nicht stoppen können. 5. Ein wichtiger Indikator für die kommende Inflation wird der wieder steigende Goldpreis sein. Wie es aussieht (s. einleitende Bemerkungen), hat diese Phase gerade begonnen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist am 7.+8.11.2008 Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).




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