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Die weltweiten Goldreserven reichen noch für 6 oder 7 Jahre

01.08.2003  |  Ralf Flierl
Smart Investor im Gespräch mit Dr. Thomas Utter, Professor für Wirtschafts-Geologie an der TU Darmstadt und CEO der kanadischen Goldminen-Gesellschaft Zaruma Resources Inc., über die Besonderheiten der verschiedenen Goldabbau-Regionen, die Rolle der Notenbanken bei der Goldpreisfindung und Regeln, die man als Gold-Investor beachten sollte.


Smart Investor: Herr Utter, das Gros der im Goldsektor tätigen Menschen sind Amerikaner, Australier oder Südafrikaner. Wie kamen Sie als Deutscher in dieses Business?

Utter: Nach meinem Studium der Geologie in Frankfurt vor mehr als 25 Jahren bot sich mir die Möglichkeit, in Südafrika im Goldbergbau tätig zu werden, bei der Chambers of Mines of South Africa, wo ich in der Bergbau-Technologie-Abteilung tätig war. Seitdem habe ich das Metier nicht mehr gewechselt.

Smart Investor: Sie waren ja auch schon in australischen und nordamerikanischen Minengesellschaften tätig, derzeit sind Sie Vorstand der kanadischen Explorationsgesellschaft Zaruma Resources, welche in Mittel- und Südamerika nach Gold sucht. Können Sie uns kurz die wesentlichen geologischen Unterschiede zwischen diesen Abbauregionen erläutern?

Utter: Südafrika ist mit etwa 500 Tonnen abgebautem Gold pro Jahr immer noch die Nummer eins in der Welt. Damit kommen etwa 20% der Welt-Goldproduktion vom Kap der Guten Hoffnung. Hierbei muß man jedoch bedenken, daß dieser Anteil früher bei über 80% lag. Fast ausnahmslos gibt es dort nur Tiefbergbau. Die Schächte dort gehen bis in eine Tiefe von 3,5 bis 4 Kilometer. Das in dieser Tiefe geförderte Erz ist sehr hart, enthält aber mit 6 bis 10 Gramm je Tonne verhältnismäßig viel Gold. Die Kosten der Goldförderung sind in Südafrika vor allem aufgrund des Tiefbergbaus vergleichsweise sehr hoch.

Smart Investor: Wie sieht es in Australien und Amerika aus?

Utter: Dort herrschen ganz andere Verhältnisse. In Australien wird das Gold überwiegend im Tagebau abgebaut. Da dies sehr kostengünstig ist, lohnt es sich für die Australier auch dort Minen zu errichten, wo der Goldgehalt vergleichsweise gering ist, durchschnittlich dürfte er weit unter 5 Gramm je Tonne liegen. Aufgrund der Kostengünstigkeit rentiert sich in Australien auch das Betreiben kleiner Minen, die es dort auch zuhauf gibt. Der zweitgrößte Goldproduzent der Welt sind mit einer Jahresproduktion von etwa 250 Tonnen die USA. Übrigens stammen über 90% der US-Goldproduktion aus einem einzigen Staat, nämlich Nevada. Großkonzerne wie Barrick oder Newmont bauen dort in der Regel sehr niedriggradige Erze ab, deren Goldgehalt unter 2, teilweise nur bei 1,5 Gramm je Tonne liegt. Dies ist nur deshalb möglich, weil dort Tagebau betrieben wird und weiterhin das extrem kostengünstige Haufenlaugungsverfahren angewandt wird. Dabei wird das Erz auf riesige Haufen geschmissen, welche eine Ausdehnung mehrerer Fußballfelder haben, und dort mit schwachen Lösungen gelaugt. In Südamerika wird aufgrund der sehr vielfältigen Geologie sowohl Tage- als auch Tiefbergbau betrieben.

Smart Investor: Bei Goldminen ist es ja nicht unüblich, daß die zukünftige Goldproduktion schon vorab zu einem fixen Preis verkauft wird, gemeint ist hier das sogenannte Hedging. Täuscht mein Eindruck, oder hedgen die amerikanischen Gesellschaften deutlich mehr als beispielsweise die südafrikanischen?

Utter: Ihr Eindruck täuscht Sie nicht, denn insbesondere nordamerikanische Goldminen hatten in der Vergangenheit einen starken Hang zum Hedging. Zu tun hat das meiner Meinung nach damit, daß diese Gesellschaften immer noch im Kopf haben, daß der Goldpreis in Dollar über viele, viele Jahre sank, wohingegen die Kosten der Förderung gleich blieben. Südafrikaner dagegen hedgen deutlich weniger, da sich alleine aus dem Rand/Dollar-Verhältnis immer ein gewisser Hedge ergab.

Smart Investor: Es kursieren immer wieder Gerüchte, daß Notenbanken oder sonst wer versucht, den Goldpreis nach unten zu manipulieren. Wie stehen Sie dazu?

Utter: Es ist kaum von der Hand zu weisen, daß es in der Vergangenheit Interessen von Seiten der Industrie gab, den Goldpreis in gewissen Bahnen zu halten. Und es ist auch kein Geheimnis, daß es zwischen den großen Minen-Häusern und der US-Administration gewisse Verbindungen gibt. Lange Zeit galt ja ein schwacher Goldpreis als Garant für einen starken Dollar, und insofern verwundert es nicht, daß man gemeinsam daran gearbeitet hat, das Gold unten zu halten. Inwiefern diese Manipulation illegal war, wie es die GATA (= Gold Anti-Trust Action Committee, eine Gesellschaft, die sich gegen Kursbeeinflussung des Goldpreises einsetzt, Anm. d. Redaktion) behauptet, sei dahingestellt, darüber sollten sich Juristen den Kopf zerbrechen. Aber um es einmal vorsichtig auszudrücken: Meiner Ansicht nach hat es in der Vergangenheit einige Entwicklungen gegeben, die unter freien marktwirtschaftlichen Bedingungen sicherlich anders verlaufen wären.

Smart Investor: Welche Rolle messen Sie den Notenbanken bei der Goldpreisfindung zu?

Utter: Eine sehr große. Bedenken Sie bitte, daß zwischen der natürlichen Gold-Nachfrage in Höhe von jährlich etwa 3.200 Tonnen und den ca. 2.500 Tonnen Gold, welche pro Jahr gefördert werden, eine riesige Lücke klafft, und diese wird zu großen Teilen aus den Beständen der Notenbanken aufgefüllt.

Smart Investor: Ironischerweise aber doch nicht von der US-Notenbank.

Utter: Richtig. Die Amerikaner haben erstaunlicherweise von allen Währungssystemen immer noch den höchsten prozentualen Anteil an physischem Gold.

Smart Investor: Muß der Goldpreis nicht zwangsläufig steigen, wenn den Notenbanken das Gold ausgeht?

Utter: Ja, aber den eigentlichen Grund für in naher Zukunft anziehende Goldnotierungen sehe ich woanders. So ist die Goldproduktion von 2001 auf 2002 um über 100 Tonnen gesunken, und dieser Trend hält schon seit Jahren an. Beim momentanen Goldpreis von ca. 350 US-$ je Unze reichen die Goldreserven, die wirtschaftlich abgebaut werden können, gerade mal noch für sechs oder sieben Jahre. Das physische Angebot an Gold wird – einen gleichbleibenden Preis unterstellt – also immer weniger.

Smart Investor: Sie behaupten also, daß das Goldangebot der Minen immer mehr zurückgehen wird?

Utter: Ja, schauen Sie, in den letzten 10 Jahren wurden etwa 2.500 Tonnen pro Jahr mal 10 Jahre, also etwa 25.000 Tonnen gefördert. Während dieser 10 Jahre wurden aber nur etwa 6.000 Tonnen an neuen Goldreserven entdeckt. Da muß man ja kein mathematisches Genie sein, um zu erkennen, daß die Reserven im Vergleich zur abgebauten Menge immer geringer werden. Und daß nur so wenig Gold entdeckt wurde, hängt nun einmal mit dem schwachen Preis der letzten Jahre zusammen.

Smart Investor: Warum sucht man dann nicht nach neuen Goldquellen?

Utter: Ganz einfach, weil der Preis zu wenig hoch ist und dadurch kaum Risiko-Kapital für neue Explorations-Vorhaben zur Verfügung stand. Und selbst wenn sich heute eine Gesellschaft auf die Suche nach neuen Reserven machen würde, so dauert es doch viele Jahre, bis es schließlich zur Förderung kommt.

Smart Investor: Nun sind Sie natürlich als ein Mann des Goldes nicht ganz unbefangen, aber trotzdem: Was würden Sie einem an Gold-Anlagen interessierten Investor empfehlen, wieviel Gold sollte er halten?

Utter: Meiner Meinung nach sollte man 25% seines Vermögens goldnah anlegen. Davon wiederum 25% sollten in physischem Gold angelegt werden, Münzen, Barren und ähnliches. Von den verbleibenden 75% sollten zwei Drittel in Blue Chips der Mining Industrie angelegt werden. Dabei sollte man auf die klassischen Fundamentalkennziffern achten, z.B. das Kurs/Gewinn-Verhältnis. Barrick beispielsweise, der größte Goldproduzent weltweit, ist mit einem KGV von 36 bereits sehr hoch bewertet. Auch auf die Reserven sollte man ein Auge werfen, denn diese besagen, wie lange eine Gesellschaft bei diesen Preisen noch produzieren kann. Wenn sich hier ein Zeitraum von fünf oder sechs Jahren ergibt, dann sind das schon gute Werte. Die verbleibenden 25% schließlich sollten auf mindestens fünf bis zehn Explorationstitel gestreut werden.

Smart Investor: Was halten Sie denn von unserem Musterdepot-Titel Durban Roodepoort?

Utter: Zu den Südafrikanern habe ich eine bißchen gespaltene Meinung. Die Gesellschaften werden vor allem hier in Zentraleuropa relativ positiv bewertet und meiner Meinung nach werden die großen Gesellschaften wie Durban oder Harmony auch ganz ordentlich geführt. Allerdings vernachlässigen die europäischen Anleger meines Erachtens zu sehr die kanadischen Gesellschaften, unter denen es doch auch ganz hervorragende gibt, ich denke da an Glamis, High River Gold, Bema Gold oder auch den Blue Chip Newmont. Bei den Südafrikanern habe ich immer das Kostenproblem vor Augen. Zusätzlich gibt es noch das Problem, was die Verfügbarkeit von Arbeitskräften angeht, nämlich AIDS. Inwieweit dies irgendwann Auswirkungen auf die Produktionsfähigkeit haben wird, wage ich nicht zu beurteilen, aber ganz wohl ist mir bei dem Gedanken nicht.

Smart Investor: Goldfachleute sprechen ja gerne von Junior oder Major Companies. Können Sie uns hier etwas Licht ins Dunkel bringen?

Utter: Wenn man von der Börse in Toronto ausgeht, welche weltführend für Goldbau-Kapitalgesellschaften ist, so gibt es eine Terminologie, die vier Unterteilungen kennt. Erstens die Junior-Firmen, die noch nicht produzieren. Bei einer Produktion bis zu 500.000 Unzen pro Jahr spricht man dann von produzierenden Junior-Firmen. Zwischen 500.000 und 1.000.000 Unzen nennt man die Gesellschaften medium-sized. Und ab 1.000.000 Unzen Jahresproduktion haben wir dann die Majors, z.B. eine Gold Fields oder Anglogold.

Smart Investor: Ende der 70er Jahre kam es am Goldmarkt zu einer Blase, die während der 80er Jahre platzte. Wie groß sehen Sie die Gefahr, daß sich das gleiche nochmals wiederholt?

Utter: Die Goldminen-Industrie hat in den 90er Jahren aufgrund all dieser damaligen Skandale wie z.B. gefälschte Explorationswerte und ähnliches einen regulativen Prozeß durchlaufen, der in erster Linie von Kanada ausging. Die Aufsichtsmaßnahmen und Richtlinien haben sich seither dramatisch verschärft, z.B. bezüglich der Angabe der Gold-Reserven. Die Goldindustrie hat übrigens den gleichen Prozeß durchgemacht wie hierzulande der Neue Markt, nur mit einem wesentlichen Unterschied: Die Goldminen-Industrie wurde reguliert und hat sich dementsprechend positiv verändert, während der Neue Markt einfach zugemacht wurde.

Smart Investor: Während dieses Gold-Hypes tummelten sich doch viele Gauner-Gesellschaften am Markt. Worauf sollte denn ein Anleger achten, um solchen Schwindlern nicht auf den Leim zu gehen?

Utter: Es gibt hier keine allgemeingültigen Regeln, aber eines scheint mir doch ein gutes Ausschlußkriterium zu sein: Wenn sich ein unbedarfter Anleger nicht innerhalb zehn Minuten im Internet über eine Gesellschaft zufriedenstellend informieren kann, dann sollte er die Finger davon lassen.

Smart Investor: Herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Interview: Ralf Flierl



Download: Die weltweiten Goldreserven reichen noch für 6 oder 7 Jahre

Quelle: Fachzeitschrift "Smart Investor", Ausgabe 08/2003



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