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Goldrausch in Dubai

10.12.2008  |  Frank Meyer
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Die Barren werden gewogen, die Nummern notiert und alsbald in die Elektroöfen geschickt, wo das Material bei 1040 Grad in den flüssigen Zustand übergeht und dann die Farbe der Sonne annimmt. Gesucht sind neben großen Investmentbarren vor allem Kilo-Klötzchen mit einer Reinheit von 995. Einer hat den Gegenwert von ca. 20.000 Euro. Diese Barren verkaufen sich weltweit wie geschnitten Brot, erklärte uns der Chef der Emirates Gold Mohamad Shakarchi. Der 75-jährige ist seit einem halben Jahrhundert im Goldgeschäft. Er spürt, wie sich die Preise entwickeln, hat es förmlich im Blut, kennt alle Spieler im Markt und tausend Geschichten zum Thema Gold. Am Nachmittag kommt eine Altgoldlieferung aus Indien. In einer Kiste werden hunderte goldener Herzchen angeliefert und auch getragene Ketten aus massivem Gold, die wenig später den Weg in den Schmelzofen antreten.

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Da Kriminalität in Dubai praktisch nicht existent ist, braucht Shakarchi in seiner Raffinerie kaum Sicherheitsvorkehrungen. Hier läuft alles auf der Basis des Vertrauens. Man geht einfach hinein, ohne Ausweiskontrolle, Sicherungstüren und Leibesvisitationen. Für uns Deutsche ist das undenkbar. Gleich neben dem Eingang liegen 250 Kilobarren, die für den Weitertransport in alle Welt bestimmt sind. Keiner der 300 Mitarbeiter hat jemals auch nur ein Gramm mit nach Hause genommen, sagt der Chef. Beeindruckend ist die Professionalität und vor allem die Freundlichkeit aller dort arbeitenden Menschen.

Shakarchis Meinung zufolge wird Gold lange Zeit steigen, denn die Nachfrage vor allem von Investoren reißt wegen der Finanzkrise nicht ab. Doch auch er spürt, dass anderen Investoren das Geld nicht mehr so locker sitzt. Die Margin Calls schränken die Flexibilität von vielen auf Kredit spekulierenden Investoren ein. Die Käufer sind vor allem unter denen zu finden, die Geld haben, und dies aus Sorge vor einer zukünftigen Geldentwertung in Gold investieren.

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Im Vergleich zu Gold spielte Silber bislang eine untergeordnete Rolle. Doch nach dem Preissturz von 50% in den letzten Monaten ist die Nachfrage auch in Dubai sprunghaft angestiegen. Silberbarren von Emirates Gold finden jetzt auch den Weg nach Deutschland. Zwischenzeitlich war Silber in Deutschland ausverkauft. Dass Gold bis zu 80 mal teurer geworden ist als Silber, ist völlig irrational, sagt Shakarchi, der in den letzten Wochen allein 75 Tonnen nach Indien verschickt hat. Indien gilt seit jeher als der bedeutendste Silbermarkt der Welt. Silber wird nicht nur von Investoren nachgefragt, weit größer ist der Verbrauch in der Industrie. 53% der Weltjahresproduktion geht dorthin. Vor allem aber die Nachfrage nach Silberinvestments hat in den letzten Jahren massiv zugelegt.

Die Schmuckhändler auf dem Gold Souk haben es im Blut, wenn sich der Goldpreis verändert. Als im Frühjahr die 1000 USD/oz-Marke überschritten wurde, nahmen sie ihr Gold aus den Auslagen der Läden und brachten es zum Einschmelzen in die Raffinerie, ein Zeichen dafür, dass der Markt als überhitzt galt. Dieses Gold in einer Reinheit von 22 Karat wird dann wieder eingeschmolzen, neu gegossen und beispielsweise als Kilobarren an die Schmuckindustrie oder die Investoren in alle Welt verschickt. Der Kreislauf beginnt von vorn. In der Woche der Filmaufnahmen war der Goldpreis bis auf 830 USD/oz angestiegen. Kurz darauf setzte eine Flaute ein. Etliche Rolläden wurden schon gegen 22.30 Uhr heruntergelassen.

Der Gold Souk von Dubai ist der physische Goldhandelsplatz Nummer eins. In den ca. 2000 Shops liegt Goldschmuck von etlichen Tonnen aus. Teils werden in einem einzelnen Laden bis zu 250 Kilogramm des edlen Stoffs zur Schau gestellt. Befragt man die Händler nach den Motiven für die Goldkäufer, sagen sie, dass Gold nicht nur hübsch als Schmuck ist, viele legen ihre Ersparnisse in Goldschmuck an. Es ist praktisch und nur unwesentlich teurer, als Münzen und Barren zu kaufen. Doch auch unter den Händlern ist immer wieder zu hören, dass Papiergeld eben nur Papiergeld ist. "Viele Papierwährungen sind allein im letzten Jahrhundert verschwunden, verbunden mit dem Bankrott derer, die es gespart hatten.“ Gold gibt es seit 5000 Jahren und kann nicht beliebig wie Papier gedruckt werden. Wieso sollte es diesmal anders sein?", fragt mich der Chefhändler eines Ladens von Al Kanz Jewellers. Er rechnet damit, dass Gold irgendwann seine Geldrolle wieder zurückerobern wird. Da ist er sich ganz sicher, der alte Hase.

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© Frank Meyer
TV-Moderator auf n-tv, www.frank-meyer.tv



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