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Nachrichten zu Falconbridge Ltd.

17.01.2009  |  Klaus Singer
Zur Jahreswende sah es noch so aus, als wäre der insgeheim herrschende Konsens tragfähig: Aktien haben am 20./21. Nov 2008 ein Tief ausgebildet, die wirtschaftliche Erholung startet in der zweiten Jahreshälfte 2009, Unternehmensanleihen sind kaufenswert, Aktien sind billig, die schlechten Nachrichten sind weitestgehend in den Kursen verarbeitet.

Solchermaßen gestärkt, rückten die Bullen in den ersten Januar-Tagen noch ein Stückchen vor. Doch dann meldete sich die Finanzkrise mit Wucht zurück - mit einer ganzen Salve an schlechten Nachrichten. Sogar die stolze Deutsche Bank musste ein katastrophales viertes Quartal melden - und nun wird der Staat an ihr beteiligt, wenn auch (bisher) nur indirekt.

Hobby-Statistiker werden nicht müde, zu erklären, auf ein schlechtes Jahr folge ein gutes ("normalerweise"). Ja, das Jahr 2008 war schlecht - es brachte für US-Aktien die dritt-schlechteste Performance in über 110 Jahren Dow-Geschichte. Möglicherweise haben die Leute 1930 auch gedacht, dass mit diesem viert-schlechtesten Aktien-Jahr das Schlimmste vorbei war. Doch dann mussten sie 1931 erleben, dass es noch (viel) schlechter geht: 1931 brachte mit über 50 Prozent den höchsten Dow-Jahresverlust der vergangenen 110 Jahre.

Ausgeschlossen ist es also keineswegs, das auf "schlecht" "schlechter" folgt. Und unwahrscheinlich ist es auch nicht. Eine Kreditblase von den zuletzt gesehenen Ausmaßen platzt nicht innerhalb von ein paar Monaten. Was Dekaden braucht, um zu entstehen, braucht Zeit, um zu vergehen. Abhängig davon, ob und wie die Maßnahmen der Geld- und Fiskalpolitik greifen, ist mit einer noch mindestens ein Jahr andauernden Periode fallender Asset-Preise zu rechnen, in der die deflationäre Wirkung des "Deleveraging" die inflationären Effekte der Geld- und Fiskalpolitik aussticht. Auch danach dürfte das Wirtschaftswachstum nachhaltig niedrig bleiben, mit stagnierenden Asset-Preisen. Wenn die Rezession in eine Depression mündet, dürfte das die inflationären Effekte weiter dämpfen, anderenfalls wäre das sich anschließende Szenario die Stagflation.

In jeder Krise gibt es charakteristische psychologische Prozesse: Zunächst wird versucht, das Geschehen zu ignorieren. Da eine Krise durch Verdrängung nicht verschwindet, kommt schließlich blankes Entsetzen auf mit entsprechenden Panik-Attacken. Je schwerer die Krise, je länger dauert diese erste Etappe und umso wahrscheinlicher werden ihre Phasen mehrfach durchlaufen. Erst allmählich kann man in der zweiten Etappe die Krise akzeptieren. Das schafft schließlich die Grundlage für die dritte Etappe, die der Handlung: Die aktive Auseinandersetzung mit der Krise ist die Bedingung zu ihrer Überwindung und Neuorientierung.

Ignoranz und Verdrängung hatten wir, Entsetzen auch schon mal im Oktober und November 2008. Aber ob die Akteure das gesamte Ausmaß der finanz- und güterwirtschaftlichen Krise schon erfasst haben, erscheint mir unwahrscheinlich. Sonst hätten die Aktienmärkte nicht so "bestürzt" reagiert wie zuletzt. Und so lange etwa die deutsche Politik davon träumt, mit der starken heimischen Exportwirtschaft auf der sicheren Seite zu sein, ist auch sie noch mit hoffender Verdrängung beschäftigt.

Die Aktienmärkte haben zwar jetzt wieder Luft herausgelassen, aber gleichzeitig sind die Stimmungswerte nicht so schlecht, dass man von einer neuerlichen stabilen Bodenbildung sprechen könnte. Der die implizite Volatilität messende VIX war im Oktober und November 2008 bis 80 angestiegen, zuletzt sank er unter 40. Eine Krise in einem Ausmaß wie die gegenwärtige (siehe z.B. meinen Artikel "Vorschau 2009 - der fundamentale Rahmen" vom 26. Dez 2008) ist nicht mit einer Panikattacke im Herbst 2008 vom Tisch. Da muss es noch einige Male zum Wechselspiel zwischen Hoffen und Bangen kommen.

Dem Pendeln zwischen Ignoranz und Angst entsprechen Bear-Market-Rallyes, die es zwischenzeitlich immer wieder bei Aktien und anderswo gibt. Fehlsignale wird es genug geben, Hoffnung auch. Der Nikkei hat das in den 1990er Jahren mit starken, hastigen Kursexplosionen eindrucksvoll gezeigt. Auch das Platzen der Technologie-Blase benötigte drei große bullische Gegenbewegungen und gut 30 Monate, bis ein tragfähiger Boden erreicht war. Und verglichen mit dem heutigen, seit nunmehr 15 Monaten tobenden Orkan herrschte damals bestenfalls eine steife Brise.

In einer deflationären Phase, wie wir sie jetzt durchlaufen, favorisieren Investoren Qualitäts-Anleihen. Das sieht man schön an der TBond-Blase und daran, dass Anleihen von Großunternehmen sehr gesucht sind. Auch wenn das faire KGV der US-Treasuries weiterhin mit deutlich über 40 idiotisch hoch ist - für sich alleine ist das kein Grund für ein Ende der Blase hier (und einen Transfer der dort angesiedelten Mittel z.B. in Aktien). So lange die großen Akteure noch hauptsächlich mit Deleveraging/Entschuldung beschäftigt sind, wird sich daran nicht viel ändern. Es sei denn, Zweifel an der Bonität des Schuldners machen sich breit und/oder eine anziehende Inflation konkretisiert die Gefahr von Kapitalverlusten.

Ich denke, dass erst das Platzen der TBond-Blase das Signal dafür ist, dass die Akteure an den Finanzmärkten beginnen, die gegenwärtige Krise zu akzeptieren und demzufolge korrekt "einzupreisen". Eine platzende Bond-Blase müsste sich in Renditen der 30-jährigen TBonds und der 10-jährigen TNotes von jenseits der fünf Prozent niederschlagen.

Was bedeutet das für den S&P 500? Ob ein tragfähiger Boden schon bei rund 700 erreicht ist, wie viele Beobachter meinen, erscheint mir sehr zweifelhaft. Insbesondere wenn der Rezession die globale Depression folgt, sollte man eher mit einem Niveau von 600 Punkten und darunter rechnen.

Gut möglich, dass sich die Aktienmärkte gerade anschicken, die tote Katze erneut springen zu lassen. Schließlich wird Obama am Dienstag der kommenden Woche als US-Präsident vereidigt. Da er einen großen Geschenkkarton voller konjunktureller Anreize im Volumen von 800 Mrd. Dollar mit ins Amt bringt, besteht Anlass zum feiern. Dumm nur, dass die Saison der Quartalsberichte bisher nur negative Überraschungen brachte.

Solange die deflationären Einflüsse überwiegen, dürfte es auch Gold schwer haben, nach oben auszubrechen. Mag sein, dass sein "Sicherheits"-Flair für eine gewisse Absicherung nach unten sorgt, mehr aber auch nicht. Zumindest in den nächsten sechs Monaten ist eher mit einer großen Seitwärtsbewegung zwischen 730 und 900 zu rechnen.

Die tiefgreifende Unsicherheit über die weitere Entwicklung und die Furcht vor großen strukturellen Umbrüchen auf wirtschaftlicher und politischer Ebene dürften für anhaltende, erhebliche Volatilität an den meisten Segmenten der Finanzmärkte sorgen. Das ist ein interessantes Umfeld für Trader, aber auf absehbare Zeit keines für solide, auf langfristigen Ertrag ausgerichtete Investitionen.

Auf die Charts der erwähnten Werte kann in diesem Artikel auf der Web-Seite der TimePattern zugegriffen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de







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