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Rohstoffe: Zyklushoch oder Superzyklus?

25.03.2005  |  Martin Siegel
Der aktuelle Rohstoffguru Nr. 1 Jim Rogers zieht durch die Welt und schwört die Investmentgemeinde auf Rohstoffe ein. Mit dem Argument, daß ein Rohstoffzyklus üblicherweise 18 Jahre dauert und erst 7 Jahre davon vorüber sind, werden Anleger motiviert, in den Rohstoffbereich zu investieren. In die gleiche Kerbe hauen die Hedgefonds, die mit ihren Trendfolgemodellen einen großen Anlagebereich benötigen, um endlich gemeinsam und über längere Zeit erfolgreich zu sein, denn nur so lassen sich die hohen Ausgabeaufschläge und Verwaltungsgebühren rechtfertigen, auf die die ausgebenden Investmentbanken so dringend angewiesen sind. Die Medien sind gerne bereit, den Trend einem breiten Publikum zu servieren, so daß die Zutaten für eine gewaltige Hausse zusammengerührt werden.

Bei jedem erfahrenen Anleger klingeln spätestens jetzt die Alarmglocken: 7 Jahre Aufwärtsbewegung, engagierte Hedgefonds und positiv berichtende Medien, sind das nicht Hinweise auf eine kommende
Abwärtsbewegung? Ist der Markt nicht übergekauft und schreit nach einer Korrektur?

Aus vielen Gespräche mit Analysten aus dem Rohstoffbereich schlägt uns derzeit eine äußerst vorsichtige Einschätzung der Lage entgegen. Die Angst aus der 20-jährigen Abwärtsbewegung mit den zyklischen Hochpunkten, die immer wieder zu Verlusten bei Investitionen im Rohstoffbereich geführt haben, sitzt den Analysten immer noch im Nacken. Alle uns bekannten Investmenthäuser prognostizieren für die nächsten Jahre fallende Rohstoffpreise. Schließlich liegt eine längere Aufwärtsentwicklung hinter uns, so daß dem bekannten Zyklusmuster der letzten Jahrzehnte zur Folge eine Abwärtsentwicklung zu erwarten ist. Beispielsweise prognostiziert die australische Macquarie, die noch zu den optimistischeren Analysten zu zählen ist, bei einem aktuellen Nickelpreis von 7,20 $/lbs für 2005 einen Nickelpreis von 7,25 $/lbs, der sich 2006 auf 6,75 $/lbs und 2007 auf 5,00 $/lbs abschwächen wird. Da sich der Nickelpreis in den letzten Monaten stabil zeigte wurden die Prognosen in der letzten Woche für 2006 von 5,00 auf 6,75 $/lbs! und 2007 von 4,00 auf 5,00 $/lbs! angehoben. Die langfristige Prognose blieb mit 3,75 $/lbs dagegen unverändert.

Insgesamt ergibt sich eine Situation, in der die Prognosen, die auf Grund der Zyklus-Erfahrungen der letzten Jahrzehnte basieren, stückweise der aktuellen Entwicklung angepaßt werden.

Da die Preisprognosen der Rohstoffe auch in die Bewertungsmodelle für die Rohstoffaktien einfließen, ergeben sich für einige Werte abenteuerlich niedrige Bewertungen. So prognostiziert Macquarie für Sally Malay nach der jüngsten Anhebung der Prognosen für den Nickelpreis für das Geschäftsjahr 2005/06 ein KGV von 2,9, das wegen der Erwartung eines fallenden Nickelpreises in den Geschäftsjahren 2006/07 und 2007/08 selbstverständlich wieder steigen soll. In den Aktienkursen der Rohstoffwerte sind demnach massive Preisrückgänge der Rohstoffe eingepreist.

Was wir aus diesem Verhalten ablesen können ist pure Angst. Am Jahresende 1979, kurz vor der heißen Phase der damaligen Goldhausse wurde eine Prognose für den Goldpreis abgegeben: 1980 sollte er auf 600 $/oz ansteigen, 1981 auf 800 $/oz und 1982 auf 1.000 $/oz. Das war Gier! Selbst der oben erwähnte langfristige Optimist Jim Rogers rechnet im Jahresverlauf mit einer harten Landung des chinesischen Immobilien- und Finanzsektors und einer Korrektur der Rohstoffpreise.

Können Sie sich vorstellen, was passiert, wenn die Masse der Anleger darauf eingeschworen wird, daß wir uns tatsächlich in einem 18-jährigen Aufwärtstrend bei Rohstoffen befinden? Erkennen Sie das Potential einer Sally Malay, wenn nach einem Anstieg des Nickelpreises auf 10,00 $/lbs für die Folgejahre weitere Preisanstiege auf 12,00 $/lbs und 14,00 $/lbs angekündigt werden? Wie realistisch ist ein solches Szenario?

Eine Analyse von Wiktor Bielski, die am 04.03.05 auf der Rohstoffkonferenz der Macquarie in Zürich vorgestellt wurde, zeigt den dramatischen Einfluß Chinas auf die weltweite Nachfrage bei Rohstoffen. So stieg der chinesische Anteil am weltweiten Eisenerzverbrauch zwischen 1995 und 2005 von etwa 10 auf etwa 50%. Der Anteil am weltweiten Verbrauch von Aluminium, Kupfer, Nickel und Zink stieg in der selben Zeit von etwa 10 auf über 25%. Selbst bei einer Halbierung der Wachstumsraten wird China in den nächsten Jahren etwa 50% der zusätzlichen weltweiten Nachfrage in diesen Metallen aufnehmen, so daß alleine China für eine steigende Nachfrage von jährlich 1,5% verantwortlich sein wird. Auf der Angebotsseite befinden sich praktisch alle Produzenten an der Kapazitätsgrenze. Neue Minen gehen nur verzögert in Produktion, wofür erhebliche Kostensteigerungen der Stahl- und Energiepreise sowie der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern verantwortlich sind. Vielfach wird die Erhöhung des Angebots auch durch Kapazitätsprobleme beim Transport oder bei Hafenanlagen limitiert, die nur mühsam überwunden werden können. Insgesamt stellt sich die Angebots- und Nachfragesituation so dar, daß langfristige Preisrückgänge (z.B. Nickelpreis von 3,75 $/lbs) ohne massivste Einbrüche der weltweiten Konjunktur nicht realistisch sind. Viel wahrscheinlicher ist dagegen, daß sich die weltweit aufgestauten Geldmengen in einem inflationären Szenario entladen, das zunächst nur den Rohstoffbereich (und einige Immobilienmärkte) ergriffen hat.

Unter der Voraussetzung, daß die Nachfrage Chinas und Indiens weiter wachsen und das Angebot durch die Inbetriebnahme weiterhin nur langsam zunimmt, kann davon ausgegangen werden, daß das Preisniveau bei vielen Rohstoffen gehalten werden kann. Vor allem für den vernachlässigten Basismetallsektor würde dieses Szenario hervorragende Investitionsmöglichkeiten eröffnen. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt die US-Immobilienblase, deren Platzen sicherlich zu einem Rückgang der Nachfrage nach Rohstoffen führen würden.

Bereits jetzt liefern die nordamerikanischen Topwerte Falconbridge, Noranda, Phelps Dodge, Inco und Teck Cominco Rekordergebnisse ab, mit denen sie mit KGV"s unter 8 bewertet werden. Zunehmend werden diese Aktien durch ihre Gewinne nach oben gedrückt, wobei dieser Trend anhalten sollte, wenn die Prognosen der Basismetallpreise schrittweise nach oben angepaßt werden. Wichtig ist, daß sich die Gesellschaften jetzt in Produktion befinden oder ihre Anlagen bereits gebaut haben. Dann kommen sie in den Genuß, fette Gewinne einfahren zu können, was die Möglichkeit eröffnet, durch neue Projekte zu wachsen, andere Gesellschaften zu übernehmen, Dividenden zu bezahlen oder eigene Aktien zurückzukaufen. Ein Beispiel dafür ist z.B. Jubilee Mines, deren Aktienkurs in den letzten Jahren durch die Zahlung von Dividenden in einem relativ lustlosen australischen Markt um über 200% nach oben gedrückt wurde.

Explorationswerte, wie z.B. Herald Resources haben dagegen mit steigenden Kosten bei der Erstellung der Anlagen zu kämpfen. Im Vergleich zur Herald dürfte ein Wert wie Sally Malay in den nächsten beiden Jahren Gewinne realisieren, die über 60% des heutigen Aktienkurses entsprechen. Dabei unterliegt ein Investment in Herald noch dem Risiko, daß sich die Preise für Basismetalle bis zur Fertigstellung deutlich abschwächen.

Bei Investitionen in Basismetallwerte sollten daher Engagements in Gesellschaften bevorzugt werden, die ihre Investitionen bereits abgeschlossen haben und jetzt produzieren.

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Wir werden den Schwerpunkt der Analyse des Goldmarkts in den nächsten Wochen in den Basismetallbereich legen, da sich durch die steigenden Gewinne ein erhebliches Aktienkurspotential aufgebaut hat, das sich in einer fulminanten Hausse entladen könnte. Die Rekordergebnisse der nordamerikanischen Gesellschaften beruhen auf Basismetallpreisen, die inzwischen nochmals zugelegt haben. Unter den australischen Gesellschaften befinden sich einige, die unter den aktuellen Bedingungen mit einem KGV unter 5 arbeiten und sich hervorragend als Übernahmekandidaten anbieten. Im Gegensatz dazu hat sich der Goldpreis weitaus schwächer entwickelt als die Basismetallpreise (vgl. Graphik). Die Goldproduzenten leiden daher wie die Basismetallproduzenten unter steigenden Kosten, können diese aber (noch) nicht mit steigenden Verkaufspreisen kompensieren. Wir erwarten, daß sich in der zweiten Jahreshälfte ein Goldpreisanstieg auf die Basismetallhausse aufsetzen kann, so daß die Hausse in Goldaktien zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben ist.

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Unser Favoriten unter den nordamerikanischen Werten bleiben zunächst Falconbridge und Inco, die in den letzten Wochen zwar deutlich zulegen konnten, aber noch keine charttechnische Kaufsignale generiert haben. Der Gewinn von Falconbridge erreichte im Dezemberquartal 192 Mio. $, was bei einer Marktkapitalisierung von 5,8 Mrd. $ einem KGV von 7,6 entspricht. Inco meldete für das Dezemberquartal einen operativen Gewinn von 248 Mio. $, was bei einer Marktkapitalisierung von 6,7 Mrd. $ einem aktuellen KGV von 6,8 entspricht.


© Martin Siegel

Quelle: Auszug aus Börsenbrief "Gold Markt", Ausgabe Nr. 05 vom 09.03.2005

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