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Anlage-Alchemisten am Ende Treffender als mit dem folgenden Vergleich lässt sic

08.02.2009  |  Manfred Gburek
Treffender als mit dem folgenden Vergleich lässt sich die Bankenwelt kaum beschreiben: "Eine Serie von Erdbeben mit immer wechselnden Epizentren" (O-Ton von Deutsche Bank-Chef Ackermann in der jüngsten Pressekonferenz). Leider gilt diese Bemerkung nicht allein für die Bankenwelt. Denn die Epizentren und die vielen durch sie ausgelösten Erschütterungen haben längst so gut wie alle Bereiche der Wirtschaft und eine Unzahl von Menschen erfasst, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Hier nur einige Beispiele in bunter Reihenfolge:

Wie Offenbarungseide wirkende Eingeständnisse der Banker, Verstaatlichung von Banken, Mogelpackung Schuldenbremse von Bund und Ländern, nicht mehr beherrschbare Staatsverschuldung einiger Länder des Euro-Blocks, immer noch kein Geld von der Kaupthing Bank, Merckle-Freitod, Madoff-Betrug, Korruption, Abhörskandale, Datenmissbrauch, Globalisierungsfolgen, Einbruch der Autoindustrie und ihrer Zulieferer, wachsende Arbeitslosigkeit, dramatisch steigende Privatinsolvenzen, explodierende Gesundheitskosten, Altersarmut, weltweite Inflationsgefahr durch die Kombination von exorbitanten Geldmengen und massiven Konjunkturprogrammen, Zumwinkel-Affäre, Neiddiskussion in Deutschland, auf die Bundestagswahl schielende viel zu spendable Politiker, Medienkrise und -konzentration, Rabattschlachten im Einzelhandel, eingefrorene offene Immobilienfonds, Lebensversicherungen in Gefahr, konfuse Finanzaufsicht, weiter platzende Fonds-, Kredit- und Derivateblasen.............

Die Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzen, aber ich finde, das reicht. Stattdessen gehe ich im Folgenden etwas näher auf den letzten Punkt ein, weil er wahrscheinlich auch Ihre Geldanlagen betrifft, ohne dass Sie sich womöglich dessen bewusst sind. Vorher ein erstes Fazit: Niemand kann die in der Aufzählung genannten Probleme wegen ihrer Komplexität begreifen, geschweige denn beherrschen; denn die meisten von ihnen sind miteinander verknüpft oder voneinander abhängig. Nun zu den Blasen: Sie haben ihren eigentlichen Ursprung in der sog. modernen Finanztheorie, deren Annahmen der herausragende Wissenschaftler Benoit B. Mandelbrot in seinem zusammen mit Richard L. Hudson verfassten Buch "Fraktale und Finanzen" (für fortgeschrittene Anleger lesenswert!) zu Recht als "absurd" und als "das finanzielle Gegenstück zur Alchemie" bezeichnet.

Nun könnten Sie sich fragen: Was geht mich die Finanztheorie an? Die Antwort lautet leider: Wahrscheinlich viel mehr, als Sie je zu denken wagten. Denn auf ihr - sprich: auf einer Variante der Alchemie - beruht ein Großteil der Fondsbranche, sie ist in den Kreditsektor eingedrungen und hat ihre zerstörerische Wirkung bei den Derivaten, zu denen auch Zertifikate gehören, mehr als nur ein Mal entfacht. In dieser Hinsicht besonders spektakulär war der Zusammenbruch des unter Mithilfe von zwei Nobelpreisträgern entstandenen Milliarden-Hedgefonds LTCM im Jahr 1998; ihm folgten bis zuletzt weitere Hedgefondspleiten. Der damalige US-Notenbankchef Greenspan ließ dem LTCM-Desaster eine Geldschwemme folgen, um einen Finanzkollaps zu verhindern. Damit schuf er die Basis für die darauf folgende Aktienblase, die im Jahr 2000 platzte.

Das Schlimme daran war nicht nur, dass Abertausende von Anlegern geprellt wurden, sondern auch, dass die modernen Alchemisten ihr böses Spiel mit unterschiedlichen Instrumenten ungestraft bis 2008 treiben durften. Erst da machte sich an den Finanz-, Immobilien- und sonstigen Märkten und schließlich in der Realwirtschaft mit aller Wucht bemerkbar, wie dramatisch die Entwicklung wirklich war - zu spät, um noch effektiv gegenzusteuern, denn allein die obige Aufzählung (von Quasi-Offenbarungseiden bis zu geplatzten Derivateblasen) belegt, dass es jetzt bereits fünf nach Zwölf ist. Und die Uhr tickt weiter:

Anleger, die viele Milliarden Euro in offenen Immobilienfonds angelegt haben, kommen nicht an ihr Geld; wie Hohn wirkt da die Beschwichtigung seitens des zuständigen Verbands BVI, der solche Fonds noch am 2. Februar als "Stabilitätsanker in der Finanzkrise" bezeichnete. Fonds, die extra zum Abkassieren vor Einführung der Abgeltungsteuer gegründet und mit hohem Aufwand beworben wurden, müssen mangels Masse fusioniert oder liquidiert werden. Und die Versicherer, die zurzeit mal wieder kräftig gegen die Fondsbranche stänkern, werden ihren Lebensversicherungskunden in den nächsten Jahren reale Minusrenditen präsentieren. Wirkliche Altersvorsorge sieht anders aus.

Aber wie? Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: zurzeit - nicht in alle Ewigkeit - ein selbst bewohntes eigenes Haus (oder eine gut gelegene Eigentumswohnung), beides barrierefrei und möglichst auch schuldenfrei, wobei ein Garten oder Ackerland nicht zu verachten sind, Tagesgeld bei zwei bis drei Banken, Bargeld zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen im Safe zu Hause oder an einem anderen sicheren Ort und ganz viel Gold, ergänzt um Silber, in Form von Anlagemünzen und Barren, im Zweifel auch in einem sicheren heimischen Safe, spekulativ ergänzt um Edelmetallaktien.

Bei dieser Gelegenheit fällt mir noch das Fernsehprogramm vom 3. Februar ein, wobei ich eigentlich nur die Quarks & Co-Sendung zum Thema Geld sehen wollte (Details: www.quarks.de). Sie bot Aufklärung pur und durfte wohl deshalb nicht im 1. ARD-, sondern musste im 3. WDR-Programm laufen. Schade, zumal am Schluss der renommierte amerikanische Vermögensverwaltungs-Methusalem Glickenhaus unter anderem mit den beiden folgenden entwaffnenden Sätzen zu Wort kam: "Staatsanleihen sind eine Falle. Denn der Staat macht im Moment dermaßen viele Schulden, dass da eine Inflationswelle auf uns zurollen wird." Davor schützt bekanntlich vor allem Gold. Umso erstaunter war ich am selben Abend zu sehr später Stunde, als es in der ARD-Kerner-Runde wieder um das Thema Geld ging und da ausgerechnet der Finanztest-Chefredakteur Tenhagen - seine Zeitschrift ist unter anderem für den Anlegerschutz zuständig - den Satz losließ: "Finger weg vom Gold". Statt mich über diese schlampige Aussage zu ärgern, habe ich mich insgeheim über sie gefreut. Denn wie die Börsenerfahrung immer wieder lehrt, sind die Ignoranten von heute die Käufer von morgen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).









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