Finanzieller und intellektueller Bankrott
12.02.2009 | Roland Baader
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Schuld der Ökonomen Seltsam, dass die Menschen nicht erkennen, dass das papierene Luftgeld die elementarsten Menschenrechte verletzt. Es gibt ein Menschenrecht, ein Freiheitsrecht auf gesundes Geld, ein Recht auf ehrliche Verträge und auf Eigentumsschutz - auf das Verbot von Raub, Diebstahl und Betrug.
Das fiat money aber verletzt alle diese Rechte eklatant. Von der politischen Kaste kann man eine entsprechende Aufklärung nicht erwarten, denn sie würde sich damit die Grundlage ihrer Macht entziehen. Große, übergroße Schuld aber trifft die Ökonomen. Sie verkünden seit einem halben Jahrhundert ökonomische Mythen, allen voran die keynesianischen Mythen vom Konsum und von niedrig gesetzten Zinsen als den wichtigsten Wachstumskomponenten einer Volkswirtschaft. Man kann sich aber nicht reich konsumieren, eine ganze Volkswirtschaft genau so wenig wie eine einzelne Person. Ebenso unmöglich ist es, dass irgendjemand den wichtigsten Preis einer Volkswirtschaft kennen kann, den Preis des Geldes nämlich, der sich auf freien Märkten in Form des «natürlichen Zinses» ergibt. Nur der Markt kann diesen Preis ermitteln und ihn je nach Angebot und Nachfrage von und nach Geld, je nach Ersparnissen und Investitionen, nach Zeitpräferenz der Menschen und Knappheitsrelationen der Ressourcen anzeigen.
Jeder politisch fixierte Zins kann nur falsch sein und zu furchtbaren Verzerrungen in der Kapital- und Produktionsstruktur und im Verhalten der Konsumenten, Sparer, Investoren, Gläubiger und Schuldner führen; zu Verzerrungen, Fehlanreizen und Fehlhandlungen, die irgendwann schmerzlich korrigiert werden müssen und deren Korrektur über Rezessionen und Depressionen hinaus bis zum Niedergang und Untergang ganzer Völker reichen kann.
Genau deshalb ist das Gold als Währungsmetall so wichtig: Weil es einen Anker bildet gegen den partei- und interessenpolitisch unersättlichen Appetit auf endlos erzeugtes Luftgeld und gegen den manischen Kreditwahn der Menschen; weil es Zentralbanken und ihre Geld- und Zinspolitik überflüssig macht und für die Bodenhaftung der Banker und ihrer Bankbilanzen sorgt; weil es Inflation und Teuerung gar nicht erst aufkommen lässt; weil es die Finanzminister der Welt dazu zwingt, haushälterisch mit dem Geld und Vermögen der Bürger umzugehen; und weil es die politische Kaste vor dem Grössenwahn bewahrt - und somit die Bürger vor den hässlichen Fratzen der Macht.
Kopfdruck-Ökonomie
Warum erklären die Ökonomen diese Zusammenhänge nicht, warum machen sie diese uralten Weisheiten der Nationalökonomie nicht einem breiten Publikum - und ganz besonders den Politikern kund? Weil sie zum überwiegenden Teil selber an diese Mythen glauben, und das wiederum tun sie, weil sie daran glauben wollen. Es gibt ja im grossen und ganzen nur zwei Arten von Ökonomen: Solche, die in Staatsdiensten stehen, bestens honoriert werden und auf Forschungsgelder, Institutsposten und fette Honorare bei der Politikberatung hoffen (wer beisst schon die Hand, die ihn füttert) - und solche, die in Bankendiensten stehen und dort mit dem faulen Geldzauber Karriere machen und dicke Gehälter und Boni einheimsen. Ausserdem hat die Keynes’sche Knopfdruck-Ökonomie in der Sicht des Publikums aus langweiligen Moralphilosophen dynamische Gesellschaftsingenieure gemacht, deren Rat gefragt ist und die sich als Nautiker der volkswirtschaftlichen Titanic aufspielen können. Welcher Ökonom also sollte Freude an der Wahrheit haben und sich deshalb um diese bemühen. Die wenigen, die es getan haben, wie bspw. Ludwig von Mises, mussten ihr Leben lang dafür bezahlen und auf einen staatlichen Lehrstuhl ebenso verzichten wie auf einen Nobelpreis.
Dem Mises-Schüler und Kollegen Friedrich A. von Hayek konnte man schliesslich den Nobelpreis aufgrund seiner bahnbrechenden Arbeiten über Markt und Freiheit nicht mehr vorenthalten, teilte ihn aber zynischerweise und verlieh die andere Hälfte ausgerechnet dem schwedischen Ober-Sozialisten Gunnar Myrdal. Hayek aber nutzte seinen Ruhm, um mit seinem Alterswerk «Denationalisation of Money» (1976) nachdrücklich die Entstaatlichung des Geldes und die Zulässigkeit konkurrierenden Privatgeldes zu fordern. Seine an Eindringlichkeit nicht mehr zu überbietende Warnung lautete, es gehe dabei nicht um irgendwelche technischen Details im Geldsystem, sondern um die Frage des Überlebens der Zivilisation.
Die Mainstream-Ökonomen hat das nicht aus ihren eitlen Träumen gerüttelt, obwohl die Zeit drängte und das fiat money-System nach seiner endgültigen Loslösung vom Gold im Jahr 1971 in seinen finalen Veitstanz eingetreten war. «Ich wünschte», hatte Hayek geschrieben, «ich könnte den Rat geben, langsam vorzugehen. Aber die Zeit mag kurz sein.» Sie war kurz, und nun ist die Uhr abgelaufen. Und es wird in den nächsten Monaten und Jahren sehr wohl und mit furchtbarer Gewissheit um das Überleben der Zivilisation gehen. Die Wahrscheinlichkeit, sie bewahren zu können, sinkt von Tag zu Tag.
© Roland Baader
Quelle: Der Artikel stammt aus der Zeitschrift "Schweizerzeit", Nr. 32, November 2008.
Roland Baader ist Nationalökonom, Privatgelehrter und Autor vieler Bücher. Schon 2004 hat er mit seinem Buch «Geld, Gold und Gottspieler. Am Vorabend der nächsten Weltwirtschaftskrise» das aktuelle Finanzchaos detailgenau vorgezeichnet.