Wall Street an Geithner: Her mit der Bad Bank!
13.02.2009 | Klaus Singer
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Um in dieser Situation überhaupt privates Kapital für den PPP anlocken zu können, wird der Staat erhebliche Zugeständnisse machen, sprich, seinen Einsatz abschreiben können. Mehr noch: Er wird wohl Garantien für die privaten Mittel geben müssen, die im schlimmsten (realistischen) Fall fällig werden. Damit ist schlimmstenfalls mit Verlusten bis zur Höhe des Fonds (500 bis 1.000 Mrd. Dollar) zu rechnen. Aber auch ansonsten werden die Pläne Geithners kein Nullsummenspiel. Aufgrund von Untersuchungen des IWF ist bei Bankenkrisen damit zu rechnen, dass weniger als 20 Prozent der zur Lösung eingesetzten Steuermittel nach Ende der Krise zurückfließen. Dann blieben an Lasten auf den Schultern der Steuerzahler alleine durch die Geithner-Pläne zwischen 1,6 und 2,4 Bill. Dollar übrig.
Das Anreizprogramm von Obama in Höhe von über 800 Mrd. Dollar dürfte jetzt ohne größere Verdrückung den Kongress passieren. Hierzu kursiert mittlerweile die Bezeichnung "Spendulus" - es sei mehr ein Ausgaben-, denn ein Anreizprogramm. Obama setzte in einer Rede vor dem Senat kurzerhand beides gleich. Das war nicht die klügste Äußerung, die der Mann je gemacht hat...
Angesichts der gigantischen Neuverschuldung, zu der Spendulus auch seinen Beitrag leistet, verwundert die Kursentwicklung bei den TBonds zunächst. Sie haben zu Wochenbeginn ein Tief ausgebildet und steigen seitdem. Auch der Bund-Future steht wieder deutlich über seiner "Abbruchkante" bei knapp 122. Suchen Anleger den sicheren Hafen von Staatsanleihen? Wohl eher steckt hinter der Kursentwicklung die Erwartung, die Fed werde in nächster Zeit kräftig TBonds einkaufen, um die Geldversorgung zu verbessern, sprich Geld in den immer langsamer laufenden Kreislauf zu pumpen. Erst jüngst hatte BoE-Chef Mervyn King gesagt, dass die Geldversorgung stelle einen Engpass dar. Die Bank of England geht jetzt von einem in 2009 um 3,4 Prozent fallenden BIP aus und erwartet auch für 2010 kaum Wachstum.
Gleichzeitig steigt der Goldpreis aktuell über den kritischen Pegel bei rund 920 und signalisiert damit Flucht in Sicherheit vor Geldwertverfall. Die üblichen Korrelationen geraten durcheinander - Euro/Dollar und Gold entkoppeln sich, Zinsen und Gold ebenso.
Wie sich im Chart "Inflationserwartung, Oil und S&P 500" zeigen lässt, bewegen sich Gold und das über die Laufzeiten gemittelte Zinsniveau in wirtschaftlich "normalen" Zeiten recht synchron. In der normalisierten
Darstellung liefen Anfang 2003 Gold von unten und das Zinsniveau von oben aufeinander zu und blieben währen der zurückliegenden Hausse jahrelang eng verbunden in einer soliden Aufwärtsbewegung. So lieben insbesondere Aktionäre die Inflation - immer schön gleichmäßig und mäßig aufwärts.
Bis August 2007, dann drehte Gold nach oben, das Zinsniveau nach unten ab. Die Abweichung zwischen beiden ist mittlerweile erheblich, eine Annäherung in näherer Zukunft unwahrscheinlich. Das unterstreicht einerseits, dass eine wirtschaftliche Normalisierung noch weit weg ist, andererseits würde das "irgendwannige", unausweichliche Platzen der Bond-Blase den im Chart dargestellten Inflationserwartungen erst den richtigen Schub geben. Allerdings nur, wenn der Goldpreis auch dann noch weiter nach oben strebt.
Zur Frage der Tauglichkeit von Gold und Zinsen als Inflationsindikator hat Wainwright Economics im November 2005 eine interessante Untersuchung erstellt und hergeleitet, dass Gold bei nachhaltigen Preisauftrieben der Reaktion im Anleihemarkt ein Jahr voraus läuft. Es reagiert zudem sechs mal empfindlicher als Staatsanleihen, die nur einen Vorlauf von einigen Monaten besitzen.
Weiter fällt gegenwärtig auf, dass länger laufende, inflationsindizierte Anleihen höher notieren als kürzer laufende. Auch das spricht für längerfristig steigende Inflationserwartungen. Die insgesamt seit den Tiefpunkten im November 2008 erzielten Steigerungen zeigen die Erwartung auch kurzfristig steigender Preise.
Ich halte die Erwartung kurzfristig steigender Preise zumindest für verfrüht - über weite Strecken des Jahres 2009 dürfte sich eher eine deflationäre Tendenz durchsetzen. Ob danach mit stark steigenden Preisen zu rechnen ist, muss sich noch zeigen. Fällt die Rezession in eine Depression, sind die Voraussetzungen hierfür nicht günstig.
Bis weit in das laufende Jahr hinein dürfte auch die TBond-Blase noch gut gefüllt bleiben. Nicht nur deshalb, weil zunächst die deflationäre Phase abgearbeitet werden muss, sondern auch deshalb, weil die Zentralbanken viele weitere Staatsanleihen kaufen werden, um Geld in den Markt zu pumpen und die langfristigen Zinsen tief zu halten. Eine erste Warnstufe wäre erreicht, wenn die Rendite der 30jährigen TBonds wieder über die Marke von 4,2 Prozent steigt. Oberhalb von 5,3 Prozent wird es ernst - dann dürfte sich der Abverkauf von TBonds beschleunigen und auch signalisieren, dass die Akteure sich akut über einen Staatsbankrott Gedanken machen.
Noch ein Wort zu Gold: Abgesehen von einer nach dem Ausbruch noch kurz weiterlaufenden bullischen Attitüde dürfte es in Kürze einen Rückzug möglicherweise bis in den Bereich hinunter bis zu etwa 860 geben. Hier liegen wichtige charttechnische Linien (siehe Chart), deren Bestand getestet werden muss, um Sicherheit für das nächste Bein nach oben zu geben. Das wäre unter längerfristigen Gesichtspunkten bullischer zu werten, als jetzt unmittelbar weitere signifikante Zuwächse.
Und zum Thema Inflationsschutz: Die Frühwarneigenschaft von Gold hat auch Nachteile, wie die erwähnten Autoren schreiben. Der Preis von Gold fällt nämlich schon dann unvermittelt stark, wenn die Spitze des Inflationszyklus nahe ist. Die Autoren folgern daraus, dass andere Rohstoffe insbesondere in einer reifen Phase des Inflationszyklus einen besseren Schutz vor Inflation bieten. Dabei sollte ein Korb von Rohstoffen gewählt werden, die Energie-unabhängig sind (Goldman Sachs ex-energy Index). Noch besseren Inflationsschutz bietet der Untersuchung entsprechend ein jährlich angepasstes Portfolio, das zu 70 Prozent aus TBonds und zu 30 Prozent aus Nicht-Energie-bezogenen Rohstoffen zusammengesetzt ist.
Die erwähnten Charts können in diesem Artikel auf www.TimePatternAnalysis.de eingesehen werden.
© Klaus G. Singer
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