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Goldinvestitionen - Ein echter Grund zur Sorge für die Zentralbanken

10.03.2016  |  Steve St. Angelo

Am Goldmarkt hat sich eine bedeutende Trendwende vollzogen und das bereitet den Zentralbanken des Westens große Sorgen. Vor dem Kollaps der US-Investmentbanken im Jahr 2008 war der Umfang der jährlichen Investitionen in physisches Gold so gering, dass er vernachlässigt werden konnte. Mittlerweile hat sich die Situation jedoch deutlich geändert und das setzt die Entscheidungsträger in den westlichen Zentralbanken stark unter Druck.

Vor 2008 haben zahlreiche Zentralbanken, vor allem in westlichen Ländern, auf Netto-Basis Gold am Markt verkauft, um zu verhindern, dass der Goldpreis weiter steigt. Den Daten des World Gold Council zufolge beliefen sich die Netto-Verkäufe der Zentralbanken zwischen 2003 und 2009 auf insgesamt 2.846 Tonnen bzw. 91,5 Mio. Unzen Gold.

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2005 erreichten die Goldverkäufe mit 663 Tonnen ihr Maximum und konnten in jenem Jahr 21% der Gesamtnachfrage decken. Wo hätte der Marktpreis wohl gelegen, wenn die Notenbanken in den sieben Jahren von 2003 bis 2009 nicht 91,5 Mio. Unzen Gold auf dem Markt geworfen hätten?

Im Jahr 2010 kam es jedoch zu einer grundlegenden Veränderung. Während die Federal Reserve in den Vereinigten Staaten und andere westliche Zentralbanken (zuerst die Bank of Japan, dann auch die Europäische Zentralbank) ihre euphemistisch als "quantitative Lockerungen" bezeichneten, massiven Gelddruck-Programme fortsetzten, wurden verschiedene andere Notenbanken, besonders in der östlichen Hemisphäre, zu Netto-Käufern von Gold.

Die Goldkäufe der Zentralbanken begannen im Jahr 2010 mit nur 79 Tonnen auf Netto-Basis, stiegen jedoch 2011 sprunghaft auf 625 Tonnen an. Die Schätzungen für 2015 gehen von Netto-Käufen in Höhe von 588 Tonnen aus. Auch im letzten Jahr waren es vor allem die Zentralbanken östlicher Staaten, die ihre Goldreserven auf Geheiß ihrer Regierungen aufstockten. Der Großteil der Käufe wurde durch China und Russland getätigt.

Was für eine Umschwung, nicht wahr? Zwischen 2003 und 2009 haben die Zentralbanken 91,5 Mio. Unzen Gold verkauft, doch in den letzten sechs Jahren hat sich das Bild komplett gewandelt: Zwischen 2010 und 2015 haben die Notenbanken ihre Goldbestände auf Netto-Basis um 94 Mio. Unzen erhöht.


Zunahme der physischen Goldinvestments beunruhigt die Zentralbanken

Während die Notenbanken des Westens ihr Gold auf dem Markt verschleuderten, um die Preise zu drücken, tun die Zentralbanken des Ostens genau das Gegenteil. Durch die Goldkäufe der östlichen Zentralbanken hat der jährliche Umfang der Netto-Investitionen in physisches Gold weiter zugenommen.

Ich beziehe mich an dieser Stelle nur auf Gold in Form von Münzen oder Barren, die Änderungen in den Beständen der Gold-ETFs habe ich ausgeklammert. Diese stellen zwar ebenfalls eine Möglichkeit dar, Kapital in Gold anzulegen, doch es gibt Spekulationen darüber, dass einige (oder ein großer Teil) der weltweiten Goldreserven der ETFs frei erfunden oder überzeichnet sind, d. h. dass es für jede Unze Gold mehr als nur einen einen Besitzer gibt.

Damit Sie eine Vorstellung davon bekommen, wie bedeutend die Trendwende im Hinblick auf die physischen Goldinvestitionen in den letzten Jahren war, habe ich den folgenden Chart erstellt:

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Für den Chart habe ich die Gesamtnachfrage nach Goldmünzen und -barren des jeweiligen Jahres herangezogen und die Netto-Käufe oder -Verkäufe der Zentralbanken addiert bzw. subtrahiert. Anschließend habe ich berechnet, welchen Anteil dies an der globalen Gesamtnachfrage nach Gold hatte. 2003 belief sich die Nachfrage nach Goldmünzen und -barren auf 304 Tonnen, während die Zentralbanken 620 Tonnen des Edelmetalls verkauften. Die Investitionen in physisches Gold gingen in jenem Jahr also um 316 Tonnen zurück. Damit erreichten die Netto-Investitionen in physisches Gold -12%, d. h. 2003 erfolgte insgesamt ein Abbau der Goldinvestments um 12%.



Mir ist bewusst, dass das unter Umständen etwas verwirrend ist, aber wenn die Notenbanken auf Netto-Basis Gold verkaufen, bedeutet das, dass sie ihre Goldreserven verringern. Zudem wurde der Großteil dieser Verkäufe verwendet, um die allgemeine Nachfrage am Markt zu befriedigen, einschließlich der Nachfrage nach Schmuck, Münzen und Barren und nach Gold für die Verwendung i, Technologiesektor.

Hier sehen Sie beispielsweise die Zahlen für 2003:


Globale Goldnachfrage im Jahr 2003


Der weltweite Goldbedarf belief sich 2003 zwar auf 3.174 Tonnen, doch da die Notenbanken insgesamt 620 Tonnen verkauften, senkten sie die Gesamtnachfrage praktisch auf 2.554 Tonnen.

Wie wir anhand des obenstehenden Charts erkennen können, waren die Netto-Investitionen in physisches Gold vor dem Kollaps der Finanzmärkte und der Weltwirtschaft 2008-2009 entweder negativ oder sehr gering (2% im Jahr 2006). Als die Zentralbanken nach 2010 begannen, ihre Goldreserven wieder zu erhöhen, nahm auch die Nachfrage nach Münzen und Barren zu.

Werfen wir einen Blick auf die Zahlen von 2013, dem Jahr mit der höchsten globalen Nachfrage:


Globale Goldnachfrage im Jahr 2013


Wie wir sehen, hatten die Käufe der Zentralbanken und die Nachfrage nach Goldmünzen und -barren im Zeitraum von zehn Jahren deutlich zugenommen. 2003 lagen die Netto-Investitionen in physisches Gold (Münz- und Barrennachfrage abzüglich der Verkäufe der Notenbanken) bei -318 Tonnen, während sie 2013 auf 2.331 Tonnen gestiegen waren. Damit belief sich der Anteil der physischen Goldinvestitionen an der Gesamtnachfrage auf 52% - ein absoluter Rekord.

(Hinweis: Bei der Erstellung des obenstehenden Charts habe ich die Änderungen in den Beständen der weltweiten Gold-ETFs ausgeklammert, aber für die Gesamtnachfrage habe ich die Zahlen des World Gold Council verwendet, die entsprechend der Änderungen bei den Gold-ETFs angepasst wurden.)

Warum ist das so wichtig? Wenn wir die Goldverkäufe der Zentralbanken berücksichtigen, waren die Netto-Investitionen in physisches Gold vor 2008 verschwindend gering oder sogar negativ. Selbst wenn wir die Zentralbanken ausklammern, hatte die Münz- und Barrennachfrage im Jahr 2003 mit 304 Tonnen nur einen Anteil von 12% an der Gesamtnachfrage, die sich damals auf 2.594 Tonnen belief.

Dennoch verkauften die Zentralbanken große Mengen Gold am offenen Markt, um die Nachfrage zu decken und den Goldpreis zu drücken. Doch jetzt, da die Zentralbanken des Ostens zu Netto-Käufern von Gold geworden sind und auch die Nachfrage nach Münzen und Barren gestiegen ist, entfallen fast 40% der weltweiten Gold-Gesamtnachfrage auf die Investitionen in physisches Gold. Noch vor wenigen Jahren lag dieser Anteil im einstelligen Bereich.

Die westlichen Notenbanken haben erkannt, dass der Goldpreis die Nachfrage bestimmt. Aus diesem Grund mussten sie ihn zu Beginn des Jahres 2013 von 1.600 US-Dollar auf 1.150 US-Dollar drücken. Obwohl die Nachfrage 2013 noch einmal signifikant gestiegen ist, gab es genügend überirdische Goldreserven wie z. B. die Bestände der ETFs, mit deren Hilfe sie gedeckt werden konnte.

Das eigentliche Ziel der Zentralbanken westlicher Staaten war es meiner Ansicht nach jedoch, dafür zu sorgen, dass der Goldpreis allmählich immer weiter fällt, damit die Investoren das Interesse an dem Edelmetall verlieren. Es gibt Gerüchte darüber, dass auch China an den Manipulationen des Goldmarktes beteiligt ist. Falls das zutrifft, dann nicht, weil die Chinesen den westlichen Zentralbanken einen Gefallen tun wollen, sondern weil sie auf lange Sicht selbst davon profitieren.

Es gibt einen weiteren Faktor, den ich bei meinen Berechnungen außen vor gelassen habe. Ein großer Teil des Goldschmucks wird von Indien nachgefragt. Allein im vergangenen Jahr kauften die Inder 654 Tonnen an Goldschmuck. Ich schätze, dass ein Großteil dieses Schmucks nicht nur als Zierde dient, sondern vor allem als Wertanlage betrachtet wird. Es stimmt natürlich, dass auch die Chinesen (und in geringeren Mengen auch die US-Amerikaner) 2015 sehr viel Goldschmuck erworben haben. Ja, auch dieses Gold kann am Markt in etwa zum Spot-Preis verkauft werden, wenn die Besitzer clever sind.

Dennoch erfüllt Goldschmuck in Indien eher die Rolle einer Wertanlage, als in China oder in den Vereinigten Staaten. Manche Chinesen kaufen zwar nach wie vor Goldschmuck, weil sie darin einen dauerhaften Wert sehen, doch viele von ihnen ähneln in dieser Hinsicht mehr und mehr den Amerikanern und verwenden das Gold allein zur Zierde.

Wir dürfen nicht vergessen, dass sich seit der Pleite von Lehman Brothers und Bear Stearns im Jahr 2008 nichts geändert hat. Die Lage des Finanzsystems ist heute sogar schlechter, als damals. Ich habe von zahlreichen Edelmetallhändlern gehört, dass wohlhabende Investoren seit dem Preissprung um 5% in der letzten Woche große Mengen an Gold kaufen.

Ich denke, dass 2016 ein sehr interessantes Jahr für den Edelmetallsektor wird. Heute ist der Preis bereits 30 Dollar im Plus und liegt bei 1.238 USD. Die Bullionbanken kontrollieren nach wie vor den Papierpreis, doch die physischen Märkte werden den Zentralbanken des Westens in Zukunft wahrscheinlich ernste Probleme bereiten.

Die Investitionen in physisches Gold müssten gar nicht besonders stark zunehmen, um den Markt in enorme Bedrängnis zu bringen. Seien Sie auf der Hut vor möglichen Engpässen und Preisexplosionen an den Edelmetallmärkten in diesem Jahr. Wenn es soweit kommt, könnte es praktisch unmöglich werden, physisches Gold und Silber zu erwerben.


© Steve St. Angelo
(SRSrocco)


Dieser Artikel wurde am 18. Februar 2016 auf www.srsroccoreport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.