Wöchentlicher Kommentar: Droht ein Verzug für Silber?
18.06.2006 | Theodore Butler
Vergangene Woche betonte ich in meinem Aufsatz "Neuerlicher Beweis für die Silber-Manipulation" die wachsende und massive Stellung der größten Händler von Shortpositionen (im Vergleich zu den größten Händlern auf der Long-Seite) auf dem COMEX Silbermarkt. Meine gesamte Analyse basierte auf Datenquellen ab dem 30. Mai 2006, die in dem COT-Bericht (Commitment of Traders Report; Bericht, der einen Einblick in die Positionierung der Marktteilnehmer erlaubt) enthalten waren. Meine Absicht war es, zu zeigen, wie diese Beweise einen guten Grund für eine sofortige Untersuchung einer möglichen Manipulation darstellen. Ich habe diese Informationen an den neuen Vorstand der Commodity Futures Trading Commission (CFTC; Regulierungsbehörde für den Rohstoffhandel) und des NYMEX/COMEX mit der Erwartung weitergeleitet, wie es auch viele von ihnen taten, dass sie diese Situation erklären und/oder richtig stellen würden.
Der gerade veröffentlichte COT-Bericht für Positionen ab dem 6. Juni 2006 schockierte und bestürzte mich. Er bestätigte nicht nur meine Überzeugung, dass die größten Händler von Shortpositionen im COMEX weiterhin durch ihre massive Konzentration die Long-Seite dominierten (und ihre Stellung sogar ausbauten), sondern der jüngste COT-Bericht enthält Daten, die so beunruhigend waren, dass sie die Möglichkeit eines drohenden Verzuges im COMEX Silbermarkt bedeuten könnten. Zumindest aber erklären die jüngsten Daten ausreichend die kürzlich stattgefundenen extremen Abstoßungsverkäufe von Silber und sie bestärken meine Behauptungen einer Preismanipulation nach unten.
Was die neuen Daten so alarmierend macht, ist, dass sie möglicherweise anzeigen, dass ein paar oder vielleicht sogar nur einer der größten Händler von Shortpositionen sich vom Rest der Händler der Shortpositionen abgekoppelt haben könnte und sich zu einem schurkischen einzelgängerischen Händler entwickelt haben könnte, der absichtlich die Preise nach unten treibt, um den wirtschaftlichen Verlust zu reduzieren oder um Silber billig auf anderen Märkten kaufen zu können. Währenddem die Händlergemeinschaft als ganzes bei dem Preisverfall von Silber die Shortpositionen aggressiv zurückkaufte und deckte (wie erwartet), vergrößerte der/die größte(n) Händler seine/ihre Shortpositionen während des Preisverfalls. So etwas ist noch nicht vorgekommen.
Für diejenigen, welche sich wundern, dass der Silberpreis so schwach ist, sollte der COT-Bericht eine Antwort liefern. Der größte/die größten Händler haben immer verkauft, wenn der Markt am wenigsten zahlungsfähig war (auf dem elektronischen Access Markt zur Nichtgeschäftszeit und bei der regulären Öffnung und Schließung der Sitzungen), um einen größtmöglichen Preisverfall zu verursachen. Das ist Preiskampf in seiner extremsten Erscheinungsform, mit dem Ziel, die Long-Seite aus ihrer Halteposition zur Liquidation zu bewegen. Leider hatte das den beabsichtigten Effekt, denn die Long-Seite wurde vom Markt gespült. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass dies gegen das Handelsgesetz verstößt.
Am wichtigsten dabei ist, dass das Short-verkaufen des größten Händlers bei sehr starkem Preisverfall einen erstklassigen Beweis der Manipulation liefert. Bisher erfolgte das Short-verkaufen der Händler ("Commercial Dealers", wenige Marktteilnehmer, mit massiven Shortpositionen) lediglich bei Preiskämpfen. Als solches würde es unter die Kategorie des Marktbestimmens fallen (ein eigenständiges Problem welches möglicherweise ebenfalls eine Verletzung des Handelsrechtes darstellt). Doch bei dem neuerlichen short-gehen bei massivem Preisverfall lässt sich der Schein des "normalen" Verkaufens nicht wahren. Das Verkaufen des größten Händlers verfolgt eindeutig das Ziel, einen weitern Preisverfall herbeizuführen. Überzeugendere Beweise für eine Manipulation lassen sich schwer finden.
Schauen wir uns einmal die Zahlen an. Der aktuelle COT-Bericht zeigt, dass die Händler ihre gesamten Netto-Short-Positionen um 5300 Verträge verringert haben, hauptsächlich durch eine Vergrößerung ihrer Gesamt-Long-Position. Sogar die Händler, die als die größten 5 bis 8 identifiziert wurden, verringerten ihre Netto-Short-Position um etwa 2000 Verträge. Aber die Händler, die als die 4 oder weniger der größten Händler identifiziert wurden, erhöhten ihre Netto-Short-Position um 1.200 Verträge. Daraus folgt, dass die 4 oder weniger der größten Händler verglichen mit den Long-Händlern, der Gesamtzahl der anderen Händler und den 5 bis 8 großen Händlern eine konzentriertere Position innehaben als dies jemals in der Vergangenheit der Fall war.
Die Veränderungen hinsichtlich der tatsächlichen Anzahl der Verträge an sich in irgendeiner Woche ist dabei nicht so wichtig, wie es das Gesamtverhalten und die Absichten der größten Händler sind, die durch diese Veränderungen möglicherweise aufgezeigt werden. Die Daten der vergangenen Zeit zeigen, dass die Händler als ganzes die Short-Seite verlassen während der/die größte(n) Händler mehr verkaufen. Ich wiederhole, so etwas ist noch nie vorgekommen und sollte für die CFTC ein eindeutiges Signal dafür sein, dass etwas nicht in Ordnung ist.
Nehmen wir den COT-Bericht vom 28. Februar als Ausgangspunkt. Dort zeigten die Verteilungsverhältnisse, dass es für jeden Netto-Short-Vertrag von einem der größten 5 bis 8 Händler 1,96 Netto-Short-Verträge von einem der größten 1 bis 4 Händler gab. Von diesem Zeitpunkt an hat sich das Verhältnis verändert. In dem letzten Bericht sehen wir, dass es für jeden Netto-Short-Vertrag von einem der größten 5 bis 8 Händler jetzt unglaubliche 4,45 Verträge von den 1 bis 4 größten Händlern gibt. Die folgende Grafik veranschaulicht diese steigende Konzentration auf einige wenige Händler auf der Short-Seite:

Mit anderem Worten haben die 4 oder weniger der größten Händler ihre konzentrierten Short-Positionen im Vergleich zu den nachfolgenden 4 großen Händlern in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt. (Spezieller Dank gebührt Carl Loeb für die Grafik und andere wichtige Beiträge zu diesem Artikel.)
Wie bereits festgestellt, bedeutet die Tatsache allein, dass es eine konzentrierte Position gibt, noch lange nicht, dass eine Preismanipulation im Gange ist. Jedoch ist es auch richtig, dass es ohne eine konzentrierte Position keine Preismanipulation geben kann. Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum die CFTC die Konzentrationsverhältnisse der 8 größten Händler veröffentlicht, so dass, sobald eine Konzentration erkennbar ist, diese als Warnsignal für die Regulatoren dienen kann, um so einer illegalen Manipulation vorzubeugen.
Aus der graphischen Darstellung geht hervor, dass der Großteil des Konzentrationsanstieges an Netto-Short-Positionen der/des größten Händlers ab dem 9. Mai stattfindet - genau zu einer Zeit des großen und gnadenlosen Preisverfalls als alle anderen Händler ihre Shortpositionen zugunsten von Longpositionen erheblich reduzierten. Eine konzentrierte Position sowohl auf der Short- als auch auf der Long-Seite kann ein Hinweis auf eine beabsichtigte Manipulation sein. Eine solche Konzentration, welche den Preis in Richtung eben dieser konzentrierten Position dirigiert, kommt einem Beweisstück nahe, das von der CFTC oder der Börse nicht bewusst ignoriert werden kann.
Der letzte COT-Bericht liefert überdeutliche Beweise, dass sich eine noch nie da gewesene Konzentration von Positionen ereignet hat, die noch im Wachsen begriffen ist und demzufolge sollten bei der CFTC die Alarmglocken schrillen.
Die 4 oder weniger der größten Händler besitzen jetzt netto-short das Äquivalent von 187.625.000 Unzen oder 37.525 Termingeschäften, was unglaublichen 86% der gesamten Nettohandels-Shortpositionen entspricht. Dies ist der höchste Prozentsatz in der Geschichte. Mathematisch bedeutet das, dass die 4 oder weniger der größten Händler auch die entsprechenden und umgekehrten 86% der gesamten Netto-Long-Positionen in den nicht-kommerziellen und nicht-berichtpflichtigen Kategorien besitzen. Denken Sie einmal darüber nach. Dies bedeutet, dass die 4 oder weniger der größten Händler das an Netto-Short besitzen, was Tausende von öffentlichen Marktteilnehmern an Netto-Long Positionen besitzen. Im wahrsten Sinne des Wortes, die Short-Positionen von 4 Händlern stehen der ganzen Welt gegenüber. Oder vielleicht präziser ausgedrückt, eine riesengroße Shortposition gegenüber dem Rest der Welt mit 3 anderen Händlern, die weit geringere Short-Positionen in dieser Kategorie besitzen und die sich eher mit denen der Händler in der Gruppe der 5 bis 8 größten Händler vergleichen lassen.
Was hat diese beispiellose und belegbare konzentrierte Short-Position, von der ich behaupte sie sei manipulativ, mit einem drohenden Verzug für Silber zu tun? Hier müssen sie sich auf ihren gesunden Menschenverstand verlassen. Sie müssen sich überlegen, wie diese konzentrierte Short-Position aufgelöst werden wird.
Wie ich kürzlich geschrieben hatte, ist jede Short-Position ein Leerverkaufsgeschäft, das eines Tages durchgeführt oder eingelöst werden muss. Die Durchführung des Geschäftes kann entweder durch Lieferung, in diesem Fall von tatsächlichem Silber, oder durch Wiedererwerb oder Zurückkaufen der Short-Verträge erfolgen. Dies trifft auch auf die 187 Millionen Unzen der 4 oder weniger der größten Händler zu. Falls diese Händler auch wirklich tatsächlich 187 Millionen Unzen Silber besitzen, das sie zu liefern beabsichtigen, dann droht kein Verzug bei Silber. Doch dies heißt trotzdem nicht, dass sie nicht der Manipulation und des unfairen Preiskampfes schuldig sind, weil der Besitz einer großen Menge an Waren es einem entsprechend des Handelsgesetzes nicht erlaubt, den Markt zu dominieren und zu manipulieren.
Wenn zu einer Preismanipulation zusätzlich noch die Tatsache hinzukommt, dass diese Händler kein Silber besitzen, dann verleiht dies dem Schreckgespenst von nicht ordnungsgemäßen Preisbildungen und/oder Verzug eine noch höhere Wahrscheinlichkeit. Die großen Händler drücken die Preise ganz klar nach unten und es ist logisch, dass sie sie nach oben treiben werden, falls und wenn sie ihren Kurs ändern. Zuerst wird der Preis nach unten manipuliert und danach folgt eine regelwidrige Preisfestsetzung nach oben. Aus der Sicht der Regulatoren sieht das ziemlich schlimm aus. Doch es gibt eine noch schlimmere Folge - ein tatsächlicher Verzug bei COMEX Silber Verträgen durch das Zurückweisen dieser Verträge aufgrund von Konkurs.
Nach genauem Studium der Daten bin ich davon überzeugt, dass von den 187 Millionen Unzen, die von den 4 oder weniger Händlern short gehalten werden, in der Größenordnung zwischen 100 und 125 Millionen zu nur einem Händler gehören. Es sieht sehr danach aus, dass dies ein einzelner Händler ist, der jetzt mehr verkauft um Zeit zu gewinnen, obwohl er jetzt schon viel zu tief drin steckt. Die anderen Händler haben das bemerkt und beginnen ihre Short-Positionen zurückzukaufen und auf die Long-Seite zu wechseln. Damit werden die großen Verkäufe vollständig dem großen Short-Händler überlassen. Die jüngere Geschichte ist voll von Beispielen an solcherart Verhalten. Beispielsweise sind in den vergangenen paar Jahren Händler aus der Volksrepublik China sowohl auf dem Öl- als auch auf dem Kupfermarkt aufgetaucht. Warum nicht auf dem Silbermarkt?
Ich wäre bestimmt nicht überrascht, wenn es sich heraustellen würde, dass hinter dem konzentrierten Short-Verkauf bei Silber ein agressiver einzelner Händler der PROC (Volksrepublik China) steckt, doch die Frage des wer ist hier nicht wichtig. Was wichtig für den Markt ist, ist dass aggressive schurkische Händler schließlich in Verzug geraten und dieser Verzug Chaos verursacht.
Ich weiß, dass ich den Beamten des CFTC und des COMEX keine Schuld daran geben kann, dass sie mir kein Gehör schenken wollen. Welche Institution läßt sich schon gern etwas von einem Kritiker sagen, vor allem von einem Außenstehenden. Aber ich weiß, dass ich ihnen damit vielleicht sogar einen Gefallen tue indem ich sie auf ein mögliches sehr ernsthaftes Problem aufmerksam mache. Bei der derzeitigen Konzentration der Short-Positionen, die weit größer als der gesamte Bestand des COMEX Silbermarktes ist (von dem sicherlich nicht alles zu einer Lieferung bereitstünde), stellt das Risiko eines Verzuges im COMEX durch den größten und konzentriertesten Händler eine große Bedrohung dar. Unschuldig Betroffene, Verrechnungsfirmen bis hin zu normalen Mandaten und Händlern und Angestellten aller Art würden unter einem Silber-Verzug zu leiden haben. Ein Verzug ist das schlimmstmögliche Ereignis, das einer Börse oder einem Markt passieren könnte. Ein Verzug würde den Gedankenan einen Börsengang des NYMEX zu einem Witz werden lassen, noch viel lächerlicher als sich Refcos Börsengang herausstellte.
Das letzte, das ich erleben möchte ist ein Verzug im COMEX Silber. Mit dem Gedanken, ein solch schreckliches Ereignis abzuwenden, werde ich sogar einen konstruktiven Lösungsvorschlag unterbreiten, um einem solchen Ausgang vorzubeugen. Die Verantwortlichen der Börse und Regulierungsbehörde sollten darauf bestehen, dass bei den konzentriertesten Short-Händlern für jeden Vertrag, der nicht belegbar mit sofort lieferbarem Silber gedeckt ist, der volle Vertragswert als Sicherheit einbehalten wird, so dass die Position abgewickelt werden kann, ohne dass das Gemeinwohl beeinträchtigt wird und die normalen Investoren geschädigt werden, zu deren Schutz die CFTC gegründet worden ist.
Nur damit niemand meine Worte falsch interpretiert, dieser mögliche Verzug ist die preistreiberischste Entwicklung, die es für Silber geben könnte und für diejenigen, welche wirklich Silber besitzen. Dieser Verzug bringt einen preistreiberischen Faktor ins Spiel, der jenseits jeder Beschreibung liegt, wenn die konzentrierten Shortpositionen aufgelöst werden. Erlauben sie mir, es dabei zu belassen, da ich nicht von meiner Bostchaft an die Regulatoren ablenken möchte, indem ich über die Vorzüge von Investitionen in Silber spreche.
Ich weiß, dass die Problematik, die ich anspreche ernst ist und dass die Regulatoren reagieren werden wie sie es immer tun. Jedoch mußten wir beim letzten Mal als ich eine Petition mit ihrer Hilfe einreichte, 5 Monate warten und uns durch 9 Seiten von verworrenen und irreführenden Leugnungen kämpfen. Bei der derzeitigen Situation bei Silber handelt es sich um einen Notfall. Da ist ein Verbrechen im Gange. Die mächtige Short-Seite zwingt den Markt stark und mit voller Absicht nach unten indem sie die bereits stark konzentrierte Short-Position weiter ausbaut, was deutlich aus den von der CFTC veröffentlichten Daten hervorgeht. Dies dient keinem vernünftigen wirtschaftlichen Ziel und könnte nur dazu dienen, den schrecklichen Tag der Abrechnung herauszuzögern, welcher, wenn er kommtein sehr häßliches Ereignis für die Börse, ihre Treuhänder und die CFTC werden könnte.
Die Regulatoren der CFTC und des NYMEX/COMEX müssen sofort eingreifen um das manipulative Vorgehen der/des konzentrierten Short-Händlers zu stoppen und sie müssen Maßnahmen ergreifen, um den Markt vor einem Verzug zu bewahren. Oder sie müssen rechtzeitig erklären, warum die von ihnen veröffentlichten Daten auf keine manipulative oder gefährliche Konzentration hinweisen, wie sie seit den Hunt-Brüdern nicht wieder vorkam.
Ich habe diesen Artikel an den neuen Vorstand der CFTC und den NYMEX/COMEX zusammen mit einem Anschreiben geschickt, in dem ich sie bitte, diese Angelegenheit zu untersuchen und zu beantworten. Im allgemeinen besteht eine größere Chance auf eine zeitlich angemessene Antwort, wenn viele Leute dorthinschreiben. Wenn sie die Behörde kontaktieren möchten, so dürfen sie jederzeit gern meinen Artikel benutzen.
© Theodore Butler
Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 12.06.2006 auf der Website www.investmentrarities.com veröffentlicht.