Warum es zum Crash kommen muss - und wird
28.04.2017 | Chris Martenson
Wie eine alte, zerfurchte Schallplatte, bei der die Nadel immer wieder zurückspringt und das gleiche Lied zum hundertsten Mal spielt, wiederholen wir: Die Märkte sind heute gefährlich überbewertet.
Da wir von der Bedeutung der Fundamentaldaten überzeugt sind und nicht glauben, dass Wohlstand einfach aus dem Nichts herbeigedruckt werden kann, betrachten wir die Finanzmärkte mit äußerster Skepsis, seit die Zentralbanken ihren höchst interventionistischen Kurs begonnen haben. Seit 2009 haben sie mehr als 12 Billionen Dollar an neu geschöpftem Geld in die Welt gepumpt. Infolgedessen hat sich der Wohlstand in den Händen einer kleinen Elite konzentriert, während gleichzeitig allerorts Spekulationsblasen entstanden sind (siehe dazu auch unser Artikel "Die Mutter aller Finanzblasen").
Wir haben schon immer die Ansicht vertreten, dass alle Preisblasen eines Tages platzen. Aus diesem Grund sagen wir auch jetzt vorher, dass die weltweiten Finanzmärkte bei ihrem aktuellen Höhenflug auf spektakuläre Weise abstürzen werden - und dabei Jobs, Träume, Hoffnungen, ganze Volkswirtschaften und politische Karrieren gleichermaßen zerstören werden.
Wenn das passiert, wird es den Notenbanken so viel Angst machen (oder sie einfach nur so sehr blamieren), dass sie mit dem aggressiven Drucken von noch mehr Geld reagieren werden. Dadurch wird das gesamte Geldsystem schließlich zusammenbrechen - zuerst implodiert es in einer Deflation, dann explodiert es in einem finalen Feuerball der Hyperinflation (siehe dazu auch unser Artikel "Wenn das ganze System zusammenbricht...").
Es kann nicht anders enden. Geld ist nicht gleichbedeutend mit Vermögen, sondern nur ein Anspruch auf Vermögenswerte. Schulden sind wiederum ein Anspruch auf zukünftiges Geld. Vertrauen in die aktuelle Geld- und Währungspolitik kann man nur haben, wenn man glaubt, dass unsere Schulden etwa doppelt so schnell steigen können, wie unsere Wirtschaftsleistung - und zwar bis in alle Ewigkeit. Anders gesagt müsste es problemlos möglich sein, dass sich unsere Zahlungsverpflichtungen Jahr für Jahr zweimal so schnell erhöhen wie unsere Einnahmen.
Das wäre so, als würden wir unsere Kreditkartenschulden einfach immer in den nächsten Monat mitnehmen und zulassen, dass die Gesamtsumme jährlich um 10% steigt, obwohl unser Einkommen nur 5% wächst. Letzten Endes bekommen wir ein mathematisches Problem: das Einkommen wird vom Schuldendienst aufgefressen. Erst werden Sie zahlungsunfähig, dann folgt der Ruin.
Auf nationaler Ebene sind die USA bereits insolvent, d. h. die Verbindlichkeiten übersteigen die Aktivposten. Die Vereinigten Staaten haben jahrzehntelang mehr ausgegeben als sie sich leisten konnten, dabei private und öffentliche Schulden in astronomischer Höhe angehäuft und die Ansprüche auf Transferleistungen zunehmend erweitert. Ja, auch Staaten können bankrott gehen. Ein Insolvenzverfahren ist jedoch ein juristischer Prozess, der nicht auf eine ganze Volkswirtschaft angewendet werden kann. Was also meinen wir, wenn wir von der drohenden Staatspleite sprechen?
Einfach gesagt bedeutet die Insolvenz eines Staates, dass die Forderungen, die in den Schulden und in den überschüssigen Geldmengen zum Ausdruck kommen, gänzlich vernichtet oder zumindest teilweise abgeschrieben werden müssen, um die Sache wieder ins Lot zu bringen. Der österreichische Ökonom Ludwig von Mises hat es am treffendsten ausgedrückt:
"Es ist unmöglich, den letztendlichen Zusammenbruch eines Booms, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde, zu vermeiden. Wir haben nur die Wahl, ob die Krise früher auftritt, wenn wir freiwillig die Kreditexpansion beenden, oder aber später, indem das bestehende Währungssystem zusammenbricht."
Leider haben unsere Regierungen nicht die geringste Bereitschaft gezeigt, die Kreditexpansion freiwillig zu beenden. Ganz im Gegenteil: Mit dem geldpolitischen Kurs der Federal Reserve als Vorbild bestand der Plan der Notenbanken weltweit in dem freiwilligen und immer verzweifelteren Versuch, das Kreditvolumen noch aggressiver auszuweiten als zuvor. Um zu verstehen, die gefährlich die Lage allein in den USA mittlerweile geworden ist, genügt ein Blick auf diesen Chart:
Die Gesamtheit unserer derzeitigen Schulden und anderer Zahlungsverpflichtungen beläuft sich auf mehr als 1.000% (!) der jährlichen Wirtschaftsleistung, auch bekannt als Bruttoinlandsprodukt. Das Wirtschaftswachstum der USA begann bereits um das Jahr 2000 herum, sich aufgrund der zu hohen Schulden zu verlangsamen. Statt den natürlichen Gesetzen des Marktes zu erlauben, diese exzessive Verschuldung zu bereinigen, beschloss die Fed, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um das Problem zu "lösen". Das Heilmittel? Nullzinsen, um die Kosten für den Schuldendienst zu senken, und das Drucken von Billionen neuer Dollars zur Finanzierung weiterer Kredite.
Natürlich kann die echte Lösung eines Schuldenproblem nie darin bestehen, noch mehr Schulden zu machen. Das ist, als würde man Krebs mit Krebs behandeln. Oder Alkoholismus mit dem Trinken von noch mehr Alkohol. Doch genau so funktioniert die verdrehte Logik unserer Zentralbanken.
Der einzige Weg, der sich in der Geschichte als praktikabel erwiesen hat, beinhaltet finanzielle Sparmaßnahmen und den Abbau der Schulden. Oder, wie von Mises es ausgedrückt hat, die freiwillige Beendung der Kreditexpansion. Das erfordert allerdings echten politischen Mut und die Bereitschaft der Gesellschaft, die unangenehmen Begleiterscheinungen zu ertragen, die die notwendigen Einschränkungen mit sich bringen, um die verschwenderische Lebensweise früherer Jahre zu kompensieren. Sie glauben nicht, dass das in absehbarer Zukunft geschehen wird? Wir auch nicht...
Mit Blick auf den obenstehenden Chart genügt es festzustellen, dass sich in der gesamten Geschichte der Menschheit kein Land jemals unter einem solchen Berg aus Schulden und Zahlungsverpflichtungen wieder hevorgegraben hat. Niemals. Kein einziges.
Die einzige Möglichkeit zur Vermeidung der Krise wäre der plötzliche Beginn eines extrem starken Wirtschaftswachstums über einen sehr langen Zeitraum hinweg - aber auch nur, wenn wir den Geldsegen einer solchen Zeit verwenden, um unsere Schulden und andere Verbindlichkeiten abzubezahlen, statt ihn als Entschuldigung dafür zu benutzen, dass wir die Probleme weiterhin ignorieren, denn hey, es läuft doch gerade großartig!
Wir können jedenfalls festhalten, dass keinerlei Bestrebungen zu erkennen sind, die Kreditexpansion freiwillig aufzugeben, sondern dass man sich dagegen alle Mühe gibt, sie immer weiterzuführen. Wir steigen höher und höher auf der Leiter des Kreditvolumens, von der wir eines Tages herunterfallen werden. Wir haben die Höhe, aus der ein Sturz noch mäßig schmerzhaft gewesen wäre, schon lange überschritten. Wenn wir jetzt fallen, ist es vermutlich tödlich.
Die Nullzinspolitik ist allerdings genau darauf ausgelegt, dass wir die Kreditleiter immer weiter nach oben klettern. Die Zentralbanken haben schließlich ganz offen zugegeben, dass ihr Ziel darin bestand, höhere Ausgaben und die Aufnahme neuer Kredite zu fördern, als sie blindlings ins kalte Wasser der Null- und Negativzinsen sprangen.
Die Tatsache, dass die niedrigen und in einigen Teilen der Welt sogar negativen Zinsen die Sparer und ihre Altersvorsorge extrem benachteiligen, ist für die Federal Reserve nicht einmal von flüchtigem Interesse. Ihr einziges Ziel ist es, die Ausweitung der Kredite anzukurbeln, und zwar so schnell wie möglich. Das Gleiche gilt für die Europäische Zentralbank, die Bank of England, die Bank of Japan und sogar die Chinesische Volksbank. Sie alle haben den gleichen Plan: Kreditexpansion!
Allerdings geht dieser Plan nicht auf. Er versagt kurzfristig, wie das unterdurchschnittliche Wachstum der letzten mehr als zehn Jahre zeigt, und insbesondere auch langfristig. Warum? Ganz einfach, weil nichts endlos und exponentiell wachsen kann. Sogar das Universum selbst könnte der Theorie vom Big Crunch zufolge eines Tages aufhören sich auszudehnen und wieder in sich zusammenstürzen. Leider ist die ewige Expansion aber der einzige Plan, den die großen Notenbanken rund um den Globus derzeit haben.
Weil das Versagen dieser Strategie eine mathematische Gewissheit darstellt, ist es unsere Aufgabe als Privatpersonen, die Situation richtig zu verstehen und entsprechend zu handeln. Wir müssen uns der Realität stellen, dass wir in einem kaputten System leben. Wir können die Wahnsinnigen nicht aufhalten, aber wir können zumindest die Konsequenzen ihres Handelns vorhersehen und uns so gut wie möglich von dem hirnrissigen Weg lossagen, den sie eingeschlagen haben. Stellt sich die Frage, wie realitätsfremd die Banker eigentlich sind? Adam Taggart schrieb dazu kürzlich:
"Janet Yellen hat gerade mehr Öl in das schwelende Feuer meines Hasses auf die Banken gegossen. Auf einer Konferenz in Washington hat sie heute unter dem Motto 'Ein starkes Fundament: Die wirtschaftliche Zukunft unserer Kinder und Gemeinschaften' eine kurze Rede gehalten. Darin konzentrierte sie sich auf die Schwierigkeiten, mit denen Kinder aus armen Verhältnissen konfrontiert sind, und versuchte offenbar, sich als ihre Fürsprecherin darzustellen, die sich dafür einsetzt, Familien aus der Armut zu holen.
Wirklich, Janet? Im Ernst? Was ist mit dem beispiellos niedrigen Zinsniveau, das du in die Wege geleitet hast? Das jeden Anreiz zur Schaffung von Sparrücklagen zerstört hat? Das den amerikanischen Haushalten ihre Kapitalerträge genommen hat, insbesondere denen, die in festverzinsliche Anlagen investieren?
Das niedrige Zinsniveau, durch das allerorts Finanzblasen entstanden sind, die ein eigenes Haus für junge Familien jetzt nahezu unerschwinglich machen, und die zur Explosion der Mietkosten und anderer Lebenshaltungskosten geführt haben? Was ist mit den Niedrigzinsen, die es den Unternehmen ermöglichen, mit Hilfe extrem günstiger Kredite in die Automatisierung ihrer Produktion zu investieren, sodass die Nachfrage nach unqualifizierten oder schlecht ausgebildeten Arbeitern künftig stark sinken wird? Was ist mit dem Wohlstandsgefälle in unserem Land, das aufgrund der aktuellen Geldpolitik so groß ist wie nie zuvor?
Diese Rede war ein klassisches Beispiel für die schamlose, pathologische Heuchelei, die die geld- und währungspolitischen Entscheidungsträger an den Tag legen. Das ist in etwa so, als würde der Serienmörder seine sterbenden Opfer darüber belehren, dass man wirklich etwas gegen die hohe Mordrate der Stadt unternehmen müsse."
Janet Yellen hat schon früher Erfahrung darin gesammelt, den Opfern die Schuld an ihrer Lage zu geben. Vor ein paar Jahren erklärte sie sozial schwachen amerikanischen Arbeitern, dass die fehlenden Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen nichts mit der Geldpolitik der Notenbank zu tun haben, die im wahrsten Sinne des Wortes Geld an Großbanken und reiche Insider austeilt. Stattdessen sah sie die Grundursachen in schlechter Schulbildung, mangelndem Unternehmertum und dem Fehlen von reichen Eltern, die ihren Kindern eine vernünftige Erbschaft hinterließen. Ich mache keine Witze. Das hat sie 2014 wirklich gesagt.
Unerträglich? Mit Sicherheit. Aber nur, wenn Sie glauben, dass Janet Yellen und ihre Notenbankerkollegen sich die Mühe machen, die Folgen und die immer dürftigeren Ergebnisse ihrer Entscheidungen mit den Schicksalen der Menschen in Verbindung zu bringen. Sobald Sie verstehen, dass Yellen & Co. psychologisch gesehen nicht in der Lage sind, die Kluft zwischen ihrem Selbstbild und den Konsequenzen ihres Handelns zu überbrücken, sind solche Aussagen viel weniger überraschend, sondern eher traurig und armselig.
Hier zeigt sich eine ganz normale menschliche Verhaltensweise. In unserer gesamten Geschichte haben Unterdrücker und völkermordende Wahnsinnige schon immer ausgefeilte psychologische Schutzmechanismen entwickelt, um sich vor dem vernichtenden Schlag zu schützen, den ein ungetrübter, aufrichtiger Blick auf die eigenen Handlungen ihrem empfindlichen Ego zugefügt hätte. Es ist schwer, von einem überhöhten Selbstbild als rechtschaffener Held zu dem Eingeständnis zu gelangen, dass man in Wahrheit für unermessliches Leid und großen Kummer verantwortlich ist.
Bei Peak Prosperity hegen wir noch immer die (wenn auch schwache) Hoffnung, dass die Banker und die von ihnen gekauften Politiker eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden für die Leben, die sie ruiniert haben, und für die unmoralischen und kriminellen Taten, die sie dabei begangen haben. Wenn die Verantwortlichen keine Konsequenzen fürchten müssen, wird sich nie etwas ändern.
Das beschreibt im Wesentlichen den methodischen Missbrauch des Finanzsystems durch die Bankenelite, der begann, als Alan Greenspan die Wall Street 1998 im Zuge des Debakels um den Hedgefonds LTCM zum ersten Mal rettete. Unter der Regierung von Bill Clinton folgte kurz darauf, im Jahr 1999, die Abschaffung des Glass-Steagall Acts, eines Gesetzes zur Bankenregulierung. Seitdem erleben wir eine regelrechte Orgie der Ausbeutung. Nach der kurzen Pause während der Großen Rezession (die die Banker aber nicht davon abhielt, sich Boni in Rekordhöhe auszuzahlen, während ihnen Rettungspakete aus Steuergeldern geschnürt wurden), wurde es noch schlimmer.
Schlussfolgerung
Die Bemühungen, die extrem hohen Assetpreise noch weiter nach oben zu treiben, nähern sich ihrem Ende. Und dieses Ende wird hässlich. Wenn die Preise nach unten korrigieren, werden die benommenen Investoren in kurzer Zeit Marktwerte in Billionenhöhe verlieren. Wie könnte es auch anders sein? Schon die Prämisse, auf der die Maßnahmen der Notenbanken beruhen, ist völlig widersinnig. Die Zentralbanken haben sämtliche Risiken ignoriert - vom Moral Hazard über die Auswirkung bestimmter Anreize auf das menschliche Verhalten bis hin zu historischen Präzedenzfällen - und den gesunden Menschenverstand über Bord geworfen.
Wie schon im Jahr 2008 wird es zu einem Wendepunkt kommen, an dem die sich überlagernden Instabilitätsfaktoren innerhalb des Systems nicht mehr unterdrückt werden können. Das Deflationsmonster wird aus der Kiste springen, in die die Zentralbanker es in ihrer Verzweiflung sperren wollten, und es wird sich beeilen, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Große Vermögenssummen werden in sehr kurzer Zeit vernichtet werden.
So seltsam das auch klingen mag - je eher das passiert, desto besser. Wenn es jetzt zu einem Crash kommt, besteht zumindest noch die Chance, hinterher die Scherben aufzusammeln, und etwas Nützliches daraus zu machen. Je länger wir die unvermeidliche Korrektur hinauszögern, desto zerstörerischer wird ihre Wirkung sein und desto schwerer wird es, sich von ihr zu erholen.
Warum sollten wir das wir Spiel so weit auf die Spitze treiben, dass wir damit die Zukunft folgender Generationen ruinieren? Oder dass es zu globalen Kriegen kommt, weil die wirtschaftlich verwundeten Nationen um sich schlagen, statt Verantwortung zu übernehmen? Ein großer Teil dieser Verantwortung lastet auf der Generation der Babyboomer - von ihrer Unfähigkeit mutig voranzugehen, bis zur den Folgen ihrer schlecht durchdachten Entscheidungen, die sie selbstsüchtig auf künftige Generationen abwälzen. Anders gesagt: Wir brauchen nicht nur einen Marktcrash, wir verdienen auch einen.
Was tun Sie nun mit dieser Erkenntnis? Privatpersonen raten wir dringend, sich auf die Krise vorzubereiten, bevor sie eintritt. Treffen Sie ihre Vorkehrungen, solange die Lage noch vergleichsweise ruhig ist. Sorgen Sie unbedingt dafür, dass Ihr Investmentkapital sicher angelegt ist. Machen Sie sich und Ihren Lebensstil so widerstandsfähig wie möglich, ganz gleich, welche einschneidenden Entwicklungen die Zukunft bringen mag. Stellen Sie sicher, dass Sie und die Ihnen nahestehenden Menschen so wenig wie möglich davon beeinträchtigt werden.
© Chris Martenson
Der Artikel wurde am 24. März 2017 auf www.PeakProsperity.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.