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Peak Silber

22.11.2017  |  Dr. Jürgen Müller

In diesem Artikel soll diskutiert werden, inwieweit die bisherige globale Förderkurve von Silber es zuläßt, das Jahr der höchsten Produktionsrate abzuschätzen: Peak Silber.


1. Schritt: Geochemische Daumenregel nach Skinner [1]:

Nach Skinner sind nur 0,01 % ... 0,001 % der in der Erdkruste vorhandenen selten vorkommenden Elemente in der erdgeschichtlichen Entwicklung in Erzkörpern angereichert worden. Wie zuvor in einem Artikel über Peak Gold gezeigt, errechnen sich für Silber hieraus die folgenden Größenordnungen:

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Da sehr viele Erzkörper durch zirkulierende hydrothermale Lösungen in einer Tiefe von bis zu 5 km entstanden sind, und da diese Tiefe aufgrund der Erfahrungen von südafrikanischen Minen auch für die Zukunft eine Art technisch realisierbare Grenze darstellen könnte (Be- und Entlüftung sowie Entwässerung der Schächte und Stollen, etc.), kann als Berechnungsgrundlage das Silber in den obersten 5 km der Erdkruste angesetzt werden. Geht man von einer gleichmäßigen Verteilung des Silbers in der durchschnittlich 40 km dicken Erdkruste aus, sind demnach insgesamt


Silber in der bergbaulich erreichbaren oberen Erdkruste vorhanden (Divisor: 40 km/5 km = 8).

Hieraus 0,01 %:

Hieraus 0,001 %:

Nach dieser ersten Daumenregel-Abschätzung sollten also zwischen 2 und 20 Millionen Tonnen Silber förderbar sein.


2. Schritt: Bisherige globale Silberförderung

Das "U.S. Department of Commerce" veröffentlichte 1930 einen Artikel "Summarized data of silver production" [4], in dem die Silberförderung im Zeitraum 1493 - 1927 mit 14,357 Milliarden Feinunzen angegeben wird, was 447.000 Tonnen entspricht.

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Abb. 1: Globale Silberförderung 1493 - 1927 [4].


Die Fördermenge für den Zeitraum 3000 vor Christus - 1492 schätzte das Silver Institute mit 7,6 Milliarden Unzen [5], was 236.000 Tonnen entspricht.

Für die Jahre 1928 - 2015 gibt das U.S. Geological Survey eine kumulierte Förderung von 1,03 Millionen Tonnen an [6], zuletzt für das Jahr 2016 die Menge von 27.000 Tonnen [7].

Addieren wir alle genannten Zahlen, so erhalten wir:

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3. Schritt: Vergleich mit Gold

Wie im Artikel "Wieviel Gold" zuvor gezeigt, wurden bisher ca. 175.187 t Gold gefördert. Die Abschätzung nach Skinner ergab, dass zwischen 56.000 und 560.000 t Gold förderbar sein sollten. Die bedeutet, dass die bisherige Goldförderung die untere Grenze der Abschätzung von 56.000 t Gold bereits um den Faktor 3 übertroffen hat.

Bei Silber sieht dieses Bild völlig anders aus. Es sollten nach Skinner zwischen 2 und 20 Millionen Tonnen Silber förderbar sein, es wurden bisher jedoch erst 1,74 Millionen Tonnen gefördert, d. h. die untere Grenze von 2 Millionen Tonnen wurde noch nicht erreicht.

Aus dieser Abschätzung heraus könnte man schließen, dass der gesamte Förderzyklus von Silber noch nicht so weit fortgeschritten ist, wie der von Gold. Mit anderen Worten: Peak Silber sollte später erfolgen, als Peak Gold. Da jedoch die Silberförderung hauptsächlich aus der Förderung anderer Primärmetalle stammt (siehe "Schritt 5" unten), wird dies vermutlich nicht der Fall sein.




4. Schritt: Hubbert-Linearisierung für Silber

Im Artikel "Hubbert-Linearisierung" habe ich das mathematische Prinzip erläutert, mit dem ab einem bestimmten Punkt im Förderzyklus, die zu erwartende Gesamtfördermenge Q∞ abgeschätzt werden kann. Für Silber sieht die Hubbert-Linearisierung P/Q = f (Q) wie folgt aus.

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Abb. 2: Hubbert-Linearisierung der globalen Silberförderung
(Datenquellen [4] - [7], eigene Berechnung, eigene Darstellung)


Aus der Hubbert-Linearisierung ist ebenfalls zu erkennen, dass der Förderzyklus noch nicht so weit fortgeschritten ist wie bei Gold, da die Kurve noch keinerlei Sättigungstendenzen zeigt, d. h. keine Abschätzung für Q∞ zuläßt. Im Gegenteil: Durch das überexponentielle Wachstum der Förderkurve seit Mitte der 1990er Jahre (siehe Abb. 3) steigt die Kurve sogar noch an. Wenn man jedoch keinen belastbaren Wert für Q∞ bestimmen kann, kann auch keine Hubbert-Kurve konstruiert werden.

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Abb. 3: Globalen Silberförderung 1900 - 2016
(Datenquellen [4] - [7])


5. Schritt: Literatur

Im Jahr 2014 erschien ein wissenschaftlicher Artikel, in dem eine Forschergruppe aus Schweden und Island die Nachhaltigkeit der Silberförderung untersucht hat [8]. Unter anderem wurde das Hubbert-Modell auf die vorliegenden Daten der Silberförderung angewendet. Die Forscher nennen eine förderbare Menge Q∞ zwischen 2,7 und 3,1 Millionen Tonnen Silber, wovon 1,35 - 1,46 Millionen Tonnen bereits gefördert worden wären (der Artikel bezieht sich vermutlich auf die Fördermengen bis einschließlich 2012). Peak-Silber sehen die Forscher zwischen 2027 und 2038, mit 2034 als höchste Wahrscheinlichkeit. Bis zum Jahr 2240 werden alle Silberminen erschöpft sein.

Interessant an diesem Artikel ist auch der erste Satz der Einleitung, den ich hier wiedergeben möchte: "It is a fact beyond discussion that silver is a limited resource on the globe."

Zu Deutsch: Es bedarf keiner Diskussion über die Tatsache, dass Silber eine limitierte Ressource auf unserem Globus ist. Rückblick: Ich kann mich noch sehr gut an die Jahre erinnern, in denen der Mainstream die Peak-Theorie als baren Unsinn bezeichnete. Tenor: Man muss nur genügend Geld in die Hand nehmen, dann findet man auch wieder neue Quellen und Lagerstätten. Es ist erstaunlich, in welch kurzer Zeit sich dieser Wind gedreht zu haben scheint. Immer wieder hört man heute von der Endlichkeit der Ressourcen und stellt diesen Fakt nicht mehr wirklich in Frage:

"Mark Bristow, CEO bei Randgold Resources, glaubt, dass das Maximum bereits im Jahr 2019 erreicht sein wird. Er führt diese Begründung auf die fehlenden Entwicklungen neuer Lagerstätten und die Kostensenkungen zurück. Außerdem griffen die Unternehmen auf höhergradiges Erz zurück." [9]

Die Goldminen der Welt könnten ihre maximale Produktionsleistung bereits erreicht oder überschritten haben. Nach Einschätzung des Vorsitzenden des World Gold Council (WGC) Randall Oliphant ist damit zu rechnen, dass die globale Goldfördermenge in den kommenden Jahren stagniert, während die Nachfrage wohl steigen wird. Dies sagte der Experte am Montag in einem Interview mit Bloomberg [10].

Doch zurück zu der zitierten Studie aus Schweden und Island. Da die Silberförderung zum Großteil als sekundäres Beiprodukt aus der Blei-, Zink-, Kupfer- und Goldförderung stammt (siehe Abb. 4), wurden auch diese Förderkurven modelliert.

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Abb. 4: Silberförderung als Beiprodukt anderer Metalle (Quelle: [11])




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Abb. 5: Modellierung der Kupferförderkurve für verschiedene Werte von Q∞ (Quelle: [8]).


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Abb. 6: Modellierung der Zinkförderkurve für verschiedene Werte von Q∞ (Quelle: [8]).


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Abb. 7: Modellierung der Bleiförderkurve (Quelle: [8]).


Addiert man die Silbermengen, die aus diesen Sekundärquellen kommen, und rechnet diese den primären Silberquellen hinzu, ergibt sich folgende summierte Förderkurve für Silber.

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Abb. 8: Modellierung der Silberförderkurve (Quelle: [8]).


Die Autoren verwenden noch eine zweite Methode der Modellierung ("SILVER system dynamics model") und kommen hierbei auf folgende Entwicklung:

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Abb. 9: Modellierung der Silberförderkurve mit einem dynamischen Modell (Quelle: [8]).


Beide Modelle ergeben ein konsistentes Bild:

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Abb. 10: Vergleich des Hubbert-Modells mit dem Silver-Model (Quelle: [8], dort Abb. 22).


Zusammenfassung:

Auch die Silberförderung kann in wenigen Jahren ihre maximale Förderung erreicht haben. Da nur ca. 1/3 der Fördermenge aus primären Silberminen stammt, ist dies von der Förderung von Gold, Kupfer, Blei und Zink abhängig. Peaken diese Metalle, peakt auch Silber. Das wahrscheinliche Peak-Silber Jahr 2034 aus der genannten Studie liegt genau in der Mitte der zuvor prognostizierten Peak-Gold Spanne 2027 - 2044 [12]. So wichtig es kurzfristig ist, Silber zu besitzen, so sinnvoll ist es langfristig.


© Dr. Jürgen Müller
Einkaufsgemeinschaft für Sachwerte GmbH
www.goldsilber.org


Quellen:

[1] Skinner 1979 (Diss.)
[2] Albarede 2003 (Diss.)
[3] K. HANS WEDEPOHL: "The composition of the continental crust"
Geochimica et Cosmochimica Acta, Vol. 59, No. 7, pp. 1217-1232, 1995, abrufbar
http://apostilas.cena.usp.br/moodle/pessenda/projes/simposio/artigo7.pdf
[4] C.W. Merrill: "Summarized data of silver production", abrufbar https://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc40312/m2/1/high_res_d/bomeconpapers_8_w.pdf
[5] siehe http://www.gold-eagle.com/article/worlds-cumulative-gold-and-silver-production, in der heutigen Seite "Silver Mining in History" des Silver Insitutes werden keine Zahlen mehr genannt.
[6] https://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/historical-statistics/ds140-silver.xlsx
[7] https://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/commodity/silver/mcs-2017-silve.pdf
[8] H. Sverdrupa, D. Kocaa, K.V. Ragnarsdottirb: "Investigating the sustainability of the global silver supply, reserves, stocks in society and market price using different approaches",
Resources, Conservation and Recycling, Vol. 83, Seite 121– 140, 2014. Abrufbar: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0921344913002747
[9] http://www.deraktionaer.de/aktie/goldexperte--peak-gold-bald-erreicht-276430.htm
[10] http://www.goldseiten.de/artikel/347853--WGC-Chef-Oliphant~-Peak-Gold-und-neue-Preisrekorde-in-absehbarer-Zukunft.html
[11] https://www.moneymetals.com/news/2016/11/29/peak-silver-higher-prices-000959
[12] Jürgen Müller: "Modellierung der globalen Goldproduktion durch Anwendung der Hubbert'schen Peak-Oil Methodik", Dissertation Uni Würzburg 2012.