Die Voraussetzungen für eine globale Schuldenkrise sind da
12.12.2018 | James Rickards
Im Jahr 2017 war die Finanzwelt zum ersten Mal seit der Weltfinanzkrise 2008 erfüllt von Gerede über synchrones nachhaltiges Wachstum in den wichtigsten Volkswirtschaften. Dies rief die weltweite Finanzelite aus, darunter IWF-Chefin Christine Lagarde.
Jetzt liegt diese Vision in Schutt und Asche. Synchrones globales Wachstum ist zu synchroner globaler Konjunkturflaute geworden. Das Wachstum entwickelt sich bereits negativ in zwei der größten Volkswirtschaften der Welt, Japan und Deutschland, und in den weltweit größten Volkswirtschaften China und USA nimmt es rapide ab.
China mag von einer BIP-Wachstumsrate von 6,8% berichten, wenn man aber die ganze Verschwendung in seiner Wirtschaft streicht, ist das eigentliche Wachstum näher bei 4,5%. Das ist immer noch Wachstum, aber bei Weitem nicht genug, um Chinas massiver Überschuldung standzuhalten. Die Schulden wachsen schneller als die Wirtschaft und seine Schuldenquote ist sogar schlimmer als die der USA.
Um es Ihnen zu verdeutlichen: China hatte im Jahr 2000 Gesamtschulden von ca. 2 Billionen Dollar. Heute sind es ungefähr 40 Billionen Dollar. Das ist ein unglaublicher Anstieg von 2.000% in weniger als 20 Jahren.
Das Wachstum lässt auch in den USA nach. Der Aufschwung zwischen 2009 und 2018 ist schon jetzt der schwächste Aufschwung in der Geschichte der USA, trotz einiger guter Quartale hier und dort. Und es gibt auch kaum einen Grund, dass er jetzt noch Aufwind bekommt.
Das BIP wuchs im letzten Quartal um 3,5%. Das sieht zwar gut auf dem Papier aus, doch es ist ein Abwärtstrend. Seit diesem April gab es ein Wachstum von 4,2% (Q 2) und 3,5% (Q 3). Dieser Trend scheint die Ansicht zu erhärten, dass das Wachstum 2018 ein "Trump Dump" von den Steuerkürzungen war, die nicht wieder wiederholt werden. Und das BIP im vierten Quartal wird wahrscheinlich niedriger sein als im dritten Quartal.
Goldman Sachs zum Beispiel prognostiziert im vierten Quartal ein BIP von 2,5%. Sie rechnen damit, dass das Wachstum auf 2,2% im zweiten Quartal 2019 fällt und auf 1,6% zum Ende des Jahres.
Globale Wirtschaftsflauten, wie wir jetzt erleben, werden durch die eskalierenden Handelskriege und einen neuen Kalten Krieg zwischen den USA und China verschlimmert. Aber während das globale Wirtschaftswachstum sich verlangsamt, die Verschuldung tut es nicht.
China habe ich bereits erwähnt. Aber es geht weit über China hinaus. Dem Institute of International Finance (IIF) zufolge, stieg die Gesamtverschuldung der Volkswirtschaften, die es beobachtet (sowohl Industrie- als auch Schwellenländer), auf eine Rekordsumme von 247 Billionen Dollar im ersten Quartal von 2018. Das sind 11% mehr als im Vorjahreszeitraum.
Doch das IIF berichtet, dass eine Neuverschuldung von 8 Billionen Dollar nötig war, um gerade einmal 1,3 Billionen Dollar weltweiten BIP´s zu schaffen. Der Trend ist offensichtlich. Die massiven Schulden, mit denen man Wachstum erreichen wollte, häufen sich jeden Tag mehr an. Aber Wachstum verlangsamt sich. Unterdessen sind viele der Schulden, die seit 2009 aufgenommen wurden, immer noch vorhanden.
Die Krise ist nur noch eine Frage der Zeit. Die Kombination aus langsamen oder negativen Wachstum und den nie zuvor da gewesenen Schulden öffnet einer neuen Schuldenkrise Tür und Tor, was sich leicht zu einer weiteren globalen Finanzkrise entwickeln könnte.
In manchen Regionen Chinas sanken die Immobilienpreise um 30%. Und das Wall Street Journal berichtet, dass Autoverkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 12% sanken. Die Kurse auf dem chinesischen Aktienmarkt gingen seit Jahresbeginn um 25% zurück; er befindet sich also mitten in einem Bärenmarkt.
Es gibt keinen Grund dafür, dass diese Probleme auf China begrenzt bleiben. Wie wir 2008 gelernt haben, kann diese Verlagerung von positiven zu negativen Verhältnissen scheinbar über Nacht passieren und sich rasch ausweiten.
Aber das Problem wird durch die Straffung der Geldpolitik der Fed verschlimmert.
Die Fed versucht die Zinssätze zu "normalisieren". Sie ist entschlossen diesen Zinserhöhungskurs beizubehalten, bis der US-Leitzins 4% Anfang 2020 erreicht. Und sie macht sich bereit, am 19. Dezember die Zinsen wieder zu erhöhen. Basierend auf der niedrigsten Arbeitslosenquote seit fast 50 Jahren, sieht sie weiterhin ein starkes Wachstum und erwartet Inflation. Aber diese Ansicht täuscht sehr.
Der wahre Grund für die Zinserhöhung der Fed ist die Vorbereitung für eine neue Rezession. Forschungen zeigen, dass ungefähr 4% an Zinssenkungen vonnöten sind, die USA aus einer Rezession zu holen. Wie senkt man um 4%, wenn die Zinsen nur 2,25% (aktuelles Niveau) betragen?
Die Antwort darauf ist, dass es nicht geht. Wenn eine Rezession heute beginnen würde und die Fed die Zinsen auf null senken würden, wäre es nicht genug, um die Rezession aufzuhalten.
Die Fed reduziert ihre Bilanz mit "Quantitative Tightening" (QT), indem sie fällige Positionen in US-Staatsanleihen nicht mehr verlängert.
Sie druckte 3,7 Billionen Dollar zwischen 2008 und 2014 unter dem Banner von "Quantitative Easing" oder QE. Aber hinter den Kulissen reduzierte die Fed auch die Basisgeldmenge mit QT, um ihre Bilanz von 4 Billionen Dollar auf 2,5 Billionen Dollar bis Ende 2020 zu senken.
Die Anzeichen sprechen dafür, dass die Auswirkung von QT einer Zinserhöhung von grob 1% pro Jahr entspricht. Das bedeutet, dass nominale Zinserhöhung und QT zusammen gleich einer Zinserhöhung von jährlich 2% von einem sehr niedrigen Ausgangswert sind. Mit anderen Worten, die Fed verschärft ihren Kurs mehr als ihr bewusst ist und bevor sie sich versieht, hat sie eine Rezession oder Schlimmeres verursacht.
Das Problem ist, dass die Fed nicht in einem Vakuum agiert, weil sie die Zentralbank mit dem weltweit größten Einfluss ist. Ihr QT hat dafür gesorgt, dass andere Zentralbanken den Bedarf sahen, die eigenen Maßnahmen zu straffen oder ihr QE zu stoppen, um sich der Fed anzupassen.
Dieses globale Phänomen ist in dem unteren Chart übersichtlich dargestellt. Dieser Chart verbindet die QE und die QT von der Bank of England (BoE), der Bank of Japan (BoJ), der Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) und benutzt Farben, um die jeweiligen Beiträge der einzelnen Zentralbanken zu zeigen.
Das erste QE der Fed (2008), das zweite QE (2010) und das dritte QE (2012) sieht man deutlich in den drei blauen Ausreißern. Die BoE hatte ebenfalls drei Wellen mit kleinerem Ausmaß, die hier von 2010 bis 2016 grün dargestellt werden. Die BoJ hatte einen späten Start (2001), hörte aber seitdem auch nicht auf, wie die rote Welle zeigt. Zuletzt zeigt die graue Welle die EZB. Sie war auch spät dran, machte es aber mit Volumen wett.
Das Wichtige an diesem Chart ist nicht, wo wir waren, sondern wohin wir gehen. Die Fed ist bereits im negativen Bereich (die blaue Welle unter der Null-Linie ab 2018). Die BoE ist neutral aber auch kurz davor in den negativen Bereich einzutauchen. Die EZB und die BoJ sind immer noch im positiven Bereich, haben aber einen steilen Abwärtstrend; nach aktuellen Plänen wird die EZB 2019 in den negativen Bereich eintauchen.
Die schwarze Trendlinie zeigt die Gesamtheit von allen vier Zentralbanken. Es crashte 2018 (hauptsächlich wegen der Fed) und wird 2019 global ins Negative gehen. In Kürze wird man die Karikatur von Jay Powell, auf der er Geld in einen Brennofen schaufelt, durch Mark Carney, Mario Draghi und Haruhiko Kuroda ergänzen müssen.
Wenn eine weitere Krise stattfindet, wird die Fed die Zinsen auf null senken. Aber das wird nicht genug sein. Denn sie wird QT aufgeben müssen und die vierte QE anfangen. Andere Zentralbanken werden dem Beispiel der Fed folgen.
Der Markt sieht das voraus, aber die Fed tut dies nicht. Wie immer wird die Fed die Letzte sein, die es erfährt. Investoren sollten sich schon jetzt auf den unausweichlichen Zusammenbruch vorbereiten.
Der Besitz von Geld und Gold ist ein guter Anfang.
© James Rickards
Der Artikel wurde am 04. Dezember 2018 auf www.dailyreckoning.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.