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Aktien-Rallye vorbei?

04.07.2009  |  Klaus Singer
Die Bullen haben sich seit März hinter dem Banner mit der Aufschrift "weniger schlecht gleich schnelle Erholung" versammelt. Demzufolge haben die Aktienindices ein "V" auf das Chartpapier gemalt. Die großen US-Indices legten im zurückliegenden Quartal eine Performance hin, wie es sie seit 1998 nicht mehr gab. Angelegentliches Window-Dressing zum Quartalsende hielt die Kurse hoch.

Die V-förmige Kurs-Wette (Chart!) benötigt jetzt einen steten Fluss an Makrodaten, die das "weniger schlecht" nach und nach in "besser" wenden. Am letzten Tag des alten Quartals mussten die Bullen jedoch einen Rückschlag verkraften: Das US-Verbrauchervertrauen brach unerwartet ein (Chart!). Mit den wegen eines Feiertags vorgezogenen US-Arbeitsmarktdaten brachte das neue Quartal gleich die nächste Enttäuschung: Die Zahl der Beschäftigten ist im Juni um 467.000 zurückgegangen. Erwartet wurde ein Rückgang um etwa 365.000 Arbeitsplätze nach minus 322.000 im Vormonat.

Sind das lediglich willkommene Katalysatoren, Gewinne mitzunehmen? Zunächst einmal, ja. Dies wird auch unterlegt durch das relativ geringe Handelsvolumen im S&P500 gestern.

Die spannende Frage ist jetzt, ob die Akteure, die bisher beiseite standen, in die Bresche springen. Wenn sie sehr gierig sind, verhindern sie damit einen größeren Einbruch. Wenn aber die Abwärtsbewegung erst einmal in Schwung kommt, dann setzt sich zunehmend die Meinung durch, dass man ja jeden Tag billiger einkaufen kann. Und dann nimmt die Korrektur einen entsprechend großen Umfang an.

Welche Alternative wirksam wird, das werden wir in den nächsten Tagen sehen.

Dass die Entwicklung am Arbeitsmarkt nicht einfach mit dem Hinweis "nachlaufend" vom Tisch gewischt werden kann, zeigt der Chart. Die Verluste am Stellenmarkt sind aktuell fast drei mal so hoch wie im Durchschnitt der Rezessionen seit 1954. Wäre die aktuelle Rezession eine "normale", dann hätte der Arbeitsmarkt zudem schon vor drei Monaten einen Boden ausbilden müssen. Paul Krugman sieht sie jüngste Entwicklung am Arbeitsmarkt sogar als Beleg dafür, dass ein weiterer Abschwung bevor steht.

So simpel es ist, eine weniger schlechte Wirtschaftsentwicklung mit einer schnellen Erholung gleich zu setzen, so simpel ist es auch, auf eine mehr oder starke Inflation zu setzen, nur weil die Zentralbanken Liquidität in die Banken pumpen. Daneben ist auch der Schluss, in den gegenwärtig erhöhten Rohstoffpreisen die Bestätigung für eine wirtschaftliche Belebung zu sehen. Und genauso zweifelhaft ist es, wenn das als Hinweis auf eine inflationäre Entwicklung genommen wird.

Dieses Gebäude an Trugschlüssen, das die Rallye bisher trug, kommt jetzt auf den Prüfstand.

Bis August 2008 lag die Geldmenge der "Money Base", die lediglich physisches Geld und die Reserven der Geschäftsbanken umfasst, bei rund 850 Mrd. Dollar. Im November 2005 war die Schwelle von 800 Mrd. Dollar überwunden worden. Im Mai war die Money Base über die Reserven auf fast 1.800 Mrd. Dollar angewachsen, ein Zuwachs um 110%.

Im gleichen Zeitraum ist die Geldmenge M2 um 7,5% gestiegen, von 7750 auf 8.330 Mrd. Dollar. Der Zuwachs entspricht der Sparsumme, die im selben Zeitraum von 146 auf 769 Mrd. Dollar angestiegen ist. Zwischen November 2005 und September 2008 betrug die Steigerung hier 15,6%.

Nach dem Inflationsbarometer CPI ist die Dollar-Kaufkraft zwischen 2005 und 2008 um 9% gesunken, im Vergleich zu 2008 haben sich die Preise bis heute flach entwickelt. Wegen Produktivitätssteigerungen bleibt der Preisauftrieb hinter dem Geldmengenwachstum zurück.

Damit ist an dieser Stelle klar: Die explodierende Geldmenge erreicht die Realwirtschaft nicht. Natürlich ist nicht abzustreiten, dass ein Inflationspotenzial vorhanden ist. Aber zunächst ist das nur ein Potenzial – mehr nicht. Inflation hat sie dennoch bewirkt, aber nur bei den Asset-Preisen…

Das vorhandene Inflationspotenzial entfaltet sich nicht, so lange der Finanzsektor damit vorrangig die schwarzen Löcher in den Bilazen stopft, sondern erst dann, wenn die Reserven per Kreditgewährung an Konsumenten und Unternehmen in höhere Geld-Aggregate übertreten. Gleichzeitig muss so viel kaufkräftige Nachfrage vorhanden sein, damit sich der Gleichgewichtspreis nach oben verschiebt. Die kaufkräftige Nachfrage wiederum führt direkt zum Arbeitsmarkt zurück: So lange der am Boden liegt, bleiben die Voraussetzungen hierfür mehr als ungünstig.





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