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Aktien-Rallye vorbei?

04.07.2009  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Schon nach der Rezession 2001 erholte sich der Arbeitsmarkt deutlich langsamer als in den Rezessionen vorher. Damals verfiel man aber auf den Trick mit der Hauspekulation. Gelockt durch billige Darlehen entstand ein Wohlstandseffekt, der die flache Entwicklung bei den Arbeitseinkommen ab dem Frühjahr 2003 (über-)kompensierte.

Derselbe "Trick" funktioniert heute nicht mehr, also springt -wiederum mit gigantischer Verschuldung- der Staat in die Bresche, indem er per Konjunkturprogramm und Steuersenkungen Nachfrage schafft. Immer in der Hoffnung, dass der "Keynessche Multiplikator" über eins liegt. Das aber entscheidet sich letztlich beim Verbraucher - kann er mehr ausgeben UND gibt er auch mehr aus, dann bestehen hierfür gewisse Chancen.

Aber danach sieht es zur Zeit nicht aus. Zwar ist das verfügbare Einkommen zuletzt gestiegen (Chart!), gleichzeitig aber legt die Sparquote kräftig zu (Chart!). Und sowohl PCE (Personal Consumption Expenditures - Chart!), wie erst recht die Einzelhandelsumsätze (Chart!) stehen nach wie vor auf Kontraktion. Wenn "Replay 2003" stimmt, dann müssten beide jetzt zumindest in den neutralen Zustand wechseln. Der Einbruch des Verbrauchervertrauens spricht erst einmal nicht dafür.

Die Steigerungen bei den Rohstoffpreisen gehen auf drei Effekte zurück. Einerseits sind sie als Korrektur auf den zuvor eingetretenen Absturz zu sehen, andererseits macht sich hier die chinesische Politik bemerkbar, Doller-Reserven in Rohstoffen anzulegen. Drittens ist natürlich auch die Spekulation schon wieder fröhlich unterwegs. Sie versuchte z.B., beim Rohöl Brent seit drei Wochen mehrfach, über die Marke bei gut 72 Dollar zu kommen. Das kann jetzt wohl erst einmal als gescheitert angesehen werden. Nun muss sich zeigen, ob der Pegel bei gut 66 Dollar ausreichenden Support bietet. Ansonsten heißt das nächste Ziel wohl 60 Dollar (Chart!).

Man kann in der jetzigen Situation steigende Rohstoffpreise sogar gerade als deflationäres Indiz werten. Denn aufgrund der geringen kaufkräftigen Nachfrage und der starken Verschuldung der Konsumenten führen steigende Ausgaben für Energie und andere unverzichtbare Waren notwendigerweise zur Einschränkung von "normalen" Verbrauchsausgaben. Und sinkende Nachfrage führt ("ceteri paribus") zu sinkenden Preisen.

Ein wesentlicher nicht-monetärer Effekt ist die Entwicklung des Wachstums des Output-Potenzials. Der aktuelle Quartalsbericht der EU-Komission prognostiziert, dass sein Wachstum von 1,6% in 2007 auf 0,7% in 2010 zurückgeht. Dann werde es zwar wieder steigen, aber nicht wieder auf die zuvor erreichten Werte. Maßgebliche Gründe sind geringere Investitionsquoten und durch die Kreditklemme sinkende Faktorproduktivität. Hierauf werde ich demnächst noch zurückkommen. Einstweilen soll der Blick auf den amerikanischen Industrieproduktionsindex genügen (Chart!). Auch er zeigt das Ausmaß dieser Rezession sehr deutlich. Als die Bullen im März 2003 loszogen, hatte sich der Index schon seit September 2002 stabilisiert. Davon kann aktuell überhaupt noch keine Rede sein.

Es mag Gründe geben, warum die Aktienkurse auch jetzt noch weiter steigen. Aber die sollte man dann weder in einer Konjunkturbelebung noch in einer bald anziehenden Inflation suchen. Krugman geht in seinem Blog sogar so weit, dass er Warnungen vor baldiger Inflation als Lüge bezeichnet.

Ob die Aktienkurse am aktuellen Punkt weiter steigen oder zunächst den weiteren Rückzug antreten, das liegt daran, wie gierig die Seitenlinie ist. Wenn in der nächsten Zeit wieder vermehrt das Thema Deflation diskutiert wird, dürfte der Appetit sinken. Dass dabei Staatsanleihen nicht zwangsläufig profitieren, liegt nicht zuletzt an den krass verschuldeten Emittenten. Eine sich auswachsende Deflation ist nämlich auch Gift für jede Art von Assetkäufen.

Erwähnte Charts können über diesen Artikel auf www.TimePatternAnalysis.de eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.TimePatternAnalysis.de





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