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Edelmetallmärkte: Schalten Sie Ihre Seismographen ein

21.07.2009  |  Dr. Dietmar Siebholz
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Da diese eben geschilderten Prozesse langsam, aber kontinuierlich ablaufen, bleiben sie unter der Bewusstseinsschwelle der Einzelnen. Die Main-Street-Presse tut nichts dazu, diesen Wissensstand zu ändern.

Es bauen sich also auf der Basis dieser Informationen Verspannungen auf, die sich irgendwann einmal eruptionsartig entladen müssen. Und das geschieht wie alle Beispiele in der Vergangenheit zeigen, nicht evolutionsartig, sondern explosiv. Ich nenne dies das "Modell Zimbabwe". Wer Rhodesien aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts kennt (einer meiner Klassenkameraden aus Berlin ist dahin verzogen und hatte mich auf die Farm seiner Eltern eingeladen) weiß, wie ein Zerfallsprozess abläuft. Erst ganz unmerklich, dann in der Schlussphase explosiv.

Die wichtigste Frage für den Investor ist also, wie die reale Lage an den Märkten sensibel einzuschätzen ist; nun kommen wir auf meine Einleitung zurück, nämlich zu dem Beispiel der Kriechtiere. Beachten Sie daher bitte folgende Tendenzen, die Auslöser für diese Eruptionen sein können. Ich beobachte die nachstehend geschilderten Tendenzen. Hier sollten Sie ansetzen, Ihren eigenen Seismographen zu bilden und ihn einzuschalten.

Die Future-Märkte: Es ist uns zur Gewohnheit geworden, dass die Handelskontrakte für Edelmetalle ein zigfaches Volumen der physischen Umsätze darstellen; genauso war die Einstellung der Märkte zur Relation der Handelsvolumen bei den Sondergestaltungen der Bonds-Derivate in Bezug auf das Handelsvolumen der Welt-Rentenmärkte bis zu dem Zeitpunkt, als diese unverständlichen und völlig überzogenen Relationen durch die Pleite von Lehmann und AIG offenbar wurden. Veränderungen an diesen Relationen werden uns rechtzeitig - und zwar durch vorlaufende Überziehungen dieser an sich schon fast nicht mehr steigerbaren Relation - und dann durch die unvermeidliche Bereinigung den Paradigmenwechsel ankündigen.

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde bereits kurz nach der Einführung der ETF-Konzepte für Edelmetalle von den US-Behörden verfügt, dass für die Erfüllung der Edelmetall-Terminkontrakte auch die "Verrechnung" mit Positionen der ETF´s möglich ist. Das haben meine GATA-Kollegen in den USA jüngst ausgegraben; die Märkte haben darauf nicht reagiert. Ich möchte Ihnen diese Absurdität einmal mit einer Frage erklären, die Ihnen einleuchten wird: Glauben Sie wirklich, dass ein Verdurstender die Lieferung des für ihn dringlich erforderlichen Wassers durch ein Wasser-Zertifikat der Finanzindustrie als Lösung seines Problems empfinden wird? Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass die Finanzindustrie die Verknappung der künftigen Goldproduktion in Relation zu den Terminkontrakten ahnt und mit diesen Hilfsmaßnahmen sich den Ausstieg aus ihren profitablen Termingeschäften sichert. Hat Ihr Seismograph beim Nachdenken über diese Situation schon etwas ausgeschlagen? Er sollte es aber, wenn Sie nicht zu den Opfern des Systems gehören wollen.

Die staatliche US-Münze stellt zum wiederholten Male die Abgabe von bestimmten Goldmünzen ein und begründet dies mit dem Fehlen der "Rounds", also der Goldrohlinge, die sie zur Prägung benötigt. Die Nachfrage in den USA nach diesen Ein-Unzen-Goldstücken ist extrem gestiegen. Finden Sie eine verständliche Erklärung dafür, dass die Münze mangels Rohmaterials dieses Geschäft versäumt? Was würden Sie als Unternehmer tun? Ich vermute, das Gleiche, was ich tun würde. Goldrohlinge aus anderen Ländern importieren, die Nachfrage befriedigen und dabei einen satten Profit einfahren. Also, entweder möchte man diesen unübersehbaren Trend, der ja den Interessen des Staates bezüglich alternativer Geldanlagen z.B. in Staatstiteln (zur Finanzierung der Defizite und der Banksanierungen) ins Leere laufen lassen oder man verfügt tatsächlich über keine Gold-Rohlinge. Beobachten Sie diese Entwicklung und prüfen Sie das Verhalten Ihres Seismographen.

Die Vertragsregeln an den wichtigsten Terminmärkten stehen derzeit in der Diskussion. Nach den Exzessen an den Öl- und Weizenmärkten (dort hatten ja die "bösen Spekulanten" die Preise extrem in die Höhe gejagt) sollen jetzt Beschränkungen bei den maximal zulässigen Kontrakten pro Anleger oder Handelsfirma eingeführt werden. Wenn dies sowohl für Long- als auch für Leergeschäfte gelten sollte, dann muss man ab sofort die Handlungen der großen Mitspieler in den Edelmetallmärkten überwachen und dort ist festzustellen, dass der Abbau der extremen Leerpositionen bei Gold und Silber fast unbemerkbar, aber dennoch in feststellbarem Umfang stattfindet, zumindest in den letzten Tagen, nachdem Berichte über die geplanten Änderungen des Regelwerks für die Termingeschäfte kolportiert werden. Bitte dran bleiben und Ihren Seismographen beobachten!

Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) streben neben anderen Ländern eine Neureglung der Weltreserve-Währungen an. Die Nadelstiche gegen den Dollar werden häufiger und - besonders wichtig - tiefer. Herr Medjedew präsentierte in Aquila (ich meine, dass ist lateinisch und heißt bei uns "der Adler" - klingt fast wie "Gold-Eagle") dem erstaunten Publikum und der Presse die von einem belgischen Künstler kreierte Münze (ich vermute, es war eine Goldmünze) und empfahl solche Münzen als künftigen Bestandteil einer neuen Weltreservewährung. Diese Entwicklung ist sensibel zu beobachten, denn ein Teil der künftigen Weltreserve-Währung wird auch die Edelmetalle betreffen, denn an irgendeinem Festwert müssen sich künftige Reservewährungen festmachen lassen. Spätestens bei dieser Nachricht müsste Ihr Seismograph schon heftiger ausschlagen, oder?




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