Edelmetallmärkte: Schalten Sie Ihre Seismographen ein
21.07.2009 | Dr. Dietmar Siebholz
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Eine Meldung hat mich besonders elektrisiert. Goldman Sachs wurde von einem EDV-Mitarbeiter bestohlen; dieser Mann hat das Programm, das er für die Marktpflege in verschiedenen Segmenten für GS entwickelt hatte, kopiert und angeblich über eine deutsche Webseite verkaufen wollen.Das wäre nicht an sich so bedeutsam, hätte der eingeschaltete New Yorker Staatsanwalt nicht bei der Verhaftung des früheren Goldman-Sachs-Mitarbeiters die Ungeheuerlichkeit dessen Vergehens damit begründet, dass dieses Programm dazu dienen könnte, die Märkte nachhaltig zu manipulieren und funktionsunfähig zu machen, wenn das Programm in falsche Hände geriete. Darüber muss man nachdenken: Wenn die Aussage vom New. Yorker Staatsanwalt Facciponti stimmt, dann kann man feststellen, dass mit diesem Programm Märkte nachhaltig manipuliert und funktionsunfähig gemacht werden können. Gibt es im Sinne von freien Märkten nun "gute" und "schlechte" Manipulationen? So wie ich die Verbindungen von Goldman-Sachs zu den US-Regierungen der letzten 20 Jahre sehen, meinen sie, sie hätten das Recht auf "gute" in ihrem Sinne wohlmeinende Manipulationen. Wer will da noch erklären, die USA seien das Land der Freien und Starken, ich meine eher, das Land, in dem die Starken zu Lasten der Kleinen und zu Lasten des Rests der Welt die Märkte manipulieren dürfen, quasi als James Bond der Kapitalmärkte mit der Lizenz zum Manipulieren.
Wir werden es ja sehen, ob der New Yorker Staatsanwalt nur stark übertrieben hat oder etwas an der Sache dran ist. Dann aber müsste nach den Regeln einer Demokratie Goldman Sachs "dran" sein, denn die regierungsnahe Bank kann doch trotz des Informationsprivilegs, über das sie zweifelsfrei verfügt, nicht noch das Privileg haben, die US- und die internationalen Märkte programmgemäß zu manipulieren oder funktionsunfähig zu machen. Beobachten Sie den Fortgang dieser an sich unbedeutenden Aktionen, denn Unterschlagung und Betrug gehören doch zum Alltäglichen unseres Systems, oder? Ihr Seismograph sollte die Behandlung dieser Story und die Aktionen des neuen Aufsehers für die Terminmärkte, Herr J. Gensler sorgfältig analysieren!
Den großen Rahmen, in dem wir uns bewegen, hat ein schottischer Finanzanalyst bereits vor einigen Jahren in einer knappen und für Jeden verständlichen Darstellung definiert. Er hat dabei die Periode von 1890 bis 1939 mit der von 1944 bis 2006 miteinander verglichen. Er kommt zu erstaunlichen identischen Einzelphasen, nämlich die Phase 1 -
- er nennt sie "die Stabilität" von 1890 bis 1914 bzw. von 1944 bis1968
- dann Phase 2, "die Inflation" von 1915 bis 1923 bzw. von 1968 bis 1981
- dann Phase 3 "die Disinflation" von 1924 bis 1929 bzw. von 1981 bis 2006
- dann Phase 4 "die Instabilität" von 1930 bis 1939 bzw. von 2006 bis heute
Als Phase 5 bezeichnet er die Reorganisation des Finanzwesens, die sich in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit dem Höhepunkt der Bretton Woods-Vereinbarungen im Jahre 1944 einstellte. Daraus folgert der schottische Analyst, dass wir vor einer Neubildung der Finanzstruktur stehen. Achten Sie, falls Sie diese Stellungnahme ernst nehmen wollen, auf Signale, z.B. die demonstrative Haltung des Herrn Medjedew auf dem G-8-Treffen, als er die Goldmünze in die Kameras hielt und darauf hinwies, dass eine neue Währungsstruktur angestrebt werden müsse.
Nur wird das neue Bretton Woods dann eher nach den Städten Bangalore, Florianopolis, Shanghai oder Jekaterinburg genannt und nicht mehr nach Washington oder New York, denn die Periode der angelsächsischen Hegemonie dürfte dann endgültig vorüber sein.
Wie gesagt, achten Sie auf die kleinen Erschütterungen. Seien Sie so klug wie die Schlange, registrieren Sie jede der kleinen Veränderungen, die auf dem Weg zu einer großen Reform vor dieser eintreten müssen (aber leider meistens in ihrem Ansatz nicht erkannt oder - beeinflusst durch die "Hirnwäsche" - negiert werden) und hören Sie nicht auf die Einlassungen und Veröffentlichungen der Mainstream-Presse und der Politik. Deren und unsere Interessen stehen sich diametral gegenüber.
© Dr. Dietmar Siebholz
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