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Nicht im Namen des Volkes

23.07.2009  |  Peter Boehringer
- Seite 3 -
  • 4. Imperatives Mandat

Einige Medien behaupten, künftig dürften deutsche EU-Vertreter nur noch nach expliziter Autorisierung durch den Deutschen Bundestag für Deutschland abstimmen.

Realität: Selbst wenn ein solches imperatives Mandat tatsächlich so ins neu zu formulierende Begleitgesetz geschrieben würde (Zweifel sind leider erlaubt), dann würde ein deutsches „Nein“ zu einer Richtlinie in aller Regel die anderen 26 Staaten nicht weiter stören. Lissabon bringt in fast allen relevanten Bereichen Mehrheitsentscheidungen und Deutschland kann überstimmt werden.

  • 5. Rechtssetzungs-Kompetenz: Theorie versus Praxis

Das BVG postuliert offiziell weiterhin nicht den EU-Bundesstaat, sondern noch immer die Staatengemeinschaft souveräner Nationalstaaten. Demokratische Legitimation der EU-Entscheidungen kann nach BVG daher nur von den nationalen Parlamenten kommen.

Realität: Diese Legitimation könnte in der Praxis nur dadurch gelebt werden, dass der Gesetzgeber im Begleitgesetz Pauschalermächtigungen der deutschen Organe in Brüssel enge Grenzen setzt. Jede relevante EU-Entscheidung müsste durch den Bundestag oder via Referendum legitimiert werden. Man darf gespannt sein, ob das im September so im Begleitgesetz stehen wird…

Gemäß BVG-Urteil sind nur Völker befähigt, das Recht zu verwirklichen. Ernst zu nehmen wären die BVG-Vorbehalte daher erst, wenn sie Volksabstimmungen über die mit dem Lissabon-Vertrag übertragenen Kompetenzen und über alle künftigen Kompetenzübertragungen verbindlich machen würden. Da es diese aber bereits gegeben hat (F, NL, IRL) und da sie allesamt ablehnend waren, hätte das BVG konsequenterweise zwingend eine substanzielle Neuformulierung des Vertrags und damit eine komplette Neu-Ratifizierung in allen EU-Ländern herbeiführen müssen. Ohne verbindliche Referenden und ohne Änderungen in der Vertragssubstanz des Lissabon-Vertrags bleibt das BVG-Urteil zahnlose Rhetorik und die "neue EU" bürgerfern.


Forderungen an das neue Lissabon-Begleitgesetz

Die Botschaft des Medienspins "BVG stärkt die nationale Souveränität" würde erst dann glaubwürdig, falls der Bundestag in den kommenden Wochen beschließen würde:

  • 1. Jede Richtlinie in Brüssel kann erst nach expliziter Zustimmung durch den Bundestag in kraft treten. Das nationale Vetorecht in allen Politikbereichen bleibt bestehen (Lissabon hebt genau dies auf).

  • 2. Alle wichtigen Richtlinien müssen zudem nationalen Referenden unterworfen werden. Dito alle Erweiterungsentscheidungen (Türkei-Beitritt!).

  • 3. Deutschland macht einen völkerrechtlichen Vorbehalt für die BVG-Interpretation der EU-Verträge. Ohne diesen kann Deutschland jederzeit überstimmt oder vom EuGH zurückgepfiffen werden.

Ohne Ablehnung des Hauptvertrags von Lissabon bleiben diese Forderungen für das neu zu formulierende Begleitgesetz unvollständig. Dennoch müssen sie gestellt werden und der Bundestag muss wenigstens diese drei Punkte in strengster BVG-Auslegung in den kommenden Wochen umsetzen.


Widerstand gegen den EU-Staat ist klar mehrheitsfähig

Zudem sollten wir alle fleißig die Höhe der vom BVG festgestellten "Integrationsobergrenze" per Verfassungsbeschwerde testen. Am besten rückwirkend bis 1963. Mehrheiten oder gar Einstimmigkeit bei den Völkern hätte es für all die Integrationsschritte samt Euro-Einführung nie gegeben! Das ist quasi amtlich, seitdem der EU-Binnenmarktkommissar Charly McCreevy am 26. Juni 2009 gegenüber der Irish Times festgestellt hat, dass "bei Referenden der Lissabon-Vertrag in 95% der Mitgliedsstaaten abgelehnt worden wäre". Konsequenzen daraus? Doch nicht bei einem EUlitisten! The show must go on. Egal wie schlecht sie ist.


© Peter Boehringer
www.pbvv.de, Vorstand Deutsche Edelmetall Gesellschaft e.V.


Peter Boehringer ist europapolitisch interessiertes Mitglied einer staatstragenden deutschen Partei. In Sachen EU liegt er nicht voll auf Linie der Parteiführung - wohl aber auf Linie der großen Mehrheit der Bürger. Der Artikel ist erschienen in der Ausgabe 8/2009 des Smart Investor Magazins.







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