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Bullisches Getrommel

12.09.2009  |  Klaus Singer
Es wird weiter bullisch getrommelt. Unternehmen erhöhen ihren Ausblick, die M&A-Aktivität zu Wochenbeginn wird als Zeichen angesehen, dass Aktien günstig bewertet sind. Der schwache Dollar soll die Wettbewerbsposition von US-Produkten auf dem Weltmarkt verbessern und damit die Gewinne von US-Multis steigern. Wieder steigende Rohstoffpreise werden als Indiz für eine anziehende Konjunktur gewertet. Und gestern schließlich gab eine TBond-Auktion den jüngsten bullischen Kick für Aktien. Die überraschend hohe Nachfrage nach diesen Papieren sei Ausdruck des Vertrauens in die US-Wirtschaft. Wer kauft das Zeug?

Kommentare von Fed-Offiziellen legen nahe, dass die Null-Zins-Politik in den USA noch lange beibehalten wird. Erst wenn die Arbeitslosenquote wieder deutlich sinkt oder sich eindeutig bessere Aussichten und eine klare Zukunftsorientierung der Unternehmen herausstellen, wird über eine Revision dieser Linie nachgedacht. Laut Beige Book gibt es jetzt außerdem Zeichen einer Stabilisierung im US-Haus-Markt. Die Preise seien in den beiden zurückliegenden Monaten zwar weiter gefallen, aber die Nachfrage habe angezogen, was eine notwendige Vorbedingung für eine irgendwann stattfindende Bodenbildung bei den Preisen sei, heißt es.

Bei einem solchen Getrommel bleibt den Aktienkursen fast gar nichts anderes übrig, als zu steigen. Mittlerweile zeigen die großen amerikanischen und europäischen Indices neue Jahreshöchststände. Dieses angelegentliche Getrommel ist auch nötig, um in der aktuellen Distributionsphase des S&P500 die Seitenlinie in die Märkte zu bringen. Fragt sich nur, ob die Argumente nachhaltig genug sind. Dazu weiter unten.

Nicht übersehen werden sollte, auch angesichts der heute zur Veröffentlichung anstehenden Daten zur US-Verbraucherstimmung, dass die Kredite an eben jene im Juli mit minus 21,6 Mrd. Dollar im Rekordtempo fielen, und das den sechsten Monat in Folge. Ingesamt standen mit 2,47 Bill. Dollar aufs Jahr hochgerechnet 10,4 Prozent weniger Prozent Kredite offen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das sorgt für neue Zweifel an der Nachhaltigkeit der Wirtschaftserholung und kann als Zeichen gewertet werden, dass die Konsumenten der Wirtschaft zumindest in diesem Jahr nicht sonderlich helfen. Mit fast 70 % ist das US-BIP stark Konsum-lastig.

Marc Faber geht davon aus, dass die US-Zinsen noch lange nahe Null künstlich niedrig gehalten werden. Das Staats-Defizit werde sehr hoch bleiben (aktuell fast 7 Bill. Dollar). Das werde in Zukunft (nah oder fern?) für Inflation sorgen. Die Staatsschulden werden letztlich durch die Geld-Druckmaschine finanziert. Abgesehen von einer kurz bevorstehenden Korrektur aufgrund der krassen Überkauftheit der Aktien-Märkte ist seine Perspektive weiterhin: Je schwächer die Wirtschaft laufe, je stärker würden sich Aktien verteuern, weil frische Liquidität in die Finanzmärkte fließe. Man müsse als Banker schon sehr dumm sein, um mit diesem kostenlosen Geld aktuell nicht glänzend zu verdienen.

Aber in einigen Jahren käme es zum finalen Show-down, weil dann Staaten unter ihrer Schuldenlast zusammenbrächen. Damit aber steige auch die Wahrscheinlichkeit von bewaffneten Auseinandersetzungen. Für diesen Fall sollte man sich schon einmal ein MG besorgen, grinst er in einem Interview, das über das Diskussions-Forum auf www.timepatternanalysis.de zugänglich ist. Faber hatte übrigens bereits im Februar angenommen, dass Aktien um rund 40 % steigen werden, Unternehmensanleihen sah er da sogar als noch bessere Investition.

Nouriel Roubini sieht den Verlauf der Erholung der US-Wirtschaft weiterhin als "U", das Wachstum der entwickelten Industrieländer würde dabei für zwei bis drei Jahre unterdurchschnittlich verlaufen. Dabei wachse das Risiko eines "double dip", wenn die Staaten nicht den rechtzeitigen Ausstieg
aus den verschiedenen Hilfsprogrammen finden. Hinzu kommt, dass er nicht glaubt, dass Staaten mit hoher Sparquote, wie China, Japan und Deutschland z.B. ihren Konsum genügend ankurbeln. Dadurch würde das Wachstum der Weltwirtschaft aber weiter gebremst. Er fordert zudem, dass bei der Zinspolitik die Entwicklung von Asset-Preisen stärker ins Gewicht fällt. Das ist aber ja nun gerade nicht das, was die
Finanzindustrie möchte.

Seiner Meinung nach müsse der Dollar weiter an Wert verlieren, auf jeden Fall auf handelsgewichteter Basis, nicht zwangsläufig aber gegen Euro und Yen. Ein gegenüber diesen Währungen stark fallender Dollar würde den entsprechenden Wirtschaftsräumen jede Möglichkeit einer wirtschaftlichen Erholung nehmen und die Währungsparitäten wieder in die Gegenrichtung drücken. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik der USA müsse der Versuchung widerstehen, die "Inflationssteuer", eine exzessive Ausweitung der Geldmenge, als Ausweg aus den Schuldenproblemen anzuvisieren.

Viele "fromme Wünsche", meine ich. Die USA werden das Ziel der inflationären Entschuldung weiter verfolgen. Und diesseits des Atlantiks wird es nicht anders sein. Insofern saldiert sich das im Wechselkurs Euro/Dollar, wirkt sich aber v.a. in einer Schwächung des Dollar in Bezug auf die Währungen wichtiger Emerging Markets, sowie bedeutender Rohstofflieferanten aus.




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