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Blasen

24.10.2009  |  Klaus Singer
Jetzt thematisieren auch die Medien verstärkt: Wir sind zurück in der Asset-Blase. In der FT wird ein Insider zitiert, der sagte, früher habe es nach einem Schock Jahre gedauert, bis die Finanzmärkte die Champagner-Korken wieder knallen lassen. Dieses Mal gingen nur Monate ins Land (siehe Chart!). Und der Naked Capitalism Blog nimmt die Rückkehr des Hedgefonds-Managers John Meriwether als Beleg für die gleiche Diagnose. Meriwether leitete den LTCM-Fonds, dessen Scheitern 1998 das Weltfinanzsystem an den Abgrund brachte. Wenn das kein Omen ist...

Warum legten die weltweiten Aktienmärkte bis jetzt eine Jahresperformance hin, die ihresgleichen sucht? Die von den Kursen vorgeführte V-förmige Erholung steht in immer krasserem Widerspruch zur Erholung der Realwirtschaft. Die Normalisierung in den Distributionsketten war bisher Stütze für die wirtschaftliche Stabilisierung. Das aber schafft keinen selbsttragenden Aufschwung, zumal die Kapazitätsauslastung weiter extrem niedrig ist und der Anteil der Stellen, die dauerhaft verloren gehen, nach einer Untersuchung der Fed von Atlanta auf historische Höchststände klettert. Die Quote liegt aktuell bei 56%, in den vorherigen sechs Rezession hatte der Wert den Pegel von 45% nicht überschritten. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Wirtschaftserholung ohne positive Arbeitsmarkteffekte. Mit allen negativen wirtschaftlichen Konsequenzen.

Was also sind die Bedingungen, die zu einer solchen Aktien-Rallye geführt haben. Notwendige Bedingung ist, ganz klar, die Flutung des Finanzsektors mit billigster Liquidität. Als hinreichende Bedingung wird immer wieder die Erwartung von (Hyper-)Inflation genannt. Dabei wird auf den öffentlichen Verschuldungsgrad und die lockere Geldpolitik verwiesen. Das Potenzial für eine inflationäre Bewegung ist damit sicher gegeben, aber es nicht zwingend, dass es in die Realwirtschaft überschwappt und dort die Preise steigen lässt. Aktuell scheinen sogar die deflationären Kräfte eher wieder stärker zu werden.

Die Zwickmühle ist die: Je länger die Fed und andere Zentralbanken den Exit aus ihrer Krisenstrategie hinausschieben, je stärker ist der Hinweis, dass die Inflation eben nicht unterwegs ist, sondern eher deflationäre Kräfte wirken. Damit aber wird dem Motiv, Aktien zu kaufen, um sich vor Geldentwertung zu schützen, der Boden entzogen.

Was bleibt dann? Die Suche nach dem sicheren Hafen, also die Investition in Sachwerte, die einen Crash des Finanzsystems mit oder ohne Staatsbankrotten besser überstehen als Cash. Dieses Motiv erhält durch immer weiteres Hinausschieben des Exit-Zeitpunktes Unterstützung.

Den Notenbanken dürften steigende Inflations-Erwartungen dennoch gelegen kommen, weil sie hoffen, dass daraus tatsächlich ein inflationärer Schub entsteht, der die Verschuldung real abbaut. Aber das ist zweischneidig, weil dadurch auch Verkaufsdruck auf Anleihen und TBonds aufkommt, der die langfristigen Zinsen hochtreibt. Zudem wird so der Dollar schwach geredet, was letztlich ebenfalls zu steigenden langen Zinsen beiträgt, weil ausländische Investoren einen Wertausgleich erwarten.

Andererseits stützt ein schwacher Dollar das Auslandsgeschäft der US-Multis. Das trägt dazu bei, das schwache Inlandsgeschäft zu kompensieren. Die Konsumschwäche wird voraussichtlich noch länger bestehen bleiben. Einerseits spiegelt sich hier die tiefe Verschuldung des amerikanischen Verbrauchers wider, andererseits wirkt die Aussicht auf eine "jobless-recovery" in dieselbe Richtung. Im Sinne einer wirtschaftlichen Erholung umso wichtiger ist also das Auslandsgeschäft.

Auch wenn momentan die Wirtschaftspresse wieder einmal voll ist von Horror-Kommentaren über einen Dollar-Kollaps gegen Euro - schließlich bewegt sich Euro/Dollar gerade an der griffigen Marke von 1,50-, ich halte solche Szenarien für weniger wahrscheinlich. Denn fundamental steht der Euroraum nicht besser, eher sogar schlechter da als die USA. Ich sehe in der momentanen Euro-Stärke v.a. den spekulativen Druck auf die EZB, ihre Leitzinsen weiter herabzusetzen, um das Zinsdifferential als Argument für einen festen Euro herauszunehmen.

Im Sinne einer wirtschaftlichen Erholung müssen die USA insbesondere an einem gegenüber den Emerging Markets schwachen Dollar interessiert sein. Einmal aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit und dann auch aus der Überlegung heraus, dass deren Notenbanken zur Stützung der eigenen Export-Industrie gezwungen werden könnten, weiter amerikanische Schuldscheine zu kaufen. Das wird angesichts der extremen öffentlichen Verschuldung wahrscheinlich nicht reichen, um die langfristigen Zinsen zu deckeln und so dürfte die Fed gezwungen sein, neue Kaufprogramme für Treasuries auflegen. Das schleust weitere Liquidität in das Finanzsystem und steigert das Inflations-Potenzial (!), wodurch die Inflations-Erwartungen (!) am Leben gehalten werden.






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