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Blasen

24.10.2009  |  Klaus Singer
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Die Situation im Euro-Raum unterscheidet sich nicht wesentlich und so dürften auch die Länder hier danach trachten, inländischen Nachfrage-Ausfall durch stärkeres Exportgeschäft zu kompensieren. Das gilt natürlich insbesondere für Deutschland mit seiner traditionell exportorientierten Wirtschaft. Daraus aber könnte letztlich ein Abwertungswettlauf zwischen Dollar und Euro gegen die Währungen der Emerging Markets resultieren.

Die Entwicklung z.B. in China stützt solche Überlegungen. Die dortige Wirtschaft ist im laufenden Jahr um starke 7,7% gewachsen. Dazu haben die Investitionen mit 7,3% beigetragen (die gesamten chinesischen staatlichen Anreize belaufen sich auf 15 bis 17% des BIP). Der Konsum blieb mit einem Beitrag von 4% fest, während der Netto-Export das BIP-Wachstum mit minus 3,6% belastete.

Selbst wenn das best-case-Szenario, die Export-gestützte Stabilisierung der Wirtschaft, gelingt, dürften die massiven Stützungsmaßnahmen weitergehen. Zum einen in Form von Stützungskäufen der Fed zur Deckelung der langfristigen Zinsen, zum anderen durch weitere staatliche Anreizprogramme. Denn wenn es zutrifft, dass diese Erholung "jobless" abläuft, hat der amerikanische Verbraucher kaum die Chance, "von selbst" von seiner Verschuldung herunter zu kommen.

Gelingt das geschilderte Szenario hingegen nicht, z.B. weil dieInvestitions-getriebene Blase in China und anderswo mit starken Kollateralschäden platzt, stellt sich die Situation in noch viel dramatischerer Form dar. Dann müssten die staatlichen Anreizprogramme besonders massiv ausgeweitet werden. In diesem Fall dürfte sich der Dollar befestigen, u.a. weil er in Krisenzeiten auch weiterhin als sicherer Hafen angesehen wird (zumindest für das aus den USA selbst stammende Kapital).

Beide Varianten steuern darauf zu, dass die öffentliche Verschuldung in den USA und in Europa weiter steigt - im ersten Fall langsamer, im zweiten schneller. Mit dem Ausweiten der Schuldenblase steigt die Wahrscheinlichkeit von Staatsbankrotten. In diesem Zusammenhang wird oft darauf verwiesen, dass es in Japan nach 1990 ein solcher Schritt vermieden werden konnte. Damals jedoch war das globale Umfeld noch "gesünder" als heute, die Situationen sind nicht vergleichbar.

Kommen wir zum Ausgangspunkt zurück: Ich denke, in steigendem Masse spielt das Anlage- Motiv des sicheren Hafens eine Rolle. Es wird in Sachwerte investiert, die einen Crash des Finanzsystems mit oder ohne Staatsbankrotten besser überstehen als Cash. Eine weitere Blase...

Sicherer Hafen ... Gold. Das Krisenmetall scheint sich nun über 1000 Dollar festzusetzen, auch wenn ein nochmaliger Test dieser Marke nicht aus der Welt ist. Allerdings scheint mir die Motivation der Goldkäufer hauptsächlich in der Absicherung gegen weitere Krisen zu bestehen, weniger im Inflationsschutz. Die übergeordneten Inflationserwartungen sind seit einigen Monaten nicht gestiegen (siehe Chart!). Am Verlauf eines ETF, der den iBoxx Euro Inflation-linked total Return Index abbildet (siehe Chart!) lässt sich sogar ablesen, dass die Inflationserwartungen zuletzt zurück gegangen sind. Zur Sicherheits-Motivation sagt die Entwicklung des Währungs-Verhältnisses USD/CHF in den vergangenen sechs Monaten (fast) alles: Mitte März 1,19, aktuell Parität .

Allmählich wird die Bullen-Autobahn im Aktiengeschäft holpriger. Der S&P 500 nähert sich seiner entscheidenden Marke bei ~1120, Zeithorizont November. Dann ist der wichtigste Teil der Quartalssaison gelaufen, die Märkte brauchen neue Phantasie. Das heraufziehende Weihnachtsgeschäft wird momentan skeptisch gesehen. Man darf gespannt sein.

Seitenhieb: Wenn es um Blasen geht, will die künftige deutsche Regierungskoalition nicht nachstehen. So kam man zum Ausgleich der Defizite in den Sozialversicherungen auf die Idee, einen Stabilisierungsfonds einzurichten und so Milliardenbelastungen aus dem Bundeshaushalt in ein "Schatten-Vehikel" zu verschieben. Nicht nur, dass damit die von 2011 an wirkende Schuldenbremse ad absurdum geführt würde, das Vorhaben verstößt auch gegen europäisches Recht. Verschuldung, ja, aber nicht in der Form von Bilanztricks a la Enron. Auch sonst hat die Koalition einiges an Originalität zu bieten: So kann man zur großen eigenen Verwunderung die schönen Steuersenkungspläne von vor der Wahl doch nicht so umsetzen. Man hat nämlich erkannt, dass der Bundeshaushalt etwas löchrig ist. Vor der Wahl konnte das natürlich niemand ahnen.


Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de












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