"Langfristig" ist eine Abfolge von "Kurzdurchläufen"
28.10.2009 | Steve Saville
Was folgt ist ein Auszug aus einem Kommentar, der ursprünglich am 22. Oktober 2009 auf www.speculative-investor.com erschienen ist.
Selbst unter den Analysten, die gewissermaßen ein Verständnis für Probleme haben, die durch fiskale und monetäre Stimuli ausgelöst werden, besteht Einigkeit darüber, dass Wirtschafts- und Finanzkrisen "Liquiditätsspritzen" und staatliche Interventionen erforderlich machen, damit unmittelbare anstehende Hindernisse überwunden werden können. Allgemein anerkannt ist auch, dass dieser “Beistand“ seitens des Staates und der Zentralbank auf lange Sicht negative Konsequenzen haben wird; man hält aber im Allgemeinen dagegen, dass man mit den auf lange Sicht negativen Folgen fertig werden kann, sobald man aus dem Gröbsten heraus ist.
Aber schon der weitverbreitete Glauben, "Stimuli" (Finanzspritzen und erhöhte staatliche Ausgaben) wären in Anbetracht extremer Umstände vertretbar, ist ein großer Teil des Problems. Denn derartige Versuche, den kurzfristigen Druck abzubauen, beschädigen die Struktur der Wirtschaft und bereiten den Boden für einen noch größeren Abschwung oder Krise. Zur Erklärung werden wir jetzt in aller Kürze einen Rückblick auf die Abfolge von Ereignissen geben, die zum Zusammenbruch 2007-2009 geführt hatten - wir beginnen mit der Finanzkrise des Jahres 1998.
1. Das Zusammenbrechen des großen Hedgefonds (LTCM) und die Zahlungsunfähigkeit Russlands in den Monaten zwischen Juli und Oktober 1998 gab der US-Notenbank Anlass für Interventionen, die der Stabilisierung des Finanzsystems dienen sollten. Dabei erhärtete sich auch der Verdacht, dass es bestimmte US-Institutionen gab, die "too big to fail" waren und dass die US-Notenbank immer zur Stelle sein würde, um für zusätzliche Liquidität zu sorgen, sollten die Dinge aus dem Ruder laufen (der berüchtigte Greenspan-Put).
Somit wurde praktisch mehr monetärer Treibstoff in einen Aktienmarkt gepumpt, der sich ohnehin schon im Bubble-Gebiet bewegte. Auch die Gouvernment Sponsored Enterprises (Fannie und Freddie) waren ein Teil dieser Interventionen. Sie wurden dazu gebracht, Hunderte von Milliarden Dollars in den Hypothekenmarkt für Eigenheime zu leiten. Damit wurde der Immobilienboom in Bewegung gebracht.
2. Ängste, etwaige Probleme und Störungen (Y2K bug) könnten um die Jahrtausendwende zu chaotischen Verhältnissen führen, gaben der US-Notenbank Anlass, während der ersten Jahreshälfte 1999 gewaltige Mengen Liquidität in das Finanzsystem zu schießen, wodurch noch mehr Luft in die sprießende Aktienmarkt-Bubble gelangte.
3. Während der ersten Jahreshälfte 2001 senkte die Notenbank blindwütig die Zinssätze und begann, das Geldangebot hochzuschrauben, mit der Absicht, die Dominoeffekte der geplatzenten Aktienmarkt-Bubble abzudämpfen. Damit wurde dem aufkeimenden Immobilien-Boom bildlich gesprochen der "Schuss in den Arm gesetzt".
4. Ängste, die terroristischen Angriffe von September 2001 würden das Finanzsystem "einfrieren lassen" und die rezessive Wirtschaftslage verschlimmern, gaben der US-Notenbank Anlass, den Rhythmus, mit der sie monetäre Unterstützung leistete, drastisch zu beschleunigen. Dies vergrößerte den Immobilien-Boom.
5. Während der Jahre 2001-2002 forderten hoch angesehene wirtschaftpolitische Kommentatoren (zum Beispiel McCulley und Paul Krugman), die US-Notenbank solle eine Immobilien-Bubble schaffen, um die Auswirkungen der geplatzten Aktienmarkt-Bubble abschwächen. Etwa zur selben Zeit macht ein Direktor der US-Notenbank (der heutige Chairman) deutlich, die US-Notenbank könne und werde ganz gleich welche Mengen Neugeld schöpfen, um sicher zu stellen, dass die Preise auch weiterhin steigen würden. Ein steilerer Aufwärtstrend bei den Immobilienpreisen und eine auf Hypotheken gründende Orgie der Kreditgewährung/ Kreditnahme waren die Folge.
6. Da man generell den Eindruck hatte, dass auf kurze Sicht auch Deflation drohen könnte, blieb die Geldpolitik noch bis ins Jahr 2005 versorgungsfreundlich. Und das trotz der Tatsache, dass Aktien und Rohstoffe seit Anfang 2003 stark gestiegen waren und ein Immobilien-Boom schon seit Jahren im Kommen war. Also bekamen McCulley und Krugman das, was sie sich gewünscht hatten, und der Immobilienmarkt ging in die Bubble-Phase über. Eine Abfolge von Aktionen, die durch die gefühlte Notwendigkeit der Behebung kurzfristiger Probleme gerechtfertigt wurde, hatte die Grundlage für eine Krise geschaffen, die all ihre Vorgänger in den Schatten stellen sollte.
7. Dass nichts aus ehemaligen Fehlern gelernt wurde, bewies die Tatsache, dass der "Big-Daddy-Krise“ der Jahre 2007-2009 mit ganz ähnlichen politischen Antworten begegnet wurde, die die Krise ursprünglich hervorgebracht hatten - bloß in viel größerem Maßstab. Dass nicht aus der Vergangenheit gelernt wurde, beweist aber auch die Tatsache, dass die Ansicht, Politiker müssten jetzt die notwendigen Schritte unternehmen, damit wir der unmittelbaren Bedrohung entkommen können, fast durchweg akzeptiert wurde. Wie üblich war der folgende Gedankengang populär: "Jetzt ist nicht die Zeit, die langfristigen Folgen zu diskutieren, wir müssen etwas - irgendetwas - machen, damit sich die Dinge auf kurze Sicht bessern."
Einige der Analysten, die damals interventionistische Maßnahmen zum kurzfristigen Druckabbau freudig begrüßt hatten, meinen nun, es sei jetzt an der Zeit, dass Zentralbanken und Regierungen wieder zurücktreten und den "freien Markt" walten lassen. Aber so funktioniert das nicht. In Wirklichkeit haben die Maßnahmen zur Drucksenkung/ Stabilisierung eine Wirtschaft hervorgebracht, die instabiler ist, als jene, die damals 2007-2008 ganz plötzlich und "unerwartet" auf Grund ging. Das heißt also: Nach einer gewissen Zeit (möglicherweise nach nicht mehr als 6 Monaten), nachdem die Zentralbank begonnen hat, die monetären Zügel wieder anzuziehen, wird es zu einer weiteren Krise kommen, die wiederum noch mehr Inflation und Interventionen "rechtfertigt".
© Steve Saville
www.speculative-investor.com
Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite zur Verfügung www.speculative-investor.com. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html einsehen.
Selbst unter den Analysten, die gewissermaßen ein Verständnis für Probleme haben, die durch fiskale und monetäre Stimuli ausgelöst werden, besteht Einigkeit darüber, dass Wirtschafts- und Finanzkrisen "Liquiditätsspritzen" und staatliche Interventionen erforderlich machen, damit unmittelbare anstehende Hindernisse überwunden werden können. Allgemein anerkannt ist auch, dass dieser “Beistand“ seitens des Staates und der Zentralbank auf lange Sicht negative Konsequenzen haben wird; man hält aber im Allgemeinen dagegen, dass man mit den auf lange Sicht negativen Folgen fertig werden kann, sobald man aus dem Gröbsten heraus ist.
Aber schon der weitverbreitete Glauben, "Stimuli" (Finanzspritzen und erhöhte staatliche Ausgaben) wären in Anbetracht extremer Umstände vertretbar, ist ein großer Teil des Problems. Denn derartige Versuche, den kurzfristigen Druck abzubauen, beschädigen die Struktur der Wirtschaft und bereiten den Boden für einen noch größeren Abschwung oder Krise. Zur Erklärung werden wir jetzt in aller Kürze einen Rückblick auf die Abfolge von Ereignissen geben, die zum Zusammenbruch 2007-2009 geführt hatten - wir beginnen mit der Finanzkrise des Jahres 1998.
1. Das Zusammenbrechen des großen Hedgefonds (LTCM) und die Zahlungsunfähigkeit Russlands in den Monaten zwischen Juli und Oktober 1998 gab der US-Notenbank Anlass für Interventionen, die der Stabilisierung des Finanzsystems dienen sollten. Dabei erhärtete sich auch der Verdacht, dass es bestimmte US-Institutionen gab, die "too big to fail" waren und dass die US-Notenbank immer zur Stelle sein würde, um für zusätzliche Liquidität zu sorgen, sollten die Dinge aus dem Ruder laufen (der berüchtigte Greenspan-Put).
Somit wurde praktisch mehr monetärer Treibstoff in einen Aktienmarkt gepumpt, der sich ohnehin schon im Bubble-Gebiet bewegte. Auch die Gouvernment Sponsored Enterprises (Fannie und Freddie) waren ein Teil dieser Interventionen. Sie wurden dazu gebracht, Hunderte von Milliarden Dollars in den Hypothekenmarkt für Eigenheime zu leiten. Damit wurde der Immobilienboom in Bewegung gebracht.
2. Ängste, etwaige Probleme und Störungen (Y2K bug) könnten um die Jahrtausendwende zu chaotischen Verhältnissen führen, gaben der US-Notenbank Anlass, während der ersten Jahreshälfte 1999 gewaltige Mengen Liquidität in das Finanzsystem zu schießen, wodurch noch mehr Luft in die sprießende Aktienmarkt-Bubble gelangte.
3. Während der ersten Jahreshälfte 2001 senkte die Notenbank blindwütig die Zinssätze und begann, das Geldangebot hochzuschrauben, mit der Absicht, die Dominoeffekte der geplatzenten Aktienmarkt-Bubble abzudämpfen. Damit wurde dem aufkeimenden Immobilien-Boom bildlich gesprochen der "Schuss in den Arm gesetzt".
4. Ängste, die terroristischen Angriffe von September 2001 würden das Finanzsystem "einfrieren lassen" und die rezessive Wirtschaftslage verschlimmern, gaben der US-Notenbank Anlass, den Rhythmus, mit der sie monetäre Unterstützung leistete, drastisch zu beschleunigen. Dies vergrößerte den Immobilien-Boom.
5. Während der Jahre 2001-2002 forderten hoch angesehene wirtschaftpolitische Kommentatoren (zum Beispiel McCulley und Paul Krugman), die US-Notenbank solle eine Immobilien-Bubble schaffen, um die Auswirkungen der geplatzten Aktienmarkt-Bubble abschwächen. Etwa zur selben Zeit macht ein Direktor der US-Notenbank (der heutige Chairman) deutlich, die US-Notenbank könne und werde ganz gleich welche Mengen Neugeld schöpfen, um sicher zu stellen, dass die Preise auch weiterhin steigen würden. Ein steilerer Aufwärtstrend bei den Immobilienpreisen und eine auf Hypotheken gründende Orgie der Kreditgewährung/ Kreditnahme waren die Folge.
6. Da man generell den Eindruck hatte, dass auf kurze Sicht auch Deflation drohen könnte, blieb die Geldpolitik noch bis ins Jahr 2005 versorgungsfreundlich. Und das trotz der Tatsache, dass Aktien und Rohstoffe seit Anfang 2003 stark gestiegen waren und ein Immobilien-Boom schon seit Jahren im Kommen war. Also bekamen McCulley und Krugman das, was sie sich gewünscht hatten, und der Immobilienmarkt ging in die Bubble-Phase über. Eine Abfolge von Aktionen, die durch die gefühlte Notwendigkeit der Behebung kurzfristiger Probleme gerechtfertigt wurde, hatte die Grundlage für eine Krise geschaffen, die all ihre Vorgänger in den Schatten stellen sollte.
7. Dass nichts aus ehemaligen Fehlern gelernt wurde, bewies die Tatsache, dass der "Big-Daddy-Krise“ der Jahre 2007-2009 mit ganz ähnlichen politischen Antworten begegnet wurde, die die Krise ursprünglich hervorgebracht hatten - bloß in viel größerem Maßstab. Dass nicht aus der Vergangenheit gelernt wurde, beweist aber auch die Tatsache, dass die Ansicht, Politiker müssten jetzt die notwendigen Schritte unternehmen, damit wir der unmittelbaren Bedrohung entkommen können, fast durchweg akzeptiert wurde. Wie üblich war der folgende Gedankengang populär: "Jetzt ist nicht die Zeit, die langfristigen Folgen zu diskutieren, wir müssen etwas - irgendetwas - machen, damit sich die Dinge auf kurze Sicht bessern."
Einige der Analysten, die damals interventionistische Maßnahmen zum kurzfristigen Druckabbau freudig begrüßt hatten, meinen nun, es sei jetzt an der Zeit, dass Zentralbanken und Regierungen wieder zurücktreten und den "freien Markt" walten lassen. Aber so funktioniert das nicht. In Wirklichkeit haben die Maßnahmen zur Drucksenkung/ Stabilisierung eine Wirtschaft hervorgebracht, die instabiler ist, als jene, die damals 2007-2008 ganz plötzlich und "unerwartet" auf Grund ging. Das heißt also: Nach einer gewissen Zeit (möglicherweise nach nicht mehr als 6 Monaten), nachdem die Zentralbank begonnen hat, die monetären Zügel wieder anzuziehen, wird es zu einer weiteren Krise kommen, die wiederum noch mehr Inflation und Interventionen "rechtfertigt".
© Steve Saville
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Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite zur Verfügung www.speculative-investor.com. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html einsehen.