Vergessener Jahrestag: 100 Jahre gesetzliche Zahlungsmittel
11.11.2009 | Prof. Antal E. Fekete
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Der erste Autor, der die Verbindung zwischen rechtlicher Fixierung der gesetzlichen Zahlungsmittel von 1909 und dem Ausbruch des Krieges fünf Jahre später, 1914, aufdeckte, war Heinrich Ritterhausen (1898-1984). Er prognostizierte auch die Große Depression und brachte die kommende Arbeitslosenwelle mit gesetzlichen Zahlungsmitteln in Verbindung, wie ich gleich noch eingehender erklären werde. Es bleibt uns nicht anderes übrig, als den geschichtlichen Verlauf rückwirkend neuzubetrachten. Hätte das sinnlose Morden und die Zerstörung von Sacheigentum ohne die rechtliche Fixierung gesetzlicher Zahlungsmittel vielleicht ein frühes Ende gefunden? Sprich, dann, wenn den befeindeten Staaten das Gold zur Finanzierung des Krieges ausgegangen wäre?
Die meisten zeitgenössischen Beobachter waren dieser Meinung gewesen. Es hätte zumindest keine Möglichkeit gegeben, einen Konflikt dieser Größenordnung aus Steuergeldern zu finanzieren. Die Menschen verstanden nicht, dass es sich bei gesetzlichen Zahlungsmitteln um eine unsichtbare Form der Besteuerung handelte, die für den größten Krieg der Geschichte zu entrichten war. Sie verstanden nicht, dass die Macht des Kredits die Regierungen befähigen würde, Blut und Staatskasse nach Gutdünken hemmungslos aufzubrauchen. Die Menschen sahen nicht den Moloch hinter der Fassade der gesetzlichen Zahlungsmittel - der Gott, der sich bereit machte, seine eigenen Kinder zu verschlingen.
Aber die Fixierung gesetzlicher Zahlungsmittel hatte auch noch eine weitere, sehr düstere Folge, die zur damaligen Zeit nicht erkannt wurde. Vor 1909 wurde der Welthandel über auf London gezogene Goldwechsel (real bills) finanziert. Eine real bill war ein kommerzieller Wechsel, der bei Fälligkeit in Gold auszuzahlen war. Es handelte sich dabei um einen kostendeckenden, sich selbst auflösenden Kredit, der der Bezahlung neuer Handelswaren diente, für die auf den Märkten eine dringende Verbrauchernachfrage existierte.
Da seine Ausgabe auf die Menge der Waren beschränkt blieb, die sich auf den Weg in die Märkte befanden, war er nicht-inflationär. Der Kredit wurde vom Endabnehmer der betreffenden Ware durch die Herausgabe von Goldmünzen beglichen. Man kann eine real bill als Kredit ansehen, der in Kürze durch Goldmünzen beglichen wird. Als Tauschmedium ist ein solcher Goldwechsel "die nächstbeste Sache" - gleich nach Gold. Sein Besitz war buchstäblich ohne Risiko, da es bereits einen Markt gab, der auf die Ankunft der betreffenden Handelware wartete.
Natürlich sind Goldwechsel inkompatibel mit gesetzlichen Zahlungsmitteln. Es ergibt keinen Sinn zu sagen, man könne real bills "in Banknoten, die als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt sind, begleichen". Tatsache ist, dass Banknoten in fast jeder Hinsicht minderwertiger sind als Goldwechsel. Real bills waren gewinnbringende Anlagen, um nur eine Sache zu nennen. Das lag daran, dass es einen Abschlag auf den Nennwert gab, wenn der Goldwechsel vor Fälligkeitsdatum gekauft und verkauft wurde. Real bills sind extrem liquide: Nur noch die Goldmünze ist liquider. Sie sind die besten gewinnbringenden Anlagen, die eine Handel- und Geschäftsbank besitzen kann.
Aber die überragende Eigenschaft der Goldwechsel für die Wirtschaft liegt darin, dass sie in ihrer Gesamtheit den Lohnfonds der Gesellschaft darstellen. Nur dadurch wird es möglich, Güter jetzt zu produzieren und abzusetzen, für die der Verbraucher erst später zahlen wird. Bis zu drei Monate später, um genau zu sein. Die mit der Produktion beschäftigten Arbeiter müssen jedoch jede Woche ihren Lohn ausgezahlt bekommen. Gewiss müssen diese Arbeiter essen und ihre Bedürfnisse befriedigen, um auch weiterhin ihre Arbeit im Produktionsprozess leisten zu können. Die Zahlung der Löhne wird definitiv nicht über die Ersparnisse der Kapitalisten finanziert. Sie wird durch Verrechnung finanziert - dadurch also, dass den Goldwechseln spontan vorübergehende monetäre Vorzüge zugestanden wurden, wodurch sie bis zur Fälligkeit zirkulieren konnten.
Eine unbeabsichtigte Folge der rechtlichen Fixierung von gesetzlichen Zahlungsmitteln war die Zerstörung dieses Lohnfonds, aus dem die Arbeiter bezahlt werden konnten, bevor die Güter verkauft wurden. Die rechtliche Fixierung von gesetzlichen Zahlungsmittel war direkt verantwortlich für die schreckliche Arbeitslosigkeit während der Großen Depression - wie Rittershausen deutlich macht. Solange der Lohnfonds unberührt bleibt, kann es keine Arbeitslosigkeit geben. Jeder, der unbedingt Löhne aufzubringen hat, kann die Produktion oder den Vertrieb von Gütern, die dringend vom Verbraucher benötigt werden, aufrecht erhalten und sich aus dem Lohnfonds entschädigen lassen, noch bevor das Produkt verkauft ist. Die Zerstörung des Lohnfonds hat all das verändert. Die Arbeiter konnten sich ab sofort nicht mehr für die zur Herstellung der Ware aufgewendete Arbeitsleistung entschädigen lassen, solange sie nicht direkt und unmittelbar absetzbar war.
Die Zerstörung der Lohnfonds war im Jahr 1909 nicht sofort als solche absehbar. Militärische Vorbereitungen und die Herstellung von Kriegsgerät absorbierten die verfügbaren Arbeitskräfte. Während des Krieges mangelte es aufgrund des starken Produktionsbedarfs bei Munition an Arbeitskräften. Erst nach dem Waffenstillstand war die Gesellschaft von Arbeitslosigkeit betroffen.
Hätten die Siegermächte die gesetzlichen Zahlungsmittel nach Kriegsende widerrufen - den Markt für real bills wiederhergestellt und die Lohnfonds wieder aufgefüllt - wäre es nie zur Großen Depression gekommen. Aber die Sieger waren an einem multilateralen Welthandel nicht interessiert. Sie wollten die Besiegten noch stärker bestrafen, indem sie den Handel bilateral machten, wodurch die Goldwechsel nicht mehr in Umlauf kamen.
Auf diese Art wollten sie die Kontrolle über den Handel ihrer ehemaligen Gegner aufrechterhalten. In der Folge wurden die Lohnfonds nie wiedererrichtet und die Arbeiter konnten nicht bezahlt werden. Und das führte in der Folge zur höchsten Arbeitslosigkeit der Geschichte. Die Regierungen sahen sich nun gezwungenermaßen in der Verantwortung, über ein Sozialhilfesystem einzugreifen. Dieses System, ein Affront für Menschen, die Willens waren, ihre Löhne selbst zu verdienen, existiert bis zum heutigen Tag, seine tiefere und bis heute nicht erkannte Ursache liegt jedoch im Verschwinden umlaufender Goldwechsel begründet.