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Das langgezogene Top am Aktienmarkt

01.12.2009  |  Steve Saville
Was folgt ist ein Auszug aus einem Kommentar, der ursprünglich am 22. November 2009 auf www.speculative-investor.com erschienen ist.

Jedem größeren Top am Aktienmarkt sind in den vergangenen 80 Jahren Anhebungen der US-Leitzinssätze vorausgegangen. Das heißt aber nicht, dass es jedes Mal, wenn die US-Notenbank zu Erhöhung der Zinssätze schritt, zu einem großen Abschwung am Aktienmarkt kam, denn das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Es ist wohl eher so, dass die Erhöhung der US-Zinssätze zwar nicht zwangsläufig zu einem großen Abschwung am Aktienmarkt führen muss, aber unter dem derzeitigen System eine Vorbedingung für ein solches Ereignis sein könnte. Das heißt, anders formuliert, also Folgendes: Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem großen Abschwung an den Aktienmärkten kommt, ist sehr gering, wenn die Geldpolitik freigiebig ist oder zunehmend freigiebiger wird.

Bevor wir fortfahren, müssen zwei Dinge klargestellt werden. Erstens: Wenn erst einmal ein großer Abschwung an den Aktienmärkten eingesetzt hat, wird sich dieser für gewöhnlich auch seinen Weg bahnen, ganz gleich, was die US-Notenbank auch versucht, um die Preise zu stützen. Fakt ist, dass noch kein einziger großer Abschwung am Aktienmarkt zu einer Zeit EINGESETZT hat - zumindest nicht in den letzten 80 Jahren - in der die US Fed die Zinssätze senkte oder auf einem niedrigen Niveau hielt. Zweitens wollen wir damit nicht sagen, der Aktienmarkt könnte unendlich weit nach oben tendieren, sollte die Notenbank keine strengere Geldpolitik anstreben. Zinssatzerhöhungen durch die Notenbank sind ausnahmslos Reaktionen auf ein Inflationsproblem; daher ist es wohl treffender, zu sagen, dass (seit den 1920ern) ein großer Abschwung am Aktienmarkt erst dann einsetzte, nachdem die Anzeichen auf ein Inflationsproblem so eklatant wurden, dass auch die US-Notenbank sie sehen konnte.

Der heutige Leitzins liegt effektiv bei 0% und die Fed hat versprochen, ihn auch noch eine ganze Weile dort zu lassen. Es scheint, die Fed hat den Plan, die ultra-laxe Geldpolitik solange fortzuführen, bis die Beschäftigungszahlen wieder steigen - im Wirklichkeit kann die US-Notenbank diese Politik jedoch nur solange aufrechterhalten, bis sich ein Inflationsproblem nicht mehr verleugnen lässt. Parallel zu hoher und steigender Arbeitslosigkeit und einer sehr schwachen Wirtschaft sah sich die US-Notenbank während der 1970er und Anfang der 1980er Jahre gezwungen, den offiziellen Leitzins offensiv anzuheben, da es unbestreitbare Indizien für ein Inflationsproblem gab.

Die Idee, die wir hier gerade herausarbeiten, ist also folgende: Der nächste große Abschwung am Aktienmarkt wird möglicherweise solange nicht beginnen, bis die US-Notenbank nicht mit der Anhebung ihres Leitzinses beginnt, was wiederum solange nicht der Fall sein wird, bis die Anzeichen auf ein Inflationsproblem für jeden ersichtlich werden.

Die oben gemachte Aussage vereint sich mit unserer Ansicht, derzufolge sich das zwischenzeitliche Szenario am Aktienmarkt aller Wahrscheinlichkeit wie folgt gestaltet: Der S&P 500 erreicht sein Hoch auf etwa seinem derzeitigen Niveau, aber anstatt anschließend sofort deutlich abzufallen, wird er für die Dauer von bis zu 12 Monaten mit ca. 10% um sein Hoch oszillieren, bevor es abwärts geht. Dieses Szenario würde nicht nur mit dem geldpolitischen Hintergrund konform gehen, es würde auch im Rahmen der Aktienmarktmodelle der Jahre 1937-1942 und 1980-1982 bleiben, die in vorhergehenden Artikeln diskutiert wurden.

Das Gegenargument wäre, dass der geldpolitische Hintergrund nicht entscheidend ist, da die aktuelle Erholung am Aktienmarkt nur einen Gegentrendbewegung sei, die im Kontext des großen Abschwungs zu betrachten ist, der im Jahr 2007 begonnen hatte. Folgt man dieser Betrachtungsweise der Finanzwelt, dann wäre die 2009er Rally am Aktienmarkt gleichzusetzen mit dem ersten der Gegentrendaufschwünge, zu denen es während des großen Abschwungs zwischen 1929-1932 gekommen war.

Wir stimmen voll und ganz mit der Ansicht überein, dass die aktuelle Erholung am Aktienmarkt generell als Gegentrendbewegung zu betrachten ist; aber der geldpolitische Hintergrund ist immer extrem wichtig und der heutige geldpolitische Hintergrund steht jenem von 1930 diametral gegenüber. Das macht die Aussichten für die US-Wirtschaft SCHLIMMER als damals 1930; aber gleichzeitig bedeutet das auch, dass ein Kollaps der Aktienpreise wie während der Jahre 1930-1932 derzeit unwahrscheinlich ist. Und: Je länger die aktuelle Rally anhält, desto weniger plausibel wird der Vergleich mit 1930 (aus der Aktienmarktperspektive). Der Grund dafür ist, dass die aktuelle Rally - obgleich sie prozentual gesehen nicht weiter ging als der Aufschwung 1930 - schon fast drei Monate länger dauert, wenn man sie am Dow Industrials Index misst, und fast sieben Monate länger, wenn man sie am NASDAQ Index misst.


© Steve Saville
www.speculative-investor.com



Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite zur Verfügung www.speculative-investor.com. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com abrufen.



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