Von der Unmöglichkeit, Griechenland in der Knechtschaft zu zähmen (Teil II)
29.02.2012 | Jim Willie CB
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Die Großbanken funktionieren als nationale Kreditmaschinen - insgesamt eine große Maschine, über die Kredit in die Vielzahl von Unternehmen gepumpt wird. Der Motor dieser Maschine ist gewaltig ins Stottern geraten. Man wird einiges versuchen, damit neu einführte EuroBonds eine führende Position am Rentenmarkt einnehmen können. Man darf jedoch davon ausgehen, dass es dabei Probleme geben wird, weil Anleihehändler und Rentenfonds der bevorzugten Behandlung widerstehen und sich zurückhalten werden. Es wird mehrere Billionen $ benötigen, um das ganze Bankensystem zu rekapitalisieren - und nicht nur einige wenige Banken. Da man dabei nach wie vor auf frisch gedrucktes und ungedecktes Geld zurückgreifen muss, dürfte das Bankensystem im Rahmen eines erzwungenen griechischen Schuldenausfalls und einer Umschuldung weiter an Integrität und Glaubwürdigkeit verlieren. Die griechischen Verluste werden das System an den äußersten Rand der Belastbarkeit bringen.
Schuldenratingagenturen: Seit den Herbstmonaten des Jahres 2008 handeln diese Agenturen verantwortungsvoller. Die Herbstufung des Kreditratings der USA durch Standard&Poors war ein Weckruf beispieloser Art. Allerdings folgten keine Aktionen der Agenturen Moodys und Fitch. Schlimmer war, dass der Chef von S&P aus seinem Amt gedrängt wurde - möglicherweise durch einen Telefonanruf aus der Wall Street. Er wurde durch einen Citigroup-Veteran ersetzt. In den letzten Monaten, vielleicht sogar in den letzten 18 Monaten, arbeiten die Schuldenratingagenturen verantwortungsvoller - allerdings nur mit Fokus auf Europa.
Sie übersehen die Vereinigten Staaten - und sogar die angeschlagenen, insolventen US-Bundesstaaten. In Europa lassen sie eine Herabstufung nach der anderen folgen: Herabstufungen der Kreditwürdigkeit europäischer Nationalstaaten, Herabstufungen europäischer Banken, sogar der europäische Stabilitätsfonds wurde herabgestuft. Nicht der erzwungene Schuldenausfall Griechenlands und die Umschuldung griechischer Staatsanleihen wird die Schuldenratingagenturen in Gefahr bringen - der Druck auf sie wird wachsen, wenn sich der Fokus verstärkt auf die US-Regierung und die Vereinigten Staaten richtet. Denn ihr finanzieller Allgemeinzustand ist genauso schlecht wie der Griechenlands.
Wirtschaften leiden unter Austerität: Ziel eines jeden Austeritätsplans ist es, scheinbar strengere Haushalts- und Ausgabepolitik durchzusetzen. Die Abhängigkeit der Binnenwirtschaft vom öffentlichen Sektor ist jedoch so groß (Arbeitsplätze, Projekte, Zuschüsse, Subventionen), dass sofort tiefgreifender Schaden entsteht. Bislang konnte noch kein Sparhaushalt in den ersten beiden Jahren zu einer Verbesserung der finanziellen Situation führen. Keine einziger! Die Ökonomen sind für diese Tatsache vollkommen blind. Die Politik scheint sie auszublenden. Die Unternehmensführer sind frustriert. Es gibt keine Lösung für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren. Aufgrund des erzwungenenen Schuldenausfalls in Griechenland und der Umschuldung griechischer Staatsanleihen dürften viele Wirtschaften im Westen sogar unter noch schlimmeren und schmerzhafteren Rezessionen zu leiden haben. Die griechischen Verluste werden das System an den äußersten Rand der Belastbarkeit bringen.
Verstärktes Inflationsrisiko: Alle bisherigen Lösungsvorschläge funktionieren nur über die Bereitstellung frischen Geldes - entweder durch direktes Gelddrucken oder auf Kosten größerer Haushaltsdefizite. Die Austeritätspläne verschlimmern die Defizitlage, sie erhöhen also auch den inflationären Druck. Rekapitalisierungen des Bankensystems wären DAS Kronjuwel der monetären Inflation. Stellen Sie sich vor, was eine oder zwei Billionen $ für die Runderneuerung der Banken insgesamt bewirken würden! Nur um wenige Monate später feststellen zu müssen, dass man eine weitere Billion $ benötigt. Die inflationäre Wirkung könnte ausreichen, um den Wasserpegel über die Bunkermauern der Banker zu treiben. Diese Mauern konnten bislang noch verhindern, dass sich die atemberaubende monetäre Hyperinflation auf die "Main Street“ und über die gesamte Nation ergießt.
Der Bankensektor kam in den Genuß von 98% aller Rettungshilfen. Der Öffentlichkeit wurde gesagt, man müssen die Gürtel enger schnallen und die Zähne zusammenbeißen ("So mögen sie doch Kuchen essen…“). Warten wir ab, ob es ein Rekapitalisierungsprojekt für den Bankensektor geben wird. Wenn ja, dann wird ein Inflationierungsprozess in Gang gesetzt, der letztendlich dazu führen wird, dass die US-Wirtschaft mit Wucht von der Preisinflation getroffen wird. Dann geht es um steigende Löhne und steigende Preise, nicht nur um steigende Kosten. Mit dem griechischen Schuldenausfall und einer Umschuldung dürfte der systemische Preisinflationdruck extrem ansteigen. Die griechischen Verluste werden das System an den äußersten Rand der Belastbarkeit bringen.
Zinsswaps: Sollte die Preisinflation unerwartete Höhen erreichen, wird auch der Marktdruck auf US-Staatsanleihen deutlich steigen - stärker als jemals zuvor in den letzten 10 Jahren. Bislang hatte der Missbrauch von Zinsswaps für einen übermächtigen Hebel gesorgt, mit dem die Umlaufrenditen dieser Anleihen im Allgemeinen gedrückt werden konnten, weil künstliche Nachfrage nach Anleihen geschaffen wurde. Die Finanzpresse hat keinen blassen Schimmer von diesem Phänomen. Nicht die Investoren flüchten sich massenweise in den Sicheren Hafen namenss US-Staatanleihen. Die Hebelmaschinerie der Wall Street, die seit zwei Jahren im Keller Überstunden schiebt, sorgt für Nachfrage bei den Anleihen.