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Dirk Müller: Wir befinden uns in der Endphase vor dem Reset

01.03.2012  |  Harald Weygand
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Das wäre doch dann aber eine vollständige Finanzierung von Staaten über die Notenpresse oder?

Das ist richtig, die Staaten würden direkt über die Zentralbank, in unserem Fall die EZB, finanziert. Momentan ist es so, dass sich die Geschäftsbanken bei der EZB unbegrenzt Geld zu niedrigsten Zinsen leihen oder einfach selbst Geld schöpfen, um es dann an Staaten deutlich teurer weiter zu verleihen und sich so die Taschen vollstopfen. Läuft das schief, soll die EZB wieder einspringen.

Warum nimmt man diesen Zwischenschritt nicht einfach raus? Die Zentralbank bekommt das alleinige Recht Geld zu schaffen und an Staaten zu verleihen. Den Staaten würde dadurch natürlich der Zugang zum freien Markt versperrt - die Notenbank hätte dann die Möglichkeit exakt so viel Geld bereit zu stellen, wie gerade nötig ist um das Wachstum zu finanzieren. Dabei kann sie sich monats- oder quartalsweise an vergangenen Wachstumsraten orientieren oder ein gewünschtes Wachstum anpeilen.


Gibt es schon Vorbilder zu alternativen Geldsystemen?

Ja, die gibt es. Die vielen regionalen Währungen alleine in Deutschland sind hier ein gutes Beispiel. Der Chiemgauer ist eine der bekanntesten. Diese Regiogelder funktionieren ohne Zinseszins und werden sogar entwertet, wenn sie nicht in Umlauf gebracht werden. Ideen und Modelle gibt es einige, allerdings haben die, die an den Hebeln der Macht sitzen, zumeist kein Interesse an einer Veränderung.


Das Geldsystem komplett auf den Kopf zu stellen hört sich noch sehr nach Zukunftsmusik an. Gibt es auch greifbarere Ideen zur Besserung der Lage?

Denken Sie einmal an den Glass-Steagall-Act in den USA in den 1930er Jahren. Besser bekannt als Trennbankensystem hat er dafür gesorgt, die eigene Spekulation und das Privatkundengeschäft der Banken strikt voneinander zu trennen. Dass dieses Gesetz in den 1980er und -90er Jahren wieder stückweiseabgeschafft wurde, war rückblickend ein Fehler aus der Selbstüberschätzung der Finanzmärkte heraus. Mit der neuen VolckerRegel kommt diese Idee in Teilen wieder zurück. Auch hier sollte man das Zocken der Banken mit Kundengeldern unterbinden.

Eine weitere Verbesserung sehe ich in der steuerlichen Bevorzugung von Arbeitsentgelt und Risikokapital gegenüber Spekulations- und Zinseinkünften. Warum sollte jemand fast risikolos eine Rendite erzielen können - unabhängig davon, wie gut oder schlecht es der Wirtschaft geht - und dafür auch noch niedrigere Steuern zahlen müssen als viele Arbeiter auf ihren Lohn? Dieses wären relativ einfach umzusetzende Maßnahmen - hier ist also wieder einmal die Politik gefragt, die sich endlich loslösen muss von der Finanzindustrie und sich mehr an der Nachhaltigkeit der von ihr vorzugebenden finanzrechtlichen Rahmenbedingungen orientieren sollte.


Zur Person: Dirk Müller (Jahrgang 1968) wurde als Aktienhändler einem breiten Publikum durch das Fernsehen bekannt: Regelmäßig war er vor der DAX-Kurstafel der Frankfurter Börse mit dem jeweils passenden Gesichtsausdruck zur Aktienmarktentwicklung zu sehen. Seit Beginn der Finanzkrise in den USA ist Müller als Finanzmarktexperte aus den Medien nicht mehr wegzudenken: Müller übt heftige Kritik an der Nachlässigkeit der Politik, an Ratingagenturen und Wirtschaftsforschungsinstituten. Müller sieht das Verfallsdatum des derzeitigen Wirtschaftssystems erreicht und rechnet mittelfristig mit einer Neuausrichtung des europäischen Währungssystems.

Die Fragen stellte Philipp Hagspiel



© BörseGo AG
www.boerse-go.ag

Das Interview erschien in der Sonderpublikation "Währungsreform und neue Geldsysteme“ der BörseGo AGGodmodeTrader und Rohstoff-Report.de sind Services der BörseGo AG.



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