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Ausstiegsfibel für die Eurozone (Teil 2/3)

09.03.2012  |  John Mauldin
- Seite 3 -
Die Auflösung des Euro: Empfehlungen auf Grundlage historischer Beispiele

Empfehlungen für Länder, die aus der Eurozone aussteigen:

  • 1. Einberufung des Parlaments zu einer Sondersitzung an einem Samstag, Verabschiedung eines Gesetzes, das alle wichtigen Details eines Ausstiegs regelt: Stempelung/ Markierung, Demonetisierung der alten Banknoten, Kapitalkontrollen, Denominierung/ Umschreibung der Schulden, etc. All diese neuen Bestimmungen würden über das Wochenende in Kraft treten.

  • 2. Schaffung einer neuen, die zum neuen gesetzlichen Zahlungsmittel wird Währung (idealerweise würden wieder die alten Währungsbezeichnungen gelten, die schon vor der Einführung des Euro galten); das gesamte Geld, alle Einlagen und Schulden werden innerhalb des Staatsgebietes in die neue Währung umgeschrieben. Das könnte beispielsweise in einem 1:1-Verhältnis geschehen, also beispielsweise 1 Euro = 1 neue Drachme. Alle Schulden und Einlagen, die von Staatsbürgern außerhalb der Landesgrenzen gehalten werden, würden nicht unter dieses Gesetz fallen.

  • 3. Alle geldpolitischen Angelegenheiten, Zahlungssysteme und die Verwaltung von Währungsreserven sollten, wie schon vor Einführung des Euro, wieder einzig und allein Aufgabe einer nationalen Zentralbank werden. Zur Vertrauensbildung und zugunsten niedriger Zinsen und niedriger Inflation sollte die direkte Monetisierung von Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand verboten werden. Für einen Ausstieg aus der Eurozone ist dies jedoch nicht essentiell.

  • 4. Über das Wochenende sollten sofort Kapitalkontrollen durchgesetzt werden. Elektronische Überweisungen alter Euros auf ausländische Euro-Konten werden unterbunden. Die Kapitalkontrollen verhindern, dass alte Euros, die nicht als neue Drachmen, Peseten, Escudos oder Lire gestempelt wurden, das Land verlassen und an einem anderen Ort hinterlegt werden.

  • 5. Die Banken müssen für ein, zwei Tage (bank holidays) schließen. Sie stempeln/ markieren all ihre Banknoten, verhindern Euro-Abhebungen von Bankenkonten und haben Zeit, die nötigen Anpassungen ihrer elektronischen Zahlungssysteme vornehmen.

  • 6. Eine Großoperation zur Markierung der verbleibenden Euronoten wird unmittelbar in Gang gesetzt. Speziell mit dieser Aufgabe beauftragte Währungsbüros müssten überall im Ausstiegsland ihre Tätigkeit aufnehmen.

  • 7. Um den Austausch der alten Banknoten durch neue zu garantieren, müssen so schnell wie möglich neue Banknoten gedruckt werden. Sobald die neuen Banknoten gedruckt und verteilt wurden, werden die alten, gestempelten Banknoten demonetisiert und verlieren den Status des gesetzlichen Zahlungsmittels

  • 8. Der freie und flexible Handel der neuen Währung an den Devisenmärkten sollte ermöglicht werden. Das würde bei der Abwertung und der Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit helfen. Eine starke Abwertung könnte die Folge sein, aber allein schon diese Abwertung würde helfen, der Wirtschaft einen starken Impuls zu geben, da sie dadurch an Wettbewerbsfähigkeit gewinnt.

  • 9. Insolvenz-Eilverfahren müssten eingeführt werden. Zudem müssten den Insolvenzgerichten mehr Ressourcen zugeteilt werden, damit sie der deutlich erhöhten Zahl von Insolvenzen, die einem Ausstritt aus einer Währungszone unweigerlich folgen, gerecht werden können.

  • 10. Verhandlungen über Umschuldungsmodalitäten für Staatsschulden, bei denen eine Einigung mit dem IWF und dem Pariser Club notwendig ist.

  • 11. Benachrichtigung der EZB und der globalen Zentralbanken, damit diese Liquiditätssicherheitsreserven bereitstellen können. Um dem unausweichlichen Stress an den Finanzmärkten und Interbanken-Kreditmärkten entgegenzuwirken, sollten sich die Zentralbanken in einer koordinierten Aktion unbegrenzte Devisenswap-Kontingente gegenseitig zu Verfügung stellen und das Volumen bestehender Einlagefazilitäten für Banken ausweiten.

  • 12. Nachträgliche Verhandlungen mit der EZB über die Auflösung bestehender Aktiva und Passiva. Die beste Lösung wird wahrscheinlich einfach die Erklärung der Zahlungsunfähigkeit sein und die komplette oder teilweise Reduzierung der bestehenden Verpflichtungen.

  • 13. Reformierung des Arbeitsmarkts, damit dieser flexibler wird; die Löhne sollten von der Inflation abgekoppelt und stattdessen an Produktivität gekoppelt werden. Inflation ist eine unausweichliche Konsequenz von Währungsabwertungen. Um anhaltend hohe Inflationsraten zu vermeiden, sollte die Abwertung der Währung mit langfristigen Strukturreformen einhergehen.

Die eben genannten Schritte sind keinesfalls vollzählig, sie sollten eher als minimaler Maßnahmenkatalog für die Übergangsphase in den betreffenden Ländern betrachtet werden.

Später werden wir untersuchen, welche Länder sich am besten für einen Ausstieg aus der Währungsunion eignen würden und welche bleiben sollten. Griechenland und Portugal sollten definitiv den Euro verlassen. Irland, Spanien und Italien sollten dringend darüber nachdenken. Die Länder, die in der Eurozone verbleiben sollten, sind die Kernländer, welche die höchste Symmetrie hinsichtlich makroökonomischer Schocks, die ähnlichsten Inflationsniveaus und die ähnlichsten Pro-Kopf-BIP-Niveaus aufweisen. Zu diesen Ländern zählen beispielsweise Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Finnland, etc.


Maßnahmen für die Länder, die in der Eurozone verbleiben

Die Länder, die im Euroverbund bleiben, müssen ihrerseits Maßnahmen im Umgang mit dem unilateralen Ausstieg von Euroländern ergreifen.

  • 1. Mit dem Drucken einer neuen Währung ließen sich große Zuflüsse "alter" Euros aus den Ausstiegsländern minimieren. Die Kernländer der Eurozone sollten neue Euros drucken und die alten anschließend demonetisieren.

  • 2. Rekapitalisierung von Banken, die vom Ausstieg und der Zahlungsunfähigkeit eines Peripherielandes deutlich betroffen sind. Die europäischen Banken Kerneuropas befinden sich schon jetzt in einem Rekapitalisierungsprozess. Sollten jedoch Zahlungsausfälle in der Euro-Peripherie anstehen, wären zweifellos viel umfangreichere Rekapitalisierungsmaßnahmen notwendig.

  • 3. Die EZB müsste die Umlaufrenditen solventer, aber potentiell illiquider Euroländer stützen, um wieder für Stabilität an den Finanzmärkten zu sorgen. Um dem unausweichlichen Stress an den Finanzmärkten und Interbanken-Kreditmärkten entgegenzuwirken, sollten sich die Zentralbanken in einer koordinierten Aktion unbegrenzte Devisenswap-Kontingente gegenseitig zu Verfügung stellen und das Volumen bestehender Einlagefazilitäten für Banken ausweiten.


Lesen sie weiter: Teil 3 ...


© John Mauldin



Dieser Artikel wurde am 28. Februar 2012 auf www.ritholtz.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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