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Möchte ich derzeit ein Commercial Trader sein, der Silber "short" ist?

25.03.2010  |  Dr. Dietmar Siebholz
Man sagt mir nach, dass ich zu recht guten Analogien fähig bin. Hier eine aktuelle Kostprobe aus dem täglichen Metallhändler-Leben für Future-Kontrakte in Rohstoffen.

Stellen Sie sich vor, Sie hießen Jan Paul Meyer und Sie hätten auf höheren Geheiß das Erbe Ihres ungeliebten Freundes Bernd Scholz (nehmen Sie die Namen nicht zu ernst, Sie werden schon wissen, wie ich das meine!) übernehmen müssen, der im Laufe der Jahre vor seinem unrühmlichen Ende Silber in fast unlösbaren Quantitäten "short" gegangen ist. Ja, Sie haben das Erbe angenommen, haben dabei auch hohe Subventionen von "ganz oben" für diesen mutigen Schritt bekommen und müssen nun mit diesem Erbe leben. Obwohl Ihnen starke Partner zur Seite stehen, spüren Sie den Druck der Verantwortung und so müssen Sie sich zur Erholung ein wenig ausruhen, so wie ich es tun musste, wenn ich an heißen Börsentagen permanent auf den Füssen war. Das Schicksal will es, dass Sie sich in Ihrem Hause auf die Herdplatte setzen. Das Schicksal will es auch, dass Ihre Frau versehentlich die Herdplatte eingeschaltet hatte. Anfänglich war die leichte rückwärtige Wärme sehr angenehm, aber ich kann Ihnen versichern, dieser Zustand ändert sich. Wollen wir wetten, daß…?

Spaß beiseite. Was bereitet Ihnen trotz starker Rückendeckung Probleme? Das ist erstens die starke Nachfrage nach physischem Silber, die einige Münzanstalten schon in der jüngsten Vergangenheit zur vorübergehenden Einstellung ihrer Verkäufe gebracht hatte. Zweitens zeichnet sich ein insgesamt extrem gefährlicher Trend in den USA immer stärker ab, nämlich die unselige Verbindung der Banken zu anderen bankfremden Handelsplattformen und damit auf der Basis der "zinslosen FED-Kredite" ein unendliches Gewinnpotential (na und wenn es schief geht, muss man halt groß genug sein, damit man mit Bürgergeldern ausgebürgt (daher wird wohl der Ausdruck "Bürger" stammen) wird und nicht Bankrott gehen muss, wieder zu kappen. Das hatten wir schon einmal nach 1929, weil man damals zu Recht festgestellt hatte, dass diese Banken alle sonstigen Risikogeschäfte betrieben hatten, die weit über das übliche Bankgeschäft hinausgegangen waren. Klingt bekannt, nicht wahr? Drittens ein neuer Chef der CFTC (Warentermin-Überwachungsbehörde) übernimmt auf einmal Gedankengut, das tödlich für diese Institute wäre, nämlich dass Commercials (warum sind die Banken eigentlich Commercials, ich dachte darunter fielen nur Minenunternehmen, Metallhändler und Münzanstalten?) eine bestimmte Stückzahl an offenen Positionen nicht überschreiten dürften.

Beim Silber wäre es eine tödliche Falle, denn dass Jan Paul Meyer nahezu eine halbe Jahresförderung an Silber short ist, weiß nun schon jedes Kind, aber wie wollen die diese Positionen loswerden? Nun ja, da man beabsichtigt, für bestimmte Waren (wahrscheinlich auch für Edelmetalle) die Anzahl der offenen Kontrakte pro Institut zu reduzieren, müsste Jan so an die 20 neue Institute gründen, um dieses Limit zu unterlaufen, aber das wäre natürlich stark auffällig und höchstwahrscheinlich anfechtbar. Ob Andere, nämlich Metallhändler bereit wären, diese Positionen zu übernehmen, hängt davon ab, wie viel Jan als Bonus bieten würde, um sich aus dieser Falle zu befreien. Das wäre eine schöne Verhandlungsgrundlage für diese Händler. Man könnte sie US-amerikanisch als "smart für die Händler“" oder für Jan und seine Freunde schlicht auf Deutsch als "jederzeit erpressbar" nennen.

Was bleibt, ist der Umweg, die bereits festen Käufern an der COMEX zugeordneten Lagerhausbestände ("eligible") einfach einmal gegen hohe Prämien zu leihen, aber das löst das Problem für Jan auch nicht endgültig. Da stünden dann ca. 61 Mio Unzen an dann lieferbarer Ware aus den Speichern der der COMEX angeschlossenen Lagerinstitutionen gegen ca. 240 Mio. (Short-)Silberunzen. Die Idee, Bestände von ETF´s, die eben nicht ganz klar geregelte Verpflichtungen zur vollständigen physischen Silberhaltung in ihren Satzung haben, als Sicherheit heranzuziehen, klingt genial, beinhaltet aber für die ETF´s ein hohes immanentes Prozessrisiko und natürlich auch für Jan, der zusammen mit seinem Kumpel Hans-Siegfried Berg-Cornelsen ja oft Treuhänder für diese ETF´s ist.

Vielleicht hilft es weiter, wenn man liest, dass Jan und einer seiner Freunde inzwischen Metall-Lagerhausgesellschaften übernehmen, also ein typisches Bankgeschäft (da kann man ja nur lachen oder ich müsste während meiner Ausbildung zum Bankkaufmann oder auch später irgendetwas verpennt haben!) betreiben. Na, die werden doch nicht etwa ihre Probleme dadurch zu lösen versuchen, die Lagerbestände Dritter als Sicherheit für die Deckung ihrer Leerpositionen heranzuziehen? Bis vor zwei Jahren würde ich entrüstet "das glaube ich nie und nimmer" ausgerufen haben, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher. Denen traue ich alles zu, nur nicht meine physischen Bestände an.

Verstehen Sie nun meine Analogie mit der sich langsam erhitzenden Herdplatte? Wenn ich unsere Skala ansehe, so geht sie von 0 bis 10; für Jan meine ich, beginnt der heiße Teil des Spiels, also bei Stufe 5 aufwärts. Wir sind, so schätze ich, inzwischen bei Stufe 7.




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