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Das Verhältnis zwischen Gold und Zinssätzen

17.03.2012  |  Steve Saville
Diese Woche sanken die Terminmarktkurse für US-Staatsanleihen, was auch mit einem Anstieg der Anleiherenditen verbunden ist. Angesichts dieser Entwicklungen wollen wir erneut einen Blick auf das Verhältnis zwischen Gold und Zinssätzen werfen und dabei auf folgende Frage eingehen: Sind steigende Zinsen positiv oder negativ für Gold?

Betrachten wir zuerst, wie sich die nominalen Zinssätze während der langfristigen Goldbullenmärkte der letzten 100 Jahre entwickelt haben. Während des Goldbullenmarkts der 1930er tendierten die Zinssätze allgemein nach unten, im Goldbullenmarkt der 1960er/70er nach oben und während der ersten 10 Jahre des laufenden Goldbullenmarktes wieder nach unten. Die historische Botschaft lautet daher: Die nominalen Zinssätze bestimmen NICHT den langfristigen Goldpreistrend.

Wie die Geschichte zeigt, können sich Goldbullenmärkte in einem Umfeld steigender oder fallender Nominalzinsen entwickeln. Das soll aber nicht bedeuten, Zinssätze hätten allgemein keinen Einfluss darauf, ob sich Gold in einem bullischen oder bärischen Trend befindet. Der langfristige Trend der nominalen Zinssätze ist nicht der entscheidende. Von großer Bedeutung für den Goldmarkt sind hingegen die REALEN Zinssätze. Besonders positiv für Gold sind niedrige/ sinkende Realzinsen, besonders negativ sind hohe/ steigende Realzinsen. Als Gold beispielsweise in den 1970ern seine gewaltigen Kursgewinne hatte, waren die nominalen Zinssätze hoch/ steigend, die realen Zinssätze aber allgemein niedrig. Denn die Inflationserwartungen stiegen so stark, dass sie mit dem steigenden Nominalzins gleichzogen oder diesen übertrafen (der reale Zinssatz entspricht dem nominalen minus der ERWARTETEN prozentualen Währungsentwertung). Auch die ersten 10 Jahre des laufenden Goldbullenmarktes waren von allgemein niedrigen realen Zinssätzen geprägt.

Sehr niedrige reale Zinssätze sind Produkte der Zentralbanken. In den USA sorgen die Maßnahmen der US Fed beispielsweise dafür, dass die reale Verzinsung von "risikofreien" (d.h. kein direktes Ausfallrisiko) kurzfristigen Schulden die letzten 10 Jahre über lange Zeit im negativen Bereich blieb. Ähnlich war es in den 1970ern. Trotz einiger “Trippelschritte” auf dem Weg zu einer strengeren Geldpolitik liegen die realen Zinssätze auch in China deutlich unter 0%, da die Chinesische Volksbank die nominalen Zinssätze auf einem niedrigen Niveau hält und gleichzeitig das Geldangebot stark ausweitet. Mit anderen Worten: "Sehr niedrige reale Zinssätze" bedeuten "exzessiv lockere Geldpolitik". Und diese exzessiv lockere Geldpolitik wird uns wahrscheinlich noch eine ganze Zeit lang begleiten.

Der Goldpreistrend wird auch noch durch etwas anderes beeinflusst und zwar durch die DIFFERENZ oder den SPREAD zwischen langfristiger und kurzfristiger Verzinsung (Zinsspread oder Zinskurve). Ein steigender Zinsspread (eine "steiler" zulaufende Zinskurve) ist dabei positiv für Gold und ein sinkender Zinsspread (eine sich abflachende Zinskurve) negativ. Im Allgemeinen liegt das daran, dass ein steigender Trend bei den langfristigen Zinsen in der Regel entweder auf sinkende Marktliquidität hindeutet (verbunden mit Risikoaversion und einer Flucht in sichere Anlagen) oder aber auf steigende Inflationserwartungen. Und beides ist positiv für Gold.

Die Entwicklung der Zinsspread ist im heutigen Geldsystem jedoch auch häufig symptomatisch für das Wirken der Zentralbanken. Wäre das Geld "solide" und frei von Zentralbankenmanipulation, läge der Zinsspread wohl die meiste Zeit nahe null; die Zinskurve würde fast horizontal verlaufen und nur minimal fluktuieren. Da Zentralbanken aber versuchen, die Märkte zu "stabilisieren", kann die Zinskurve gewaltig schwingen. Die derzeit ausgeprägte US-Zinskurve lässt sich auf das Wirken der Fed zurückführen. Sie übt unwiderstehlichen Druck auf das "kurze Ende“ der Kurve (kurzlaufende Anleihen) aus, während der Markt mit der Einpreisung des Währungsentwertungsrisikos dafür sorgt, dass das "lange Ende“ weiter oben "sitzt“.

Und nicht zuletzt wird Gold auch vom gesamtwirtschaftlichen Trend der Kreditspreads (die Differenz zwischen der Verzinsung qualitativ hochwertiger und qualitativ minderwertiger Forderungspapiere) beeinflusst. Als traditioneller Zufluchtsort in problematischen Zeiten entwickelt sich Gold dann relativ gut, wenn sich die Kreditspreads ausweiten und dann relativ schlecht, wenn die Kreditspreads schrumpfen.

Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: Gold profitiert von einem niedrigen Realzins, einem steigenden Zinsspread (einer steiler zulaufenden Zinskurve) und von sich ausweitenden Kreditspreads - und all das kann im Umfeld steigender oder fallender nominaler Zinssätze staatfinden.

Wenn sich die diese drei entscheidenden Zinsmerkmale (Realzins, Zinsspread und Kreditspread) zugunsten von Gold entwickeln, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich Gold in einem starken Aufwärtstrend gegenüber allen Währungen und den meisten Rohstoffen befindet. Sollten sich die drei Zinsmerkmale wiederum zuungunsten von Gold entwickeln, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich Gold in einem starken Abwärtstrend befindet - nominal wie real. Es ist allerdings auch nicht ungewöhnlich, dass sich das Zinsumfeld gemischt gestaltet. Die vergangenen drei Jahre bieten ein gutes Beispiel dafür: Die realen Zinssätze und der Zinsspread entwickelten sich im Allgemeinen günstig für Gold, wohingegen die Kreditspread-Situation allgemein ungünstig gestaltete. Die Folge war, dass sich Gold gut im Verhältnis zum US-Dollar entwickelte, aber gegenüber den Industriemetallen seitwärts tendierte.

Trotz des negativen Kursausbruchs bei US-Staatsanleihen diese Woche und dem damit verbundenen Anstieg der langfristigen Zinssätze wird das allgemeine Zinsumfeld für Gold kein bisschen ungünstiger. Die deutlichen Verluste beim Gold (am 13. und 14. März) sind jedoch mit größter Sicherheit auf die Entwicklungen am US-Rentenmarkt zurückzuführen. Scheinbar hatten einige Spekulanten ihre Gold-Long-Positionen abgestoßen oder Gold-Short-Positionen etabliert, in der Annahme, ein deutlicher Aufwärtstrend bei den realen Zinssätzen hätte gerade begonnen. Diese Annahme ist unbegründet. Denn die Illusion einer Erholung der US-Wirtschaft und der Verbesserung der US-Schuldensituation setzt nämlich voraus, dass die realen Zinssätze im negativen Bereich gehalten werden.

Steigende reale Zinssätze würden der US-Wirtschaft aber tatsächlich dahingehend helfen, dass ein echter Reinigungsprozess, mit einer Liquidierung aller schlechten Investitionen und insolventen Unternehmen, beschleunigt würde. Wer aber in den letzten Jahren ein aufmerksam war, wird erkannt haben, dass die politischen Entscheidungsträger in den USA, in Japan, Europa und Großbritannien fest entschlossen sind, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um einen solchen Prozess aufzuhalten. Ihr Ziel ist es, dass sich die wirtschaftliche Situation auf kurze Sicht so schmerzlos wie möglich gestaltet, ungeachtet der längerfristigen Konsequenzen.

Dieses Ziel wird sich auf absehbare Zeit auch nicht ändern. Und das heißt, dass wir auch weiterhin negative Realzinsen haben werden und dass die dieswöchigen Verluste beim Goldpreis nur ein weiterer kleiner Rücksetzer im langfristigen Bullenmarkt sind.


© Steve Saville
www.speculative-investor.com


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Dieser Artikel wurde am 14. März 2012 auf www.speculative-investor.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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