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Wenn Zentralbanken scheitern

24.03.2012  |  Clif Droke
Das lachende Gesicht Ben Bernankes auf dem Titelblatt der Aprilausgabe der US-Zeitschrift "The Atlantic“ ist ein Zeugnis dafür, wie schnell das kollektive US-Gedächtnis vergisst. Während der Fed-Chef als Retter der Weltwirtschaft und geniale geldpolitische Geistesgröße gefeiert wird, zeigt sich deutlich, dass viele Menschen schon vergessen haben, wie zögerlich Bernanke 2006-2007 auf den sich zusammenbrauenden Kreditsturm reagiert hatte, welcher die USA dann an den Rand des Abgrunds trieb.

Ein aktuelleres Beispiel für verspätete Reaktionen der Zentralbanken auf große Wirtschaftskrisen ist die "Fünf-vor-zwölf-Entscheidung“ der Europäischen Zentralbank, mit der sie ein 1 Billion € schweres Rettungspaket für die wankende Eurozone auf den Weg schickte. Wo war die EZB in den Jahren 2010 und 2011, als sie mit einer solchen entschlossenen Maßnahme einen großen Teil der Volatilität an den Weltmärkten und auch die europäische Wirtschaftsmisere verhindern oder zumindest abschwächen hätte können?

Die Probleme für die Weltwirtschaft entstehen jedoch eher aus den hyperaggressiven Folgemaßnahmen der Zentralbanken - und weniger aus ihrer Nichtreaktion auf Krisenherde. Welche ökonomischen Konsequenzen haben quantitative Lockerungen im Umfang von 600 Milliarden $ plus ein EZB-Rettungspaket in Höhe von 1 Billion €? In früheren Zeiten, als die Wirtschaften noch nicht derart miteinander vernetzt waren, wären die Summen den betreffenden Regionen zugekommen und dort geblieben. Doch heutzutage haben hastige geldpolitische Maßnahmen globale Nachwirkungen.

Und tatsächlich lassen sich schon die unbeabsichtigten Konsequenzen dieser Liquiditätsexplosion erkennen. Obgleich die “Kerninflationsraten“ in den USA als auch anderen entwickelten Nationen verhalten bleiben, steigen die Nahrungsmittel- und Treibstoffpreise weltweit. In den weniger entwickelten Ländern des Nahen Ostens haben sie schon schwere soziale und ökonomische Probleme verursacht. Besonders hart betroffen von diesem Aspekt der Preisinflation sind die Alten und Armen.

Schon im Alten Testament (Ekklesiastes 10:19) heißt es: "und das Geld gewährt alles“. Also liegt wohl schon hier die Grundlage des Glaubens, dass die Zentralbanken mit künstlicher Geldschöpfung Schuldenkrisen zumindest vorübergehend entspannen können. Das Problem ist nur, dass das Geld und die Kredite die Wirtschaft über normale Kanäle erreichen sollten, ohne dabei Ungleichgewichte zu erzeugen. Und das kann nur dann passieren, wenn das Geld durch die Produktivität einer Nation gedeckt ist. Produktion ist der ultimative Geldstandard; und wenn zu geringe Geldnachfrage von abnehmender Produktion herrührt, dann folgt daraus, dass Überschussliquidität in weniger produktive Kanäle fließen wird. Aktien- und Rohstoffspekulation gehören heute zu den größten Liquiditätsfallen dieser Art, und sie profitieren ganz offensichtlich auch wieder von der jüngsten Liquiditätserzeugung durch Zentralbanken.

Die Öl- und Benzinpreise könnten sich aber noch als der wunde Punkt der wirtschaftlichen Erholung in den USA erweisen. Welch‘ Ironie, sollte sich herausstellen, dass ein Rohstoff (Öl), der in größeren Umfang im Inland verfügbar ist und hier zudem eine rückläufige Nachfrage hat, die ökonomischen Wiederbelebungsversuche der Zentralbank zunichtemachen würde. Zum “Doppelauftrag" der Fed gehört die Erhaltung des optimalen Beschäftigungsniveaus und die Förderung von Preisstabilität. Und unter „Preisstabilität“ versteht Fed-Chef Bernanke nach eigener Aussage, den Kampf gegen die Deflation mit allen ihm zur Verfügung stehenden geldpolitischen Waffen.

Deflation (sinkende Preise) ist die Selbstreinigungsmethode des freien Marktes nach einem ausgedehnten Inflationsschub (steigende Preise). Der alte Spruch "price cures price“ fasst das schön zusammen. Immer wenn die Preise für Güter vom freien Markt zu stark in die Höhe getrieben werden, ziehen sich Käufer zurück und der Preis sinkt wieder auf einen Stand, den der Markt verkraften kann. Wenn aber nicht zugelassen wird, dass die Preise wieder auf ihre natürlichen Stände zurücksinken können und wenn die Zentralbank darauf besteht, den Preisen weiteren Auftrieb zu geben, um natürliche Deflation abzuwenden, dann wird der Markt nie seine Exzesse abarbeiten können. Und er wird noch unausgewogener, weil die Preise ohne richtige "Korrektur“ immer weiter steigen. Irgendwann wird dieses Preiskontinuum unausweichlich einen Crash erleben.




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