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PIIGS, Inflation und der rationale Investor

01.05.2010  |  Klaus Singer
Die Zahl derer, die vor Inflation warnen, steigt. Zuletzt sagte der Tübinger Ökonom Starbatty: Mutiert die Euro-Zone im Zuge der Rettung Griechenlands von einer Währungs- zu einer Transferunion, so wäre das ein Fass ohne Boden, die Geldwertstabilität wäre gefährdet, die Inflationsrate dürfte auf über 5% steigen.

Wie sieht’s aus?

Die Teuerungsrate hat sich in den vergangenen zwei Monaten in Europa zugelegt, sie kam im März auf 1,5 %, auf das Jahr gerechnet. Vor sechs Monaten war sie noch negativ, im gesamten Jahr 2009 waren es nur 0,3%. Bis Mitte 2008 war die Inflation über den Ölpreis stark getrieben. Die Finanzkrise führte zu einer scharfen Gegenbewegung. Nach den Verwerfungen der vergangenen zwei Jahre sehen wir jetzt eine Normalisierung und mithin eine Inflation bei deutlich unter 2% (Kernrate (ohne Energie und saisonabhängige Nahrungsmittel) bei um 1%).

"Wenn!" - Voraussetzung dabei sind moderate Rohstoffpreise. Daran kann man mittlerweile zweifeln, die Öl- und Rohstoffpreise sind zuletzt kräftig gestiegen: Öl plus 70% im Jahresvergleich, Aluminium plus 60%, Kupfer 90%, Nickel mehr als 130%, Eisenerz plus 170%. Treiber sind nicht nur die verbesserten Konjunkturaussichten und die Nachfrage aus den Schwellenländern. Hinzu kommt steigende Nachfrage nach Rohstoffen auf den Finanzmärkten als Folge der Liquiditätsschwemme, mit der der Finanzkrise entgegengewirkt werden sollte.

Diese Liquiditätsflut treibt die Verbraucherpreise so lange nicht, so lange sie in den Finanzmärkten herumschwappt (dort wirkt sie inflationierend, wie man z.B. an den Aktienkursen sieht). Daher die Frage: Wie könnte die Liquiditätsschwemme in Gestalt zunehmender Inflation beim Verbraucher ankommen? Dieses Mal wohl eher nicht über die klassische Lohn-Preisspirale (oder wie zuvor in der Immobilienblase in den USA über den Wohlstandseffekt), sondern wahrscheinlich über die Rohstoffkosten.

Der Effekt ist noch nicht besonders stark, weil zur Überwälzung der Kosten auf die Preise eine feste Konjunktur mit solider Nachfrage auf den Verbrauchermärkten gehört. Diese Voraussetzung ist gegenwärtig nicht gegeben - die Lohnentwicklung ist gedämpft, die Kapazitätsauslastung unterdurchschnittlich. Andererseits hat der Verbraucher z.B. bei Energie wenig Chancen, steigenden Preisen etwas entgegen zu setzen.

Damit könnten steigende Energiekosten das erste Einfallstor für Inflation sein. Das zweite könnte die Entwicklung des Euro werden: Seine Stärke hatte die Auswirkungen der Rohstoffpreise auf die Verbraucherpreise in der Vergangenheit gedämpft. Diese Voraussetzung dürfte mit der Aufgabe der
Stabilitätsregularien ("Bail-out" Griechenlands) entfallen, die Schwäche des Euro dürfte nachhaltig sein. Damit wirken die Verhältnisse an den Rohstoffmärkten verstärkt über Inflationsimport auf die Verbraucherpreise.

"Eigentlich" müssten die Notenbanken bei sich fortsetzenden Steigerungen der Rohstoffpreise und sich weiter stabilisierender und anziehender Konjunktur eher früher als später ihre lockere Geldpolitik aufgeben, Liquidität abschöpfen und dann auch die Leitzinsen selbst erhöhen.

"Eigentlich" - denn die Fed wird nicht müde, zu schwören, dass das Zinsniveau noch lange niedrig bleiben wird. Und hat den Schwur erst in dieser Woche wiederholt.

Die de jure unabhängige EZB steht de facto unter politischem Druck, wenn ihre der Stabilität verpflichtete Geldpolitik den Interessen der Regierungen entgegenläuft. Je höher die Defizite, desto stärker der Druck auf die Zentralbank, diese Schulden zu finanzieren. Die jüngste Entscheidung der EZB, griechische Anleihen trotz schlechter Bonität weiter als Sicherheiten zu akzeptieren, ist ein Hinweis in diese Richtung. Die Bundesbank hat das mit dem Tenor "Trichet wird weich" kritisiert.

"Eigentlich" - der Weg über Inflation ist der systemimmanente Weg zur "Lösung" der Schuldenkrise. Von daher werden sich die Notenbanken als Inflationsbekämpfer eher in die letzte Reihe stellen. Ist aber ein gewisses Maß überschritten, führt Inflation genauso in die Pleite wie Deflation.




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