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PIIGS, Inflation und der rationale Investor

01.05.2010  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Der IWF plant nach neuester Nachrichtenlage offenbar über die nächsten drei Jahre ein Hilfspaket für Griechenland im Volumen von insgesamt 100 bis 120 Mrd. Euro, eine Umschuldung ("Hair cut") ist nicht vorgesehen, die IWF-Kredite sind nachrangig. Wenn das im Rahmen der Eurozonen-Beschlüsse geschieht, würde es bedeuten, das die auf Deutschland zukommende Belastung sogar jenseits der mittlerweile statt 8,4 kursierenden 30 Mrd. Euro liegt. (Ausführlicher zu Griechenland im Artikel "Die Lebenslüge der Euro-Union".)

Jetzt wurden Stellungnahmen von Volkswirten von JPMorgan Chase und der Royal Bank of Scotland bekannt, wonach sich die Europäer auf ein Hilfspaket von insgesamt 600 Mrd. Euro für die gesamte Südregion einstellen sollten. Sie fordern unkonventionelle Wege, wozu auch staatliche Anleihen-Garantien und die Wiederaufnahme unlimitierter Ausleihungen der EZB an Banken gehörten.

"Unkonventionelle Wege" - da fühlt man sich an "quantitative easing" erinnert. Und "QE" kann für die EZB nichts anderes bedeuten, als dass sie Staatsanleihen einsammelt. Damit steigt die Geldmenge im Finanzsektor noch weiter, das Inflationspotenzial wächst.

Jetzt stellen Sie sich einmal vor, sie wären ein rationaler Groß-Investor. Sie erwarten (richtig), dass die Verlagerung der Schuldenblase aus privater in öffentliche Hand im größeren zeitlichen Rahmen zu Staatsbankrotten führt. Und Staatsbankrott gleich Währungsschnitt. Sie haben Zugriff auf nahezu unbegrenzte Mittel (als Korrektiv der Zentralbanken nach dem offenen Ausbruch der Finanzkrise). Sie erwarten zudem eine wirtschaftliche Zwischenerholung, die die publizistische Begleitmusik liefert. Also kaufen sie Assets.

Dann kommt ein Punkt, wo sich die Lage (die Finanzverfassung von Staaten) verdüstert, bzw. stark in das öffentliche Bewusstsein rückt. Jetzt kommt es darauf an - kaufen sie weiter oder verkaufen Sie einen Teil ihrer Anlagen? Wenn sich die Lage weiter verdüstert, verkaufen sie. Sie realisieren Profite, aber die wären nach einer Währungsreform nicht mehr viel wert.

Dann werden Hilfen für angeschlagene Staaten auf den Weg gebracht. Die Lage entspannt sich, sie kaufen billiger zurück, was sie zuvor teurer verkauft haben. Die neuerliche Geldvermehrung im Finanzsektor gibt Spielraum für weitere Asset-Käufe. Die konjunkturelle Begleitmusik hat noch nicht aufgehört zu spielen, jeder will mittanzen. Assets steigen wieder.

Dann kommt das Endspiel, eingeläutet vielleicht durch stark anziehende Inflation. Sie tauschen festverzinsliche Anlagen gegen weitere Sachwerte, deren Kurse weiter steigen. Schließlich eskaliert die Situation bei den Staatsschulden, die Konjunkturmusik spielt nicht mehr.

Der Ernst der Lage lässt sich nicht länger verkennen und verbrämen. Es bricht Panik aus, die Kleinen verkaufen, sie sammeln alles auf. Am Ende sind sie voll investiert, Cash-Quote Null. Jetzt kann die Währungsreform kommen.

So könnte der Hintergrund für ein langfristiges "Ideal-Szenario" an den Asset-Märkten aussehen, meine ich. Aktuell steht der obige Investor vermutlich an dem Punkt der Entscheidung, weiter zu kaufen oder erst einmal in etwas größerem Stil zu verkaufen. Das zweite dürfte beim S&P 500 (siehe Chart!) Abwärtspotenzial auslösen bis in den Bereich des 62er Retracements des Anstiegs zwischen März 2009 und dem jüngsten Hoch (1215) bei gut 1000. Nur "62" - das wäre immer noch eine ziemlich bullische Korrektur.

Und wenn die Korrektur nicht kommt? Vielleicht sind wir dann schon viel näher am Endspiel-Spielszenario als gedacht.

Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de






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