JP Morgans Fernsehauftritt (Teil 2/2)
16.04.2012 | Theodore Butler
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Immer wieder wird die gewaltige Größe des Over-The-Counter-Marktes im Vergleich zur COMEX als Argument angeführt. Obwohl diese Behauptung meiner Ansicht nach Unsinn ist, bestehen viele darauf, dass der OTC-Markt (einschließlich der LBMA) viel größer als die COMEX sei.Die Kundenpositionen, die nach JP Morgans Aussage als Gegenpositionen zur konzentrierten Short-Position an der COMEX fungieren, müssten also implizit OTC-Positionen sein. Wenn der OTC-Markt aber so viel größer als die COMEX ist und JPM als der Führer im OTC-Handel gilt, warum sollte JP Morgan dann die OTC-Positionen seiner Kunden nicht mit anderen OTC-Positionen absichern? Warum sollte man auf so exzessive Leerverkäufe an der COMEX zurückgreifen, wo man darüber hinaus auch noch in denCFTC-Statistiken erfasst? Würde JP Morgan die OTC-Positionen seiner Kunden einfach mit anderen OTC-Positionen absichern, dann hätten wir diese Diskussion erst gar nicht. All diese Positionen würden gar nicht erst im COT und im Bank Participation Report auftauchen, und mir wäre es gar nicht möglich, sie zu analysieren und darüber zu schreiben.
Und das ist auch der Punkt, warum all die Drohungen, Trader würden unsere öffentlichen und regulierten Börsen verlassen und zu unbeaufsichtigten großen internationalen OTC-Märkten abwandern, ausgemachter Mist sind.Da die COMEX der wichtigste Derivatemarkt der Welt für Edelmetalle ist, muss sich auch jede große Silberderivatposition in einer COMEX-Marktposition niederschlagen. Wenn JP Morgan in der Lage wäre, die konzentrierte Short-Position an der COMEX durch Handel am OTC-Markt verschwinden zu lassen, dann hätten sie das lange schon getan. Die einfache Antwort lautet: Sie dazu nicht in der Lage, weil der OTC-Markt kleiner ist als die COMEX.
JPM kann jetzt nur noch versuchen, alle Welt zu überzeugen, dass die Konzentration an der COMEX unerheblich ist, denn der wahre große Leerverkäufer ist ein anderer. Dieser versteckt sich hinter einem Baum und kann aufgrund des Kundenschutzes nicht gesehen werden.Kein Wunder, dass immer mehr die Banken zu hassen beginnen, denn die Banken haben immer gewiefte Ausreden für das, was ganz offensichtlich schlechtes Verhalten ist. Warum fragt dieser Reporter denn nicht, was zum Teufel JP Morgan überhaupt im Silberhandel verloren? Sollte sich JP Morgan nicht eher mit der Verwahrung von Einlagengeldern und der Vergabe von Krediten befassen? Denn das sind ja schließlich die eigentlichen Aufgaben von Banken.
Das Problem ist, dass an der COMEX der globale Silberpreis bestimmt wird. Somit beeinflusst die schiere Größe der konzentrierten Short-Position JP Morgans den Silberpreis auf unzulässige Weise. Von der Manipulation einmal abgesehen, erhält JP Morgan somit die Kontrolle darüber, zu welchem Preis die Kunden JPMs ihre Transaktionen bei den angeblichen privaten Silberhedging-Geschäften mit JP Morgan abwickeln. Das ist ein schwerwiegender Konflikt und mit Sicherheit nicht zum Besten der Kunden. Wie kann man noch von fairen und transparenten Geschäftspraktiken sprechen, wenn JP Morgan zuerst die Kurse an der COMEX festsetzt und dann mit seinen Kunden Absicherungstransaktionen zu eben jenem "festgestellten Kurs“ abwickelt?
Ich habe eine andere Sicht auf diese Silbermanipulation, weil ich mit ihr schon so lange zu tun habe.Vor acht Jahren (14. Mai 2004) veröffentlichte die CFTC einen langen Brief, in dem erklärt wurde, dass es keine Silbermanipulation gäbe. Der Brief richtete sich an mich (obwohl ich nicht namentlich genannt wurde) und endete mit dem Fazit, wer in Silber investieren will, solle sich das vorher ganz genau überlegen. Am Tag, als der Brief veröffentlicht wurde, stand Silber bei 5,60 Dollar. www.cftc.gov/files/opa/press04/opasilverletter.pdf
Fast auf denselben Tag vier Jahre später (am 13.Mai 2008) veröffentlichte die CFTC einen weiteren langen öffentlichen Brief, in dem im Grunde noch einmal erklärt wurde, dass es keine Silbermanipulation oder aber unzulässige Konzentration auf der COMEX-Leerverkäuferseite gäbe. Am Tag, als der Brief veröffentlicht wurde, stand Silber bei 16,66 $. www.cftc.gov/ucm/groups/public/@newsroom/documents/file/silverfuturesmarketreport0508.pdf
Ich hab es zwar nicht so mit Zyklen, aber hier könnte es passieren, dass wir in Kürzeden Jahrestag eines 4-Jahre-Zyklus, der 2004 begann, erleben. Die Frage ist nur, ob wir wieder einen dieser langatmigen und bald schon unbeachteten Briefe von der CFTC bekommen werden, in dem uns erneut versichert wird, dass im Silbersektor alles beim Besten sei. Oder wird es diesmal doch anders kommen? Bemerkenswert daran ist, dass die ersten beiden Briefe der CFTC eben überhaupt nicht dafür gesorgt hatten, dass sich immer mehr Marktbeobachter von der Nicht-Existenz der Silbermarktmanipulation überzeugt zeigten. Noch bemerkenswerter ist aber, dass sich die eigentlichen Kernfragen in letzten 8 Jahren nicht geändert haben.Nur eines hat sich geändert - der große Silber-Leerverkäufer: 2004 war es AIG Trading, 2008 Bear Stearns und heute ist es JP Morgan.
Die Tatsache, dass JP Morgan das Schweigen gebrochen hat, ist für mich zumindest ermutigend, da es ein Hinweis darauf sein könnte, dass echte Veränderungen anstehen.Bislang hatte immer die CFTC die schmutzige Arbeit für die Silbermanipulatoren erledigt. Indem die CFTC die Silbermanipulation 2004 und 2008 öffentlich abstritt, schützte und verhätschelte sie automatisch auch die Silbermanipulatoren, die sich niemandem gegenüber zu verantworten hatten. Der Schutz der CFTC bewahrte die Silberbetrüger letztendlich auch vor Zivilrechtsklagen. Die Betrüger unter den COMEX-Commercials wie auch die CME Group konnten sich immer hinter dem Rücken der CFTC versteckenund dann verkünden, sie wären stark reguliert und falls sie etwas falsch machen würden, würde die CFTC sofort etwas sagen. Wenn der CFTC-Schutz, den die Silberbetrüger genießen, Ihnen das Blut in den Adern nicht kochen lässt, dann brauchen Sie neues Blut.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist beschämend und bedauernswert, dass die CFTC so lange nichts gegen die Silbermanipulatoren unternommen hat. Aber möglicherweise hat diese Verzögerung jetzt dahingehend einen Vorteil, dass die CFTC JP Morgan letztendlich zwingen wird, sich an ihrer Stelle zu äußeren (was schon viel besser ist). Gerade wenn man wieder an die leeren Worten der ersten öffentlichen Verteidigung JP Morgans denkt. Natürlich könnte sich die CFTC auch noch mehr mit Schande beflecken, sollte sie sich entschließen, erneut für JPM und die CME Partei zu ergreifen. Um aller Dinge willen, die in den USA noch gut sind, wollen wir hoffen, dass es so nicht kommt. Hoffen wir, dass die CFTC es weiterhin zulässt, dass JP Morgan seine konzentrierte Short-Position rechtfertigt.
© Theodore Butler
(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 10.04.2012 auf der Website www.silverseek.com veröffentlicht.
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