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Hyperinflation oder Hyperdeflation?

15.05.2010  |  Prof. Antal E. Fekete
Die Geldmengentheorie

James Turks Artikel "Hyperinflation droht" (vom 20.04.2010) stützt sich auf die Geldmengentheorie (Quantity Theory of Money, QTM). In ihm wird ein Vergleich zwischen der Weimarer Republik 1923 und den Vereinigten Staaten 2010 gezogen. Beide Ausgangspunkte sind unzulässig. Was die QTM angeht, so reicht es schon, den von Turk eingeräumten Fakt anzusprechen, dass es gleichzeitig eine Geldknappheit und eine Überstrapazierung der Druckerpresse geben kann. Hyperinflation ist nicht dasselbe wie ultimative Inflationierung des Geldangebots. Es ist die ultimative Abwertung der Währungseinheit. Diese beiden Konzepte unterscheiden sich stark, ungeachtet der QTM.

Dass die Geldmengentheorie praktisch nicht zum Tragen kommt, liegt daran, dass Geld nicht eindimensional ist. In Wirklichkeit ist es zweidimesional. Quantität ist die eine und Umlaufgeschwindigkeit die andere Dimension. Zentralbanken kontrollieren die erste und die Märkte haben die zweite fest unter Kontrolle. In Schönwetterperioden kann die Umlaufgeschwindigkeit ignoriert werden. Aber sobald es ungemütlich wird, rächt sich die Umlaufgeschwindigkeit. Wenn sie zunimmt, reden wir von Inflation. Wenn sie abnimmt, reden wir von Deflation. Im Extremfall könnte sich die Steigerung der Umlaufgeschwindigkeit selbst antreiben und schließlich grenzenlos anwachsen. Menschen kaufen dann alles, was sie in die Hände kriegen, denn sie gehen davon aus, dass die Preise weiter steigen werden. Das ist Hyperinflation, die Vernichtung des Wertes der Währungseinheit. Dieser Prozess ist unumkehrbar: Sobald eine Fiatwährung an Wert verliert, ist dieser endgültig verloren: Das Pendel hat aufgehört zu schwingen. Wenn der Kurs nach oben geht, dann ist es nur ein letztes Aufbäumen.

Auf der anderen Seite des Spektrums ist es nun genauso möglich, dass die Umlaufgeschwindigkeit nicht aufhören will zu sinken; die Verlangsamung würde sich nun selbst generieren. Menschen schieben ihre Käufe auf unbestimmte Zeit auf, da sie von weiter fallenden Preisen ausgehen. Das ist Hyperdeflation. Sie manifestiert sich in einem ständig steigenden Wert der Währungseinheit. Wichtig hierbei ist jedoch auch, dass auch während einer Hyperdeflation bestimmte Preise weiter steigen können. Neben Gold sind hier Lebensmittel und Energie die wichtigen Ausnahmen. Menschen müssen essen, sie brauchen Wärme und wollen mobil bleiben, was immer auch passiert. Paradoxerweise kann dies die Deflation verstärken. Aufgrund steigender Lebensmittel- und Energiepreise werden die Menschen nicht mehr so viel für andere Güter ausgeben können, was die Preisrückgänge in anderen Sektoren beschleunigt. Das macht die Argumente Turks und anderer zunichte, die behaupten es könne keine Deflation geben, da die Preise für Lebensmittel und Energie hoch oder im Steigen begriffen sind.

Bei jedem dieser Geld-Krankheitsbilder steht aber eines fest: Regierungen sind hier ohne Macht. Sobald der Punkt erreicht ist, ab dem es kein Zurück mehr gibt, können die Regierungen nichts mehr tun, um die Menschen von der Endlichkeit dieses Prozesses zu überzeugen - außer man lässt es zu, dass Gold und/ oder Silber wieder aus Zahlungsmittel eingeführt werden. Aus den alltäglichen Erfahrungen schlussfolgern die Menschen, dass es nun auch fortan so weitergehen wird.

Ich will mich nicht als Richter aufschwingen, der zwischen beiden Denkschulen zu entscheiden hat (zwischen jener, die behauptet, eine Hyperinflation des Dollars wäre unausweichlich und jener, die behauptet, eine Hyperdeflation des Dollars wäre unausweichlich). Ich möchte nur auf bestimmte Fakten bezüglich Deflation aufmerksam machen, die den meisten nicht geläufig sind oder die sie lieber ignorieren.

Vorab möchte ich jedoch Folgendes festhalten: Es ist nicht unmöglich, dass der Dollar während der nächsten 12 Monate in eine Hyperinflation übergeht. Nehmen wir zum Beispiel den Fall eines heißen Krieges am Persischen Golf zwischen den USA und dem Iran an: Nach anfänglicher Euphorie könnte das amerikanische Militär Rückschläge zu Boden, zu See und zu Luft erleiden - ganz einfach wegen der längeren Kommunikationswege zur Heimatbasis und auch weil der Aggressor den Nachteil hat, dass ihm der patriotische Eifer der Verteidiger entgegenschlägt (siehe Vietnam). In diesem Szenario wäre eine Hyperinflation ein möglicher Ausgang. Aber ohne einen Krieg, der potentiell zur Zerstörung von Beständen und Produktionseinrichtungen führt, klingt das Wort "Hyperinflation" nicht sehr überzeugend.




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